Unsere Vereine 30 Jahre Verein Hof Breit: Die Wittlicher Bio-Pioniere

Wittlich · Der Verein Hof Breit blickt stolz zurück. Das Motto von vor 30 Jahren ist heute noch so aktuell wie damals: „Land(wirtschaft) erhalten – Zukunft gestalten“. Das Ziel formuliert Pächter Paul Brandsma so: „Die Bewahrung und nachhaltige Pflege des wertvollen Bodens steht an erster Stelle.“

 Die Schwarzbunte Rinderherde vom Start vor drei Jahrzehnten ist geblieben. Mittlerweile sind „Enkel“ und „Urenkel“ der ersten Tiere dabei.

Die Schwarzbunte Rinderherde vom Start vor drei Jahrzehnten ist geblieben. Mittlerweile sind „Enkel“ und „Urenkel“ der ersten Tiere dabei.

Foto: Verein Hof Breit

Vor 30 Jahren, am 8. April 1990, wurde der Verein Hof Breit von einer Gruppe engagierter Menschen gegründet. Die konkrete Idee war damals, gemeinsam den Bauernhof hinter der Breit in der Wittlicher Senke zu kaufen und diesen biologisch-dynamisch bewirtschaften zu lassen. Das klappte. Dass dieser Hof und seine landwirtschaftlichen Flächen sowie die Stall- und Scheunengebäude Eigentum des Vereins sind, ist eine Besonderheit.

Norbert Kneib, ein Mann der ersten Stunde, und Landwirt Paul Brandsma erinnern sich noch genau an die Anfänge: „Als wir im Februar 1990 zum ersten Mal in Wittlich bei der landwirtschaftlichen Beratungsstelle unser Anliegen, den Hof zu übernehmen, vorstellten, klang das alles sehr ungewöhnlich: Ein Verein, der einen Bauernhof erwerben will? Einen Hof, der nach heutigem Standard überhaupt nicht mehr überlebensfähig ist? Mit veralteten Stallungen? Mit einer viel zu kleinen Fläche?“ Zum Hof gehörte damals eine weitgehend zuammenhängende Fläche von nur knapp 18 Hektar. „Doch die enorme Regenwurmtätigkeit auf einigen hofnahen Wiesenflächen überzeugte uns von dem Potenzial, das dieser Boden in sich birgt“, sagt Brandsma.

Gleich im ersten Jahr wurden weitere Flächen hinzugepachtet. Paul und Eugenie Brandsma – seit 1990 die Pächter auf dem Hof – brachten damals eine kleine Schwarzbunt­herde von je zwölf Kühen und zwölf Jungrindern mit nach Wittlich. Bis heute stehen die Kühe im Mittelpunkt des Demeterhofs. „Schon im ersten Winterhalbjahr wurde mit dem Bau einer Käserei begonnen, denn die Verarbeitung unserer Milch zu Käse sollte zum Hauptstandbein werden“, erinnern sich die Pächter.

Eugenie Brandsma erzählt noch immer gerne, wie Milch und Käse damals in ihrem Hausflur verkauft wurde: „Zuerst auf einem Tisch, dann auf einer Theke – selbst gebaut aus Eichenbrettern.“ Bis heute kann man die Milch auf dem Demeterhof Breit in der sogenannten Milchkammer selbst zapfen. Außerdem wird die Rohmilch zu Quark und Käse verarbeitet.

Im Sommer 1994 mussten die Schweine aus ihrem Stall ausziehen. Dort wurde ein neuer Laden- und Vereinsraum gebaut. 1995/96 stand der Umbau des Kuhstalls an. Mit großem Einsatz der Vereinsmitglieder wurde ein Gesamtkonzept umgesetzt, um die tägliche Stall­arbeit zu erleichtern und den Kühen mehr Platz zu bieten. Ein Laufhof und ein überdachter Jungviehstall entstanden. Alle Tiere erhielten ganzjährig Auslauf im Freien.

Auf dem Demeterhof spielt der „geschlossene Betriebskreislauf“ für den Betrieb eine zentrale Rolle. Das Futter der Tiere kommt vom eigenen Hof. Der strohreiche Stallmist aus eigener Tierhaltung wird auf die Felder und Wiesen gebracht und trägt dort wesentlich dazu bei, die Erde fruchtbar zu halten. „Lebendiger Boden“ war 2019 auch das Schwerpunktthema der Veranstaltungen des Vereins.

