City Campus: Armut ist auch in Trier ein Thema

Trier · Ist Armut ein Problem in Trier? Durchaus, sagen die Soziologie-professoren Rüdiger Jacob und Waldemar Vogelgesang. Wie Armut erkenn- und messbar ist, werden sie auch im Rahmen der Veranstaltung "City Campus trifft Illuminale" (Freitag in der Trierer Innenstadt) vorstellen. Dabei zeigen sie, dass Armut ein viel komplexeres Phänomen ist, als es normalerweise angenommen wird.

 Eine geringe Rente oder hohe Kosten für Medikamente: All das kann schnell dazu beitragen, dass Senioren sich verschulden. Foto: Karl-Josef Hillenbrand

Eine geringe Rente oder hohe Kosten für Medikamente: All das kann schnell dazu beitragen, dass Senioren sich verschulden. Foto: Karl-Josef Hillenbrand

Trier. Bei dem Thema Armut in Trier denken die meisten sofort an die Bettler in der Fußgängerzone. Dies sei jedoch nur die Spitze des Eisberges, erklärt Prof. Jacob von der Universität Trier. "In der Stadt wird die Armut sichtbar", sagt er. Nicht nur in Form von Bettlern, sondern auch durch ,Problemviertel\', in denen sich verstärkt arme Menschen ansiedeln. Ein Beispiel ist Trier-West.
Armut heißt für die meisten Menschen kein oder nur wenig Geld. Dass die Finanzen aber nur eine Seite der Medaille sind, wollen die beiden Soziologen von der Universität Trier in dem Vortrag zeigen. Sie plädieren dafür, Armut differenzierter wahrzunehmen. "Armut heißt nicht nur finanzielle Not, sondern bedeutet auch soziale Isolation, fehlender Zugang zu Gesundheitsvorsorge, Bildung und Kultur", erklärt Renate Heineck vom Stadtteilmanagement Trier-West.
"Ein Kennzeichen ist auch, dass diese Menschen keine Lobby haben", sagt Jacob. So fänden die Bedürfnisse sozial Schwacher in der Gesellschaft nur selten Beachtung, was deren Lage wiederum verschärfe.
Das vielleicht wichtigste Kennzeichen von Armut zeigt sich also nicht im Mangel an materiellen Gütern, sondern am Mangel an Verwirklichungschancen. Wer wirklich arm ist, hat häufig kaum Möglichkeiten, seiner Situation zu entkommen, sei es durch finanzielle Probleme, mangelnde berufliche Qualifikation oder durch fehlende Perspektiven. Dies ist natürlich für Jugendliche, die in den bekannten Problemvierteln aufwachsen, am schwierigsten. Laut einer Trierer Studie sind etwa zehn Prozent der Trierer Jugendlichen davon betroffen.Ohne Planu ngssicherheit


Zu einem immer gravierenderen Problem werden neben Erwerbslosen die drastisch ansteigende Masse der Menschen in prekären Beschäftigungsverhältnissen. Dazu zählen geringfügige und befristete Beschäftigungen, Minijobs und Leiharbeit, also Beschäftigungen, die mit niedrigen Löhnen und ohne Planungssicherheit daherkommen. "Bei diesen Beschäftigungsverhältnissen wird es immer schwieriger, den Leuten klarzumachen, warum sie überhaupt arbeiten gehen sollen", kritisiert Jacob. "Vor allem, wenn sie mit Hartz IV genauso viel oder sogar mehr Geld bekommen würden." Beim Vortrag zeigen die Professoren auf, welche Formen Armut in einer verhältnismäßig reichen Gesellschaft wie der unseren annimmt und wie man sie erkennen kann, um schließlich auch Lösungswege zu finden.
Der Vortrag "Armut in der Region: Theoretische Konzepte und ausgewählte Ergebnisse" von Prof. Dr. Rüdiger Jacob und Prof. Dr. Waldemar Vogelgesang findet im Rahmen der Veranstaltung "City Campus trifft Illuminale" am Freitag, 26. September, von 23.20 bis 0 Uhr in der Kreisverwaltung Trier-Saarburg statt.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort