Frankfurt Die Liga staunt und hält sich zurück

Frankfurt · Fußball: Das Oberhaus diskutiert den beispiellosen Rundumschlag der Bayern-Bosse. Den Mund will sich dabei niemand verbrennen.

Die Solidaritätsbekundungen aus der Liga blieben aus. Eher verwundert, belustigt oder befremdet hat der deutsche Profifußball am Wochenende auf die jetzt schon legendäre Pressekonferenz von Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge reagiert. Wenn auch meist nur hinter vorgehaltener Hand. Mit dem missglückten Rundumschlag gegen alle Kritiker hat sich der FC Bayern angreifbarer gemacht. Verheerend fiel das Medienecho nach dem Auftritt der Münchner Bosse aus.

„Wir schauen, dass wir unsere Pressekonferenzen im Griff haben und dass wir die gut machen. Alles andere ist jetzt nicht unser Thema“, sagte Leipzigs Trainer und Sportdirektor Ralf Rangnick nicht ohne Unterton im ZDF-Sportstudio.

„Ich finde, dass ein paar Dinge punktuell zu diskutieren sind. Und ein paar Dinge sind überzeichnet, die hätte man sich auch sparen können“, meinte Jörg Schmadtke, Geschäftsführer des VfL Wolfsburg. Der frühere Bayern-Profi Stefan Reuter vom FC Augsburg sagte in einem ZDF-Interview: „Ich fand es schade, dass man ehemalige Spieler so attackiert im Nachgang. Ich finde, das war nicht gut.“

Hoeneß und Rummenigge hatten bei ihrem Auftritt unter anderem Olaf Thon als Fernsehexperten abgewatscht und mitgeteilt: „Heute ist ein wichtiger Tag für den FC Bayern, weil wir Ihnen mitteilen, dass wir uns das nicht mehr gefallen lassen. Wir werden uns mit dem heutigen Tag diese herabwürdigende, hämische, faktische Berichterstattung nicht mehr bieten lassen.“ Dabei hatte Rummenigge sogar Artikel 1 des Grundgesetzes bemüht: „Die Würde des Menschen ist unantastbar, aber die Polemik scheint keine Grenzen mehr zu kennen.“

Da Hoeneß quasi im selben Atemzug den Ex-Bayern-Spieler Juan Bernat niedermachte und zuvor schon bei seiner Kritik an Nationalspieler Mesut Özil und Leverkusens Karim Bellarabi aus der Rolle gefallen war, fielen die Reaktionen entsprechend aus. „Ein bizarrer Auftritt“, titelte die Frankfurter Allgemeine Zeitung am Tag danach. Die Süddeutsche Zeitung schrieb von „einer Art Trumpisierung des großen FC Bayern“ und: „Die Würde des Vereins ist an diesem Tag antastbar geworden.“

„Souverän geht anders“, lautete der Kommentar des Fachmagazins Kicker. Die Bild am Sonntag bezeichnete die Pressekonferenz des deutschen Meisters als eine „Mischung aus PR-Slapstick und Weltfremdheit“. Das Magazin Elf Freunde veröffentlichte die Pressekonferenz in voller Länge, „weil das Teilen des Videos bisher noch nicht durch Unterlassungsklage verboten wurde“.

„Man hat mit mir darüber gesprochen. Ich habe dazu keinen Kommentar“, sagte Juan Bernat. Sein Berater José Tarraga sagte der Bild: „Wir haben stets gedacht und denken immer noch, dass Bayern ein großer Club ist, in dem alle handelnden Personen professionell agieren.“

Der frühere Bayern-Sportdirektor, jetzige Eurosport-Experte und externe Borussia-Dortmund-Berater Matthias Sammer bemühte sich in der Debatte um Neutralität. „Was sich ändern muss, ist die grundsätzliche Tatsache, dass es zu schnell um einzelne Personen geht, im Speziellen um die Trainer. Die werden in einer Geschwindigkeit nicht mehr fachlich bewertet, sondern es wird nur noch die Frage gestellt: Wann ist der Kopf ab?“, erklärte der 51 Jahre alte ehemalige Nationalspieler. Sammer sagte aber auch: „Der Journalismus macht vieles richtig, auch in der kritischen Bewertung.“

So wurde die Bayern-Diskussion öffentlich vornehmlich von Fernseh-Experten geführt. Für den Ex-Nationalspieler Christoph Metzelder ist der FC Bayern in einer sportlich schwierigen Situation zum Gegenangriff übergegangen: „Aber was dann kam, war teilweise Slapstick, mit völligen Widersprüchen. Da ist ein gegenteiliger Effekt entstanden. Das Erscheinungsbild nach außen hat Schaden genommen.“

(dpa)
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