14 Fälle wurden 2019 gemeldet, die Dunkelziffer ist aber höher Graffiti in Bitburg: Etliche Schmiereien und eine rätselhafte Zahl

Bitburg · Immer mehr Graffiti verunzieren die Bitburger Innenstadt. Der Schaden geht in die Tausende Euro. Meist bleiben die Hausbesitzer auf den Kosten sitzen. Denn die Täter sind schwer zu fassen.

Graffiti in Bitburg
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Foto: TV/Christian Altmayer

„God bless Vandalism“, auf Deutsch: „Gott segne Vandalismus“, steht in krakeligem Schwarz an der Wand. Darunter findet sich eine Art Wimmelbild aus roten und grünen Dreiecken. Fast schon kunstvoll sieht das Graffito aus, das ein unbekannter Sprüher auf dem Kiosk am Zentralen Omnibusbahnhof in Bitburg hinterlassen hat.

Was Gott von dem Werk hält, wissen wir natürlich nicht. Der deutsche Staat jedenfalls hält wenig vom ungefragten Besprühen öffentlicher oder privater Gebäude. Sachbeschädigung heißt das Delikt offiziell. Oder eben Vandalismus. Und dessen, darauf weist der Schriftzug hin, war sich der unbekannte Künstler wohl bewusst.

Immer wieder beschäftigen solche Schmierereien die Polizei Bitburg. 2019 wurden laut Statistik 14 Graffiti in der Stadt zur Anzeige gebracht. Ein Anstieg, sagt Dienststellenleiter Christian Hamm. 2018 seien in Bitburg nur vier Fälle gemeldet worden. Die Dunkelziffer liege aber in beiden Jahren wohl höher. Denn nicht jede Krakelei werde angezeigt. Oft reinigten die Hausbesitzer ihre Fassaden, statt in der Inspektion vorbeizuschauen.

Solange kein Täter gefasst wird, bleiben die Eigentümer ohnehin meist auf den Schäden sitzen. Und die sind erheblicher, als man vielleicht annehmen könnte. Nur in wenigen Fällen seien Sprüche und Bilder mit Lappen und Spülmittel zu entfernen, sagt Hamm. Häufiger müssten Bürger einige Hundert oder sogar Tausende Euro aufbringen, um Fassaden zu überstreichen oder professionell reinigen zu lassen.

Rund 5000 Euro waren etwa im August nötig, um eine Hauswand, ein Geländer und eine Mauer in der Albachstraße von pinker und oranger Farbe zu befreien. An der Handyklinik in der Mötscher Straße richteten Sprayer einen Schaden von etwa 2000 Euro an. Bei einem Rohbau in der Hubert-Prim-Straße beziffert die Polizei die Reinigungskosten mit 2600 Euro.

Ebenfalls teuer: die Kritzeleien, die Unbekannte mit einem schwarzen Edding auf die Briefkästen eines Mehrfamilienhauses in der Straße „Alte Gerberei“ krakelten (1000 Euro). Ebenso ärgerlich und kostspielig: die rote und blaue Farbe, die Sprayer am Bahnhof Erdorf und am Spittel verteilt haben.

Gesprüht werden meist sogenannte Tags. Im Graffiti-Jargon sind das die Signaturen der „Künstler“ unter ihren Bildern. Warum die Sprayer ihre „Werke“ in Bitburg überhaupt unterschreiben wollen, ist allerdings fraglich. Schließlich hinterlassen die städtischen Vandalen selten mehr als Gekrakel und schon gar keine aufwendigen Meisterstücke, wie man sie von den Fassaden mancher Großstadthäuser in Berlin, Köln oder gar Trier kennt.

Was die Ermittler in Bitburg ebenfalls häufig vorfinden, sind Nummern und Abkürzungen. Die meisten sind nicht besonders schmeichelhaft für die Beamten.

