Unsere Vereine Die Langstreckenflieger mit dem eingebautem Kompass

Wittlich · Die Vögel des Brieftaubenzuchtvereins „Liesertal“ Wittlich legen bei Wettbewerben auf dem Weg zum heimischen Taubenschlag Hunderte Kilometer zurück.

 40 000 Tauben der Züchter aus dem Bezirk Elten (Niederrhein) werden in der Region aufgelassen und bevölkern den Eifelhimmel.

40 000 Tauben der Züchter aus dem Bezirk Elten (Niederrhein) werden in der Region aufgelassen und bevölkern den Eifelhimmel.

Foto: Brieftaubenzuchtverein Liesertal Wittlich

Eigentlich gehören sie hauptsächlich in den Ruhrpott, denn dort ist Brieftaubenzucht Volkssport. Die „Rennpferde des kleinen Mannes“ bevölkern fast jeden Dachbereich. Sie geben ein lautes, mehrstimmiges Gegurre von sich, das die Männer begeistert und von dem sie den Freunden beim Bier in den Kneipen stolz erzählen. Jeder weiß von seinen einmaligen Zuchterfolgen zu berichten. So wird aus den unterhaltsamen Abendstunden bald eine „Nachtschicht“. Das höchste Ziel wäre der „Königsflug“ Barcelona. Dort einen Preis oder sogar den ersten Preis zu schaffen ist der größte Traum. Tauben, die das schaffen, werden mit Höchstbeträgen gehandelt, wie ein teurer Sportwagen.

Aber auch in Wittlich haben Männer seit Jahrzehnten an diesem Hobby oder Sport großes Interesse. So kam es am 5. Oktober 1956 zur Gründung des Brieftaubenzuchtvereins „Liesertal“ mit 14 Aktiven und zwei Inaktiven. Der „Taubennarr“ Heinz Biernoth war mit drei Gleichgesinnten der Urheber dieser Truppe, die heute von Bernhard Wollschläger geführt wird. Ihn unterstützen sein Stellvertreter Bernhard Weling, Schriftführer Felix Prinz und Kassierer Heinz Hoffmann.

Eine kleine Gruppe von insgesamt acht Mitgliedern, die nicht nur mit heller Begeisterung dem Taubensport frönt, sondern auch mit den Ehefrauen bei gemeinsamen Essen im Hotel oder beim geselligen Spießbraten für Zusammenhalt sorgt. Senior des Vereins ist mit 91 Jahren der immer noch aktive Heinz Feilen. Wollschläger hält 50 Zuchttauben in Wittlich und 50 Flugtauben in Wittlich-Lüxem. Grundsätzliches und Details erzählt er aus der intensiven Züchterarbeit und dem Taubendasein.

Neue Züchterfreunde sind beim Brieftaubenzuchtverein „Liesertal“ mit der Haupteinsatzstelle „Haselmühle“ immer herzlich willkommen und werden gern in die Gemeinschaft aufgenommen. Aber es herrscht leider gravierender Nachwuchsmangel. Jeder Interessierte kann sich gerne melden. Die erfahrenen Männer würden jedem mit Rat, Tat und Material zur Seite stehen. Des Weiteren kann Ralf Funk, der  Vorsitzende der Reisevereinigung Trier und des Prof.-Dr.-Kohaus-Fördervereins (Deutsches Brfieftauben-Zentrum) Hilfe vom Verband anbieten.

Die sorgfältig hergerichteten Taubenschläge sind alle sehr unterschiedlich. Sie bestehen aus Holz oder Steinen, sind im Garten, auf dem Speicher, in der Garage, einem Hausanbau oder einem Schuppen platziert.

Die Brieftauben werden gepaart. In dieser Zeit muss das Futter immer genügend Eiweiß, Mineralstoffe und Vitamine enthalten, ebenso in Reisezeiten, in der Mauser oder im Winter. Auch für kränkelnde Tauben ist gesorgt. Dann ist der Weg nach Essen in eine Tierklinik nicht zu weit, wo die Vögel von vier Ärzten für Vogelheilkunde behandelt werden.

Die Gelege mit maximal zwei Eiern werden 17 Tage gebrütet. Bereits am fünften oder sechsten Tag werden die Tauben beringt. Die Ringe sind mit allen wichtigen Angaben zur Taube, Züchter und der Wittlicher Vereinsnummer 07842 versehen, damit sie von Kennern gelesen werden können. Bereits nach 28 Tagen sind die Jungtauben selbstständig. Sie werden an ihrem Schlag fliegen gelassen und kreisen dann darum. Eingewöhnung nennt der Kenner diese notwendige Maßnahme. Dabei wird auf die Jäger Habicht und Wanderfalke geachtet. „Wenn ein Habicht in einen Zehnerpulk Tauben stößt, schlägt er eine Taube und die anderen Tauben suchen panisch das Weite, und finden den weg nach Hause vielleicht nicht oder nur schwer. „Dieses Jahr hatte ich bisher besondere Probleme mit diesen Taubenjägern“, bedauert Wollschläger.