Mitglieder geben einen Einblick in das Vereinsleben auf Hof Breit

Der Verein Hof Breit zählt heute mehr als 100 Mitglieder und ist eine lebendige Gemeinschaft. Viele Menschen beteiligen sich auf ganz verschiedene Art und Weise an der Gesamtgestaltung des Hoflebens. Das Ziel formuliert Paul Brandsma so: „Wir wollen die Landwirtschaft und den Verbraucher zusammenbringen. Vor allem ist uns die Bewusstseinsbildung von Kindern und Erwachsenen in Bezug auf Landwirtschaft und Ernährung sehr wichtig.“

Norbert Kneib, mittlerweile über 80, ist bis heute aktives Vereinsmitglied. Er kümmert sich um die Obstbäume und Landschaftspflege. Seit 1992 eröffnet er jedes Jahr im März den Veranstaltungskalender des Vereins Hof Breit und gibt dabei praxisnahe Tipps für die Baumpflege. Die Apfelernte ist immer ein großes gemeinschaftliches Ereignis. Im Jahr 2018 haben fast 50 Vereinsmitglieder auf den Streuobstwiesen des Hofs in Dörbach Bäume geschüttelt und Äpfel gesammelt.

Wichtigstes Vereinsgremium ist der Initiativkreis, der als Vorstand agiert. Er trifft sich regelmäßig, um die aktuellen Berichte aus dem Stall, vom Feld und aus dem Laden zu besprechen. Für die Entwicklung des Hofs hat der Verein eine elementare Bedeutung.

Heinz Müller (77) ist von Anfang an dabei. Er war in seinem Berufsleben Anästhesist und ist heute Mitglied im Initiativkreis. Müller ist seit 17 Jahren „Hofhilfskäser“, wie er sich selbst bezeichnet, und findet, dass dieser Hof mit allem Drum und Dran eine nötige und zukunftsweisende Initiative ist: „ein Segen für unseren Boden, von dem wir leben, ein Vorbild für eine enkel­taugliche Landwirtschaft“.

Einen besonderen Stellenwert hat zuletzt der Gemüseanbau eingenommen. Hannah aufm Kampe hatte ihre Ausbildung auf dem Hof absolviert. Sie kam als Landwirtschaftsmeisterin und Gärtnerin zurück und gründete 2018 gemeinsam mit einem Kernteam aus engagierten Unterstützern und 50 Ernteteilern eine „Solidarische Landwirtschaft“ (Solawi). Ganz im Sinn der Satzung des Vereins bietet das Konzept die Möglichkeit, Verbraucher und Landwirtschaft näher zusammenzubringen. In der Solawi tragen und erwirtschaften mehrere private Haushalte die Kosten eines landwirtschaftlichen Betriebs, wofür sie im Gegenzug dessen Ernte­ertrag erhalten. „Wir freuen uns, dass hier Menschen zusammenkommen, denen Nachhaltigkeit und gesunde Ernährung wichtig ist. Wir erleben eine wunderbare Wertschätzung gegenüber der landwirtschaftlichen Arbeit und den Lebensmitteln, die aus ihr entspringen“, sagt Hannah aufm Kampe.

 So kamen Eugenie (vorne rechts) und Paul Brandsma (Zweiter von links) vor 30 Jahren auf die Breit.

So kamen Eugenie (vorne rechts) und Paul Brandsma (Zweiter von links) vor 30 Jahren auf die Breit.

Foto: Verein Hof Breit
 Der Initiativkreis (von links): Stefanie Koch, Johanna Hueck, Hans Wax, Werner Marx-Zepp, ­Hannah aufm Kampe, Eugenie Brandsma, Paul Brandsma und Heinz Müller.

Der Initiativkreis (von links): Stefanie Koch, Johanna Hueck, Hans Wax, Werner Marx-Zepp, ­Hannah aufm Kampe, Eugenie Brandsma, Paul Brandsma und Heinz Müller.

Foto: Verein Hof Breit
 Großes Interesse besteht an den vielen Hofführungen.

Großes Interesse besteht an den vielen Hofführungen.

Foto: Verein Hof Breit

Nach drei Jahrzehnten Verein Hof Breit ist für Paul Brandsma klar: „Das Bewusstsein für die Vielfalt, die die Region bietet, für das ‚Potenzial vor der Haustür nimmt gerade in letzter Zeit wieder stark zu. Das Interesse für eine nachhaltige Entwicklung ist groß. Der Verein Hof Breit bietet vielfältige Möglichkeiten, einen Bezug zur Landschaft, in der man lebt, zu bekommen.“ Klaus Schmitz

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