Dicke Mutter - dickes Kind!?

Sie treiben nicht weniger Sport als Ihre schlanken Kollegen und essen auch nicht mehr als sie. Trotzdem zeigt Ihre Waage fast das Doppelte an? Ihr Übergewicht tragen Sie aber nicht erst seit gestern mit sich herum, sondern gehörten schon in der Kindheit zu den Pummeligen? Und auch Ihre Eltern oder zumindest ein Elternteil ist übergewichtig? Wenn Sie diese Fragen alle mit "Ja" beantwortet haben, dann könnten Sie zu den Menschen gehören, deren Gene das Schlanksein und -werden erschweren.

Fakt ist, dass Übergewicht häufig ganze Familien und nicht nur einzelne Mitglieder betrifft. Liegt dies wirklich an den Genen, oder ist vielmehr die falsche Erziehung zu einem dick machenden Ess- und Bewegungsverhalten verantwortlich?Die Hauptursache von Übergewicht ist eine über einen langen Zeitraum zu hohe Energieaufnahme in Bezug zum Energieverbrauch. Das heißt, der Mensch isst einfach mehr, als er verbraucht. Die überflüssige Energie wird in Form von Fett gespeichert. Andere Ursachen für die Entstehung von Übergewicht sind chronischer Stress, Essstörungen (z. B. Bulimie), Schilddrüsenerkrankungen, Medikamente (z. B. Antidepressiva, Neuroleptika, Betablocker etc.), aber auch Nikotinentzug oder eine Schwangerschaft.

Welche Rolle spielen die Gene? Als wissenschaftlich gesichert gilt die Tatsache, dass Übergewicht zum Teil auch genetisch bedingt ist. Zu welchem Prozentanteil die Gene aber das Gewicht beeinflussen, ist unklar. In der Literatur findet sich je nach Studie eine Bandbreite von 20 bis 70 Prozent. Laut der "Thrifty Genotype"-Hypothese haben sich in der Evolution solche Genvarianten besser ausbreiten können, die Energie gut speichern können.

Während in Zeiten der Nahrungsknappheit diese Genvarianten klar im Vorteil waren, wirken sie sich in der heutigen Zeit ungünstig aus. Es besteht ein Nahrungsangebot im Überfluss an energiereichen und preisgünstigen Lebensmitteln, dabei sinkt die körperliche Aktivität der Menschen stetig. Als Folge steigt die Zahl der Übergewichtigen in unserer Bevölkerung.

Die Forschung steht ganz am Anfang

Ein Forschungsteam aus Frankreich, Island, Schweden und Deutschland hat die Bedeutung des FTO-Gens (fat mass and obesity associated) näher untersucht. Dabei kam heraus, dass Veränderungen in diesem Gen direkt die Fettmasse und das Übergewicht bestimmen. Britische Wissenschaftler haben in einer 15 Jahre dauernden Studie an 5000 Teilnehmern herausgefunden: Wer das FTO-Gen doppelt in sich trägt, hat ein bis zu 70 Prozent erhöhtes Risiko, übergewichtig zu werden. Bei Menschen, die das Gen nur einfach in sich tragen, sinkt die Wahrscheinlichkeit auf 30 Prozent.

Die Erforschung von der Bedeutung der Gene und deren Bezug zum Übergewicht steckt bis heute noch in den Kinderschuhen. Nicht klar ist, welche Genkonstellationen welche Auswirkungen haben. Auch ist nicht sicher, wie viel Prozent der Übergewichtigen tatsächlich auf Grund der Gene zu dick sind, und ob die Gene durch medizinische Maßnahmen ausgetrickst werden können.

Fazit: Der starke Anstieg des Übergewichts in unserer Gesellschaft in den letzten Jahrzehnten ist kaum alleine durch genetische Veränderungen erklärbar. Auch wenn es als wissenschaftliche Tatsache gilt, dass Übergewicht zum Teil vererbbar ist, gibt es keinen Grund, den Kopf in den Sand zu stecken und das Übergewicht einfach hinzunehmen.

Wenn Sie vermuten, dass Sie auf Grund ihrer Gene zu Übergewicht neigen, dann kümmern Sie sich ganz besonders um eine gesunde, vielfältige und energieangepasste Kost in Ihrer Familie und achten Sie auf ausreichend Bewegung.

Wenn Sie für eine ausgeglichene Energiebilanz sorgen, dann können die Gene alleine Sie niemals dick machen.

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