Trier Das Gold des 21. Jahrhunderts

Trier · Der Städte- und Gemeindebund fordert, dass Kommunen Unternehmen nicht mehr kostenlos Informationen zur Verfügung stellen.

„Sie suchen neue Adresse oder Kunden, die noch besser zu Ihnen passen?“ So wirbt die Deutsche Post ganz offiziell auf ihrer Homepage für ihr Angebot „Adressen kaufen oder mieten“. Vor einigen Tagen ist bekannt geworden, dass die Post der CDU und der FDP Adressen verkauft hat für gezielte Wahlwerbung. Doch beim Blick auf die Internetseite der Post wird schnell klar, dass die Post schon lange damit Geld verdient mit dem von ihr angepriesenen Angebot „Optimierung von Adressen und Zielgruppenansprache“. „Der Schatz Ihres Unternehmens: Adressen“, wirbt das Unternehmen offen für den Verkauf von Kundendaten.

Auch einige Kommunen verdienen seit Jahren Geld damit, Adressen ihrer Bürger zu verkaufen. Verboten ist das nicht, solange keine personenbezogenen Daten wie etwa Beruf, Familienstand oder Einkommensverhältnisse weitergegeben werden. Von den von uns befragten Kommunalverwaltungen aus der Region heißt es übereinstimmend, dass dort keine Adressen verkauft würden. Zumindest „derzeit“, wie aus dem Trierer Rathaus verlautet. Man habe „auch nicht die Absicht, das in naher Zukunft zu tun“, sagt Stadtsprecher Michael Schmitz. „Wir pflegen einen restriktiven Umgang mit den Daten der Bürger. Dies zu ändern, würde eine Grundsatzdiskussion sowohl innerhalb des Rathauses  als auch mit den politischen Gremien voraussetzen“, ergänzt Schmitz. Die Antwort zeigt aber, dass es möglich ist, die Adressen der Bürger zu verkaufen. „Die Stadt Bitburg verkauft keine Daten ihrer Bürger, und es besteht auch nicht die Absicht, dies zu tun“, sagt auch Werner Krämer, Sprecher der Stadt Bitburg.

Auch aus Wittlich heißt es, dass keine Daten aus dem Melderegister verkauft wurden und auch künftig nicht verkauft werden. „Wir verkaufen keine Daten“, lautet die knappe Antwort auch aus dem Konzer Rathaus.

Es sind auch nicht die Adressen, die der Städte- und Gemeindebund meint, wenn er, ähnlich wie die Post, vom „Gold des 21. Jahrhunderts“ im Zusammenhang mit den von den Kommunen verwalteten Daten spricht. „Dieser Schatz wird vor allem von Städten und Gemeinden gehoben und bewahrt“, sagt Karl-Heinz Frieden, Geschäftsführer des rheinland-pfälzischen Städte- und Gemeindebundes, unserer Zeitung. Dabei gehe es nicht um personenbezogene Daten, sondern etwa um Ergebnisse von Verkehrszählungen oder Feinstaub- und Lärmwerte.

Frieden nennt ein Beispiel, wie ein Unternehmen Geld mit Daten verdient, die es kostenlos von einer Stadt zur Verfügung gestellt bekommt: „Hamburg hat auf seiner Homepage eine Lärmkartierung für jedes Gebiet der Stadt. Die Internetseite Immobilienscout übernimmt das, macht damit ein Geschäft und zahlt nicht.“

Erforderlich sei eine Diskussion darüber, dass weiterhin der Bürger, „der den Staat finanziert“, die Datenerhebung bezahlt „und die Wirtschaft an diesen Daten verdient“, sagt Frieden. „Die Kommunen sollen künftig selbst entscheiden dürfen, ob sie für die Daten einen finanziellen Beitrag von der Wirtschaft einfordern wollen.“ Eine Pflicht zur kostenlosen Weitergabe der Daten lehne der rheinland-pfälzische Städte- und Gemeindebund ab, sagt Frieden, der vor seiner Tätigkeit in Mainz lange Jahre Bürgermeister in Konz war.

Dort sieht man die Vorschläge des Spitzenverbandes zwiespältig. „Auch wenn eine Nutzung anonymer Daten aus datenschutzrechtlicher Sicht unproblematisch ist, sollte dieser Schritt gut überlegt werden“, sagt Michael Naunheim, Sprecher der Verbandsgemeinde Konz. Bereits jetzt stelle die Gemeinde unterschiedliche Informationen kostenfrei zur Verfügung „mit großem Mehrwert für die Gemeinde und die Bürger“. Mit den kostenlosen Daten könne unter anderem die regionale Wirtschaft „interessante Dienste entwickeln und anbieten“, sagt Naunheim. „Dies kurbelt die Wirtschaftsleistung an und führt damit mittelbar auch zu steuerlichen Mehreinnahmen.“ Trotzdem scheint man in Konz auch nicht abgeneigt zu sein, künftig Geld zu verlangen für die bislang kostenlos zur Verfügung gestellten Daten. Naunheim: „Wir leben heute in einer Welt, in der Daten eine sehr hohen Wert darstellen.“ Daher werde man die Diskussion darüber weiter verfolgen.

Bei der Stadt Trier prüft man bereits jetzt bei Anfragen von Unternehmen, ob dieses die Informationen kommerziell nutzt. „Ist dies der Fall, wird eine Kostenpauschale für den Arbeitsaufwand erhoben“, sagt Rathaussprecher Schmitz. Trier bekomme zudem Geld aus der Vermarktung kommunaler Daten über den Deutschen Städtetag. Das Amt für Stadtentwicklung und Statistik liefere einmal im Jahr allgemeine Bevölkerungszahlen. Ein Teil des Erlöses aus dem Verkauf der Daten durch den Städtetag gehe an die Stadt. Aber, so Schmitz, die Einnahmen könnten der Stadt „finanziell kaum helfen“.

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