Datenschützer plant Eingreiftruppe

Mainz · Laut Landesdatenschützer Edgar Wagner verkennen viele rheinland-pfälzische Unternehmen die Bedrohung durch Hackerangriffe aus dem Netz. Sie müssten mehr für die Sicherheit firmeneigener Daten tun. Das habe eine Umfrage unter 1500 Firmen ergeben.

Der Landesbeauftragte für den Datenschutz ist als Aufsichtsbehörde des Landes auch für rund 200.000 Betriebe in Rheinland-Pfalz zuständig. Deshalb hat er im Mai rund 1500 Betriebe mit mehr als 50 Mitarbeitern angeschrieben und um Auskünfte über deren betriebliche Datenschutzbeauftragte, ihre Qualifikation und Aufgabenwahrnehmung ersucht.
Wagners Vorstoß stieß bei Kammern und Verbänden teils auf Kritik, weil er im Anschreiben mit Bußgeld drohte, falls der Fragebogen nicht ausgefüllt werde (der TV berichtete). Es gab auch Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Aktion (siehe Extra).

So weist der CDU-Landtagsabgeordnete Hans-Josef Bracht darauf hin, es seien auch personenbezogene Daten abgefragt worden. "Das ist abwegig", wehrt sich der Datenschützer. Es sei ihm um Beratung, nicht um Kontrolle gegangen.
Am Ende machten 93 Prozent der befragten Firmen mit, und es kam heraus, dass 92 Prozent entsprechend dem Gesetz einen betrieblichen Datenschutzbeauftragten bestellt haben. Wagner bezeichnet dies als "ermutigend".
Allerdings zeigte die Umfrage auch Schwächen auf. So müssten alle Beauftragten ihren Job weisungsfrei, fachkundig und unabhängig von der Geschäftsführung erledigen, was aber bei zwölf Prozent nicht der Fall ist. Hier kümmern sich Mitglieder der Geschäftsführung oder IT-Leiter um den Datenschutz. "Niemand kann sich selbst kontrollieren oder beraten", mahnt Wagner.

Nachholbedarf sieht der Landesdatenschützer auch bei der Aus- und Fortbildung der betrieblichen Fachleute. 40 Prozent hätten etwa keine arbeitsrechtlichen Kenntnisse. Auch der zeitliche Umfang ihrer Tätigkeit sei oft zu knapp bemessen, betrage bei einem Drittel maximal zwei Stunden die Woche. Schließlich sei es alarmierend, dass etwa 75 Prozent der kleinen und mittleren Unternehmen über keine IT-Sicherheitsstrategie verfügten.

Edgar Wagner ist sich bewusst: "Der Datenschutz ist nicht der Nabel der Welt. Die Firmen haben auch andere Probleme." Seine Behörde bemühe sich, den Blick für die bedrohliche Sicherheitslage zu schärfen und für den Datenschutz zu sensibilisieren.

Wagner will helfen, Mängel bei der Bestellung von betrieblichen Datenschützern zu beheben und ihnen mehr Unterstützung gewähren. Dabei setzt er auf eine Kooperation mit den Kammern und Verbänden. "Das liegt mir sehr am Herzen. Wir müssen Kompromisse schließen." Auf Dauer will der Landesdatenschützer ein IT-Kompetenzzentrum errichten und eine schnelle Eingreiftruppe schaffen, die bei Bedarf den Firmen helfen kann. Außerdem will er eine Landesdatenschutzkonferenz etablieren und im Januar gemeinsam mit den Industrie- und Handelskammern eine Informationsveranstaltung in Mainz anbieten.

Wagner stößt aber bei seinen Bemühungen auf ein Problem, das ihn selbst "völlig verblüfft": 97,5 Prozent der befragten Firmen antworteten in der Umfrage, sie hätten keinen Beratungsbedarf. Offenbar fürchten sie eine Kontrolle der Aufsichtsbehörde.
Extra

Haben Firmen beim Datenschutz noch Beratungsbedarf? Die Landesvereinigung Unternehmerverbände Rheinland-Pfalz (LVU) sieht hier den Landesdatenschützer in der Pflicht, "und zwar nicht im Wege der Aufsicht, sondern als vertrauensvolle Hilfe". LVU-Hauptgeschäftsführer Werner Simon auf TV-Anfrage: "Das hier gewählte Instrument einer Rasterfahndung per Umfrage ist unverhältnismäßig, datenschutzrechtlich höchst bedenklich und völlig ungeeignet." Datenschutzrechtlich handelt es sich laut Simon bei der Umfrage "wohl um die Anstiftung zur Preisgabe personenbezogener Daten der jeweiligen Datenschutzbeauftragten." red

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