Bald werden die behüteten Schützlinge fünf bis 50 Kilometer zu Trainingsflügen ins Umland gebracht, und kommen dann wieder  nach Hause  zurück. Sie orientieren sich hier am Magnetfeld der Erde, sie kennen aber auch ihre Heimat und Landschaft.  Trainings- und Übungsflüge müssen reichlich absolviert werden, um eine erfolgreiche Brieftaube zu ziehen.

Aber der kleine Verein ist nicht allein. Er gehört wiederum der Reisevereinigung (RV) Trier mit elf Mitgliedsvereinen und 30 Einzelmitgliedern an. Bei der RV werden schon eigene Preisflüge veranstaltet.

„Erreichen die Flieger stets ihre Heimatstation, beginnt der Ernst des Lebens“, schwärmt Wollschläger und erzählt weiter: „mit einem speziellen LKW, dem Kabi (Kabinen-Express) werden die Brieftauben zu den wichtigen Wettbewerben vom April bis August des Deutschen Vereins (DV), des Dachverbandes, gefahren. Er hat 30 000 Mitglieder. Begonnen wurde aber wegen Corona mit vier 150- bis 310-Kilometer-Flügen.“ Und wiederum nur zehn Preisflüge von 180 bis 600 Kilometer wurden vom DV wegen der Coronazeit organisiert, Flüge  bei optimaler Taubengesundheit, das „Salz in der Suppe“ für die erwartungsvollen Teilnehmer. Normalerweise schreibt der DV 14 Starts bis 700 Kilometer aus. Dabei werden die gefiederten Starter mit einem weiteren, elektronischen Ring ausgestattet, mit dessen Hilfe man die Geschwindigkeit lesen und die Sieger ermitteln kann. Von ihrem Reiseziel aus müssen die intelligenten Starter wieder ihren Heimatort Wittlich finden. Eine unglaubliche Leistung, zum Staunen für Laien. „33 Prozent der Tauben erhalten meist einen Preis“, gibt der Wittlicher an.

Nur wer die wenigsten Fehler mit dem Versorgen seiner Wettbewerbstauben macht, gehört zu den Siegern. „Für dieses Siegesgefühl arbeiten wir täglich mit unserer Zucht. Wenn dann die Taube am Sonntag unversehrt und rechtzeitig nach Hause kommt, ist das ein erhebendes Gefühl, und dieser Reiz erklärt die Liebe zu meinem Hobby und meinen ausdrücklichen Hang zum Wettkampfflug“, schwärmt Wollschläger.

In Wittlich hat man bisher vergeblich auf die Nachfrage Jugendlicher gewartet. Doch dann und wann gehen doch interessierte Heranwachsende zu erfahrenen Züchtern, um die Zucht zu erlernen.

Ein jeder Züchter hat das Ziel, einmal zu den DV-Siegern zu gehören und dann in der umfangreichen Taubenzuchtzeitung mit großer Auflage mit seiner Zucht in Wort und Bild zu erscheinen.

 Der Sonne entgegen: Die Tauben steigen in den Himmel.

Der Sonne entgegen: Die Tauben steigen in den Himmel.

Foto: Brieftaubenzuchtverein Liesertal Wittlich
 Tauben werden auf den Spezial-Lkw geladen und in die „Ferne“ gebracht.

Tauben werden auf den Spezial-Lkw geladen und in die „Ferne“ gebracht.

Foto: Brieftaubenzuchtverein Liesertal Wittlich
 Der Taubenschlag von Taubenfreund Pall Adrian vom Brieftaubenzuchtverein „Liesertal“ Wittlich

Der Taubenschlag von Taubenfreund Pall Adrian vom Brieftaubenzuchtverein „Liesertal“ Wittlich

Foto: Brieftaubenzuchtverein Liesertal Wittlich
 Die Säulen des Taubenzuchtvereins „Liesertal“ Wittlich: Bernhard Wollschläger, Heinz Hoffmann und Felix Prinz (von links).

Die Säulen des Taubenzuchtvereins „Liesertal“ Wittlich: Bernhard Wollschläger, Heinz Hoffmann und Felix Prinz (von links).

Foto: Brieftaubenzuchtverein Liesertal Wittlich
 Auch das gibt es: Eine freifliegende, trainingsfaule Taube

Auch das gibt es: Eine freifliegende, trainingsfaule Taube

Foto: Brieftaubenzuchtverein Liesertal Wittlich
 Spatz in