Opfer ist bekannt von Corona-Demos Luxemburg: Polizist schlägt Mann mit dem Kopf gegen Polizeiauto

Bartringen · Hat Luxemburg einen neuen Fall von Polizeigewalt? Am Rande eines Weihnachtsmarkts hat ein Polizist einen Mann mit dem Kopf gegen ein Polizeiauto geschlagen und verletzt. Ein Video im Netz zeigt den Vorfall. Das Opfer ist kein Unbekannter.

Luxemburg: Polizist schlägt Mann mit Kopf gegen Polizeiauto
Foto: Polizei Luxemburg

Es ist Samstagabend auf dem Weihnachtsmarkt im Luxemburgischen Bartringen. Die Polizei legt einen Mann in Handschellen. Dieser steht mit dem Gesicht zum Polizeibus, hinter ihm drei Polizisten und eine Polizistin. Die Polizistin sagt dem Mann, dass er sich nicht wehren soll. Dieser antwortet: „Ich wehre mich nicht.“ Die ganze Szene wird mit einem Handy gefilmt.

Festnahme mit Handy gefilmt - Kein Widerstand zu erkennen

Auf dem Video, das am Sonntag auf Facebook geteilt wurde, ist kein Widerstand vonseiten des Mannes zu erkennen. Er steht ruhig vor dem Bus, schwankt nicht und redet normal, wirkt nicht stark alkoholisiert. Ohne ersichtlich werdenden Grund fasst plötzlich einer der Polizisten den Mann am Hinterkopf und schlägt ihn in rascher Abfolge zweimal fest mit dem Kopf gegen das Polizeifahrzeug. Der Mann trägt eine Platzwunde davon und blutet anschließend.

Der Festgenommene und vom Polizisten verletzte Mann ist kein unbeschriebenes Blatt. Der Mann wurde in Luxemburg während der Corona-Proteste einer breiteren Öffentlichkeit bekannt und galt als einer der Organisatoren und Wortführer, fiel aber auch dadurch auf, dass er bei den Demos in Luxemburg-Stadt häufig mit der Polizei zu verhandeln schien. Auf dem Tiefpunkt der Proteste stürmten die Corona-Maßnahmen-Gegner den Weihnachtsmarkt in Luxemburg-Stadt und zogen vor das Haus von Xavier Bettel, beschimpften und bedrohten den Premierminister.

Ein weiteres Video auf Facebook, das vor der Festnahme auf dem Weihnachtsmarkt gefilmt wurde, zeigt einen vor einer Bühne den Sänger anpöbelnden Mann. Der Sänger versucht die Situation zu beruhigen, der Festgenommene mischt sich in die Diskussion ein, geht zur Bühne und scheint ebenfalls deeskalierend in die Situation eingreifen zu wollen. Warum ihn die Polizei später festnahm, ist dem Tageblatt nicht bekannt und auf keinem der beiden Videos zu sehen.

Weder Polizei noch Polizeigewerkschaft äußern sich vorerst zu Übergriffen in Bartringen

Weder die Polizei noch die Polizeigewerkschaft SNPGL wollten am Sonntagnachmittag gegenüber dem Tageblatt auf den Vorfall reagieren. Man habe das Video bisher noch nicht gesehen und wolle zunächst die genauen Umstände prüfen.

Der Festgenommene habe die Nacht auf Sonntag in Esch auf dem Polizeikommissariat verbracht und habe dieses erst gegen 11 Uhr am Sonntagmorgen verlassen dürfen, wie er dem Tageblatt am Sonntag sagte. Zuerst habe die Polizei ihn ins Krankenhaus gefahren, um seine Haftfähigkeit zu prüfen. Der Festgenommene sagt, er habe mehrmals um einen Alkoholtest gebeten, aber dieser sei ihm nicht gestattet worden. Während der Nacht in der Zelle in Esch habe er einen asthmatischen Anfall erlitten, weswegen er noch einmal ins Krankenhaus gefahren worden sei. Er habe sein Medikament im Polizeikommissariat in seiner Tasche dabei gehabt, hätte es aber nicht nehmen dürfen, sagte er.

Wie die Polizei selber, wollte auch Polizeiminister Henri Kox am Sonntag nichts zu dem Fall sagen. „Ich kann mich nicht zu dem Vorfall äußern“, so Kox in einer ersten Reaktion. Es liege nicht in seinen Kompetenzen, vereinzelte Aktionen von Beamten zu bewerten. Es sei die Rolle der unabhängigen „Inspection générale de la police“, die Polizei zu kontrollieren.

Trotzdem sei die Anwendung von Gewalt ein Thema, das sowohl in der Grundausbildung als auch bei ständigen Fortbildungen immer wieder zur Sprache gebracht werde, so Kox. „Ich habe in diesem Zusammenhang vor zwei Jahren eine Studie bei der IGP in Auftrag gegeben, deren Resultate gerade mit der Polizeileitung besprochen werden“, sagte der Minister dem Tageblatt. „Sollten Verbesserungen nötig sein, werden wir diese vornehmen.“

Der Festgenommene will nicht so lange warten. Er denkt darüber nach, die Polizisten zu verklagen, wie er am Sonntag sagte.

Quelle: Tageblatt.lu

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