Äußerst verbreitet scheint in der Stadt etwa das Kürzel „ACAB“ zu sein, das so viel bedeutet wie „All Cops are Bastards“ (auf Deutsch: Alle Polizisten sind Bastarde). Gesprüht wird es auch in der Form „1312“. Die Zahlen stehen hierbei jeweils für den entsprechenden Buchstaben im Alphabet. Hamms Fazit: „Da mag uns offenbar jemand nicht besonders.“

Jenseits dieser eindeutigen Botschaften hat die Polizei in Bitburg 2019 aber auch häufig die Zahlenfolge „193“ entdeckt. Besonders im Frühjahr tauchte die Nummer mehrfach an Hauswänden auf. Hinterlassen hatten Unbekannte sie etwa „Auf der Kupp“, in „Pelzers Gässchen“, in der Hauptstraße und am Spittel. Was dahintersteckt, blieb für die Beamten zunächst ein Rätsel.

Eine TV-Internetrecherche ergab aber einen möglichen Zusammenhang zum Kürzel „ACAB“. In einem Urteil zur Strafbarkeit der vier Buchstaben heißt es: „Die Formalbeleidigung ist weder durch Wahrnehmung berechtigter Interessen gemäß Paragraf 193 Strafgesetzbuch noch durch das Grundrecht der Meinungsfreiheit nach Artikel 5 Absatz 1 Grundgesetz gerechtfertigt.“ Die 193 könnte sich also auf ebendiesen Paragrafen des Strafgesetzbuches beziehen. Ob die Deutung zutrifft, wissen nur die Täter. Und die wurden noch nicht gefasst.

Was die Ermittlungen in solchen Fällen erschwere: Oft würden die Graffiti erst angezeigt, wenn die Farbe längst trocken ist. Tage oder sogar Wochen können vergehen. Und längst nicht immer werden sie auch entfernt. Was der Bitburger Polizeichef durchaus kritisch sieht.

Schließlich lüden verwahrloste Gebäude geradezu dazu ein, sie weiter zu zerstören oder zu bemalen. Dies belege die sogenannte „Broken-Windows-Theorie“, die, auf den Punkt gebracht, besagt: „Wenn ein kaputtes Fenster nicht schnell repariert wird, wird bald das nächste eingeworfen.“

 Kunst geht anders: ein paar Impressionen von den Bitburger Schmierfinken.

Kunst geht anders: ein paar Impressionen von den Bitburger Schmierfinken.

Foto: TV/Christian Altmayer
 Graffiti Bitburg Altmayer Dezember 2019

Graffiti Bitburg Altmayer Dezember 2019

Foto: TV/Christian Altmayer
 Graffiti Bitburg Altmayer Dezember 2019

Graffiti Bitburg Altmayer Dezember 2019

Foto: TV/Christian Altmayer
 Graffiti Bitburg Altmayer Dezember 2019

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Foto: TV/Christian Altmayer
 Graffiti Bitburg Altmayer Dezember 2019

Graffiti Bitburg Altmayer Dezember 2019

Foto: TV/Christian Altmayer
 Graffiti Bitburg Altmayer Dezember 2019

Graffiti Bitburg Altmayer Dezember 2019

Foto: TV/Christian Altmayer
 Graffiti Bitburg Altmayer Dezember 2019

Graffiti Bitburg Altmayer Dezember 2019

Foto: TV/Christian Altmayer

Auch das Graffito auf dem Toilettenhäuschen am ZOB hat inzwischen Gesellschaft bekommen. Einige Meter weiter findet sich auf der Wand ein neuer Schriftzug. Zur Anzeige gebracht wurden beide Schmierereien laut Polizei bislang nicht. Und das, obwohl das Gebäude der Stadt gehört. Auf Nachfrage teilt Pressesprecher Werner Krämer mit: Der Kiosk werde nicht mehr genutzt. Ob und wann das Graffiti entfernt werde, müsse noch entschieden werden. Denn dies sei oft „mühselig und kostenintensiv“.

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