Sicherheit Beim Umgang mit Waffen ist Vorsicht geboten

Bitburg/Wittlich/Trier · Immer mehr Menschen suchen einen Weg, sich selbst zu schützen und greifen auf Abwehrsprays oder richtige Waffen zurück – Polizei und Psychologen sehen das kritisch

Sicherheit : Beim Umgang mit Waffen ist Vorsicht geboten
Foto: Friedemann Vetter

. Anna besitzt seit einigen Monaten ein Pfefferspray. Nachdem sie von einem ehemaligen Bekannten mehrmals durch Briefe und Nachrichten belästigt wurde, hat die junge Studentin aus Trier es von einem Freund geschenkt bekommen. Für den Fall, dass sie nachts mal in eine gefährliche Situation gerät, sagt sie.  So wie ihr geht es vielen Menschen in der Region. Sie fühlen sich unsicher und suchen einen Weg, das zu ändern. Manchen sind dabei frei verkäufliche Abwehrmittel nicht genug – sie greifen zu richtigen Waffen.

Die Polizei sieht diese Enwicklung kritisch. Sie empfiehlt keine Art der Bewaffnung – auch nicht mit erlaubnisfreien Waffen. Als Grund dafür nennt Karl-Peter Jochem, Pressesprecher des Polizeipräsidiums Trier, dass der Einsatz von Waffen aller Art eine Sicherheit in der Handhabung erfordere, an der es oft fehle. Besitzer von Waffen könnten sich in Sicherheit wähnen und die erforderliche Vorsicht vernachlässigen. „Der Einsatz von Waffen – auch zur Verteidigung – birgt immer Gefahren von Eskalation“, sagt Jochem.

Eva Walther, Professorin für Sozialpsychologie an der Universität Trier, sieht das ähnlich: „Waffen steigern nachweislich die Aggressivität.“

Auf die Zahl der Straftaten in der Region Trier scheint das jedoch keine Auswirkungen zu haben. Das Polizeipräsidium vermeldet, im vergangenen Jahr seien die wenigsten Straftaten seit fünf Jahren registriert worden, obwohl die Einwohnerzahl im gleichen Zeitraum angestiegen sei.

Ein weiteres Kriterium ist die sogenannte Kriminalitätshäufigkeitszahl. Sie drückt die durch Kriminalität verursachte Gefährdung in einer bestimmten Region aus. Die Zahl befindet sich laut Polizei im Fünf-Jahres-Vergleich auf einem Tiefstand. Generell macht die Anzahl an Straftaten, bei denen eine Schusswaffe involviert ist, nur einen Bruchteil der gesamten Straftaten aus, wie aus der polizeilichen Kriminalstatistik des Landeskriminalamtes Rheinland-Pfalz hervorgeht. Im vergangenen Jahr wurde bei rund 250 000 Straftaten nur 267 Mal mit einer Schusswaffe geschossen. Bei 243 weiteren Straftaten wurde mit einer Schusswaffe gedroht.

Statistisch gesehen ist die Region also recht sicher. Das sehen bei einer Umfrage von volksfreund.de auf Facebook einige ähnlich. Eine Kommentatorin hält Selbstverteidigung generell für sinnvoll, Waffen seien dafür aber kontraproduktiv. „Bevor eine Frau das Pfefferspray aus der Tasche gefummelt und in die richtige Windrichtung gehalten hat, hat der Angreifer sie längst überwältigt“; schreibt sie. „Diese ganze Panikmache und Waffenhysterie ist lächerlich.“  

Auch Martina Leisen sieht den Umgang mit Waffen kritisch. Sie fordert „eher schärfere Gesetze und mehr Kontrollen“. Stefan Hellinger hält dagegen:  „Natürlich kann jeder eine Waffe beantragen, ob er sie auch bekommt, ist eine andere Frage.“  Fachliche Prüfungen, die Abfrage der Zuverlässigkeit und die amtliche Prüfung, ob ein Bedarf besteht, stellten eine große Hürde dar.  Außerdem würden „nur ganz selten, fast gar nicht, legale Waffen für Illegales eingesetzt“.

