Der Glanz des Karnevals
Lucky liebt es, sich zu verkleiden. Deshalb ist die Leseratte an Fastnacht immer außer Rand und Band. Dieses Jahr will er als Clown gehen. Doch dann hat er bei einer Kappensitzung den Präsidenten gesehen, behangen mit ganz vielen Karnevalsorden. Klar, dass Lucky ganz genau wissen muss, was es damit auf sich hat.
Trier/Speicher. So eine Kappensitzung ist was Feines. Alle sind verkleidet - auch Lucky. Er geht diesmal als Clown. Oder doch nicht? Denn seit die Leseratte letztens den Karnevalspräsidenten gesehen hat, ist sie sich nicht mehr so sicher - wie der strahlte und funkelte! Denn um seinen Hals hingen goldene, silberne und ganz bunte Taler. "Das sind Karnevalsorden", erzählte er Lucky. Und weil er immer so neugierig ist, hat er sich von Niki Weber von den Trierer Roten Funken erklären lassen, wozu die gut sind.
Der rheinische Karneval, so wie er hier gefeiert werde, sei eine Verspottung der Regierung, erzählt Weber. Das war in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts das Militär. Daher auch die Garden, die tanzen statt marschieren und so die militärische Ordnung auf den Kopf stellen.
Und weil es bei der Armee für besondere Leistungen Orden gab, hätten die Karnevalsvereine diese Tradition übernommen, erklärt Weber, der in der Session 2005/06 als Trierer Karnevalsprinz selbst ganz viele solcher Abzeichen verliehen hat. "Anfangs haben sie die Orden selbst gebastelt, um die Obrigkeit auf den Arm zu nehmen."
Toll, so ein Karnevalsorden. Aber wie werden die heute gemacht? Um das zu erfahren, war die Leseratte bei der Firma Stuco in Speicher. Dort produzieren 45 Mitarbeiter jährlich 150 000 solcher Fastnachts-Abzeichen.
Edmar Küster führt Lucky durch die Werkstatt. Die Idee zum Orden brächten die Vereine mit, erzählt er. Daraus fertigen die Grafiker eine Zeichnung an. Dann übertragen Melanie Schirtz und ihre Kollegen die Zeichnung mit Hammer und Meißel und Schleifgerät auf ein rundes Stück Metall. Kleinste Strukturen gravieren sie ein, Falten in der Kleidung, Steine und Dachziegel an Gebäuden oder Blätter. Das Schwierige - sie arbeiten spiegelverkehrt. Das heißt, jede Vertiefung, die sie eingravieren, hebt sich später beim Orden hervor. Karnevalsorden werden geprägt oder, wenn sie ganz viele Löcher haben, gegossen. Beim Prägen drückt eine Maschine mit viel Wucht den Stempel in einen Rohling. Das ist so ähnlich, wie Figuren zu stempeln. Nur werden hier nicht Farben, sondern Konturen in Metall gepresst. Und es macht einen irren Krach, Lucky hat sich Stöpsel in die Ohren gesteckt. Beim Gießen geht es leiser zu. Zuerst stellen die Mitarbeiter aus dem Prägestempel Formen aus weichem Plastik her. Dann schmelzen sie wie beim Bleigießen das Metall und füllen es in die Formen. Eine Maschine sorgt dafür, dass das flüssige Metall in jede Ritze dringt.
Nun fehlen nur noch die Farben, denn die Orden - geprägt oder gegossen - sind grau. Deshalb werden sie in Wannen mit metallener Farbe beschichtet und anschließend bunt bemalt. Aus kleinen Flaschen tropft Lilia Poloshenko beige Farbe auf Anstecker.
Das wird die Hautfarbe der kleinen Gardetänzer aus Metall. Die Uniform färbt die Malerin grün und weiß ein, die Stiefel schwarz. Lucky ist erstaunt, wie echt das wirkt. Küster gibt ihm ein paar glänzende Orden mit. Die hängt sich Lucky mit denen, die er bereits gesammelt hat, bei der nächsten Kappensitzung um den Hals. Dann strahlt und funkelt auch er.