Doch wer sind die knapp 10 000 Menschen in der Region, die eine Waffenbesitzkarte haben? Die meisten Waffenbesitzer sind Jäger oder Sportschützen, die sich fast täglich mit Waffen beschäftigen. Sicherheit ist auch hier ein wichtiger Aspekt.

Thomas Bach, Vorsitzender der Schützenabteilung des Post-Sportvereins Trier, beschreibt, wie lange es dauert, bis Neulinge mit Waffen umgehen können. „Neumitglieder werden erst einmal an die Hand genommen und mit den potenziellen Gefahren und dem Handling einer Waffe vertraut gemacht“, sagt Bach. „Wir zeigen ihnen, wie man richtig zielt, wie man richtig atmet und so weiter.“

Wann ein Anfänger dann zum ersten Mal mit einer Kleinkaliberwaffe üben darf, hängt natürlich auch von der indivudellen Entwicklung ab. In der Regel dauert es ungefähr ein halbes Jahr und einige Stunden an Theorie- und Praxisunterricht. „Auch dann wird zuerst unter Anleitung und Betreuung eines erfahrenen Sportschützen geschossen, um keine anderen zu gefährden“, ergänzt Bach.

Bei angehenden Jägern sieht es ähnlich aus. Auch sie würden gründlich im sicheren Umgang mit Waffen ausgebildet, erklärt Günther Klein vom Landesjagdverband Rheinland-Pfalz. Der Umgang mit Waffen und Munition sei neben Waffentechnik und Waffenrecht fester Bestandteil zur Vorbereitung auf die Jägerprüfung.

Auch beim Transport von Waffen gelten strenge Sicherheitsbestimmungen für Jäger. Bringt ein Jäger eine Waffe zum Schießstand oder zum Büchsenmacher, muss er die Waffe nicht schussbereit in einem abgeschlossenem Behälter transportieren. Auch die dazugehörige Munition muss in einem entsprechenden Behälter getrennt von der Waffe transportiert werden.

Sowohl für Privatpersonen, als auch für Jäger und Sportschützen gelten also hohe rechtliche Auflagen. Dazu kommt, dass die Region Trier zu einer der sichersten in Rheinland-Pfalz gehört, wie aus der aktuellen Kriminalstatistik hervor geht.

 Pfefferspray,Schlagstock und Faustmesser: Für einige Waffen benötigt der Interessent einen Waffenschein.

Pfefferspray,Schlagstock und Faustmesser: Für einige Waffen benötigt der Interessent einen Waffenschein.

Foto: Friedemann Vetter
   Ein Polizist präsentiert in der Polizeiinspektion in Miltenberg ein beschlagnahmtes Faustmesser. Gefühlt gibt es täglich neue Angriffe mit Messern - auch wenn unklar ist, ob die Taten häufiger werden. Die vermeintliche oder tatsächliche Bedrohung durch junge Männer mit Messern ist allerdings kein neues Thema. Schon 2003 wurden sogenannte Butterflymesser und Springmesser, bei denen die verborgene Klinge herausklappt oder -springt, verboten.  Foto: Daniel Karmann/dpa

Ein Polizist präsentiert in der Polizeiinspektion in Miltenberg ein beschlagnahmtes Faustmesser. Gefühlt gibt es täglich neue Angriffe mit Messern - auch wenn unklar ist, ob die Taten häufiger werden. Die vermeintliche oder tatsächliche Bedrohung durch junge Männer mit Messern ist allerdings kein neues Thema. Schon 2003 wurden sogenannte Butterflymesser und Springmesser, bei denen die verborgene Klinge herausklappt oder -springt, verboten. Foto: Daniel Karmann/dpa

Foto: dpa/Daniel Karmann
 Nur ausgebildete Jäger dürfen solch ein  Jagdgewehr mit sich führen.

Nur ausgebildete Jäger dürfen solch ein Jagdgewehr mit sich führen.

Foto: picture alliance / Patrick Pleul/Patrick Pleul

Ob und wie man sich dennoch selbst verteidigen will, muss natürlich jeder für sich selbst entscheiden. Studentin Anna nimmt ihr Pfefferspray mittlerweile nicht mehr mit: „Ich habe nicht das Gefühl, mich jeden Moment verteidigen zu müssen.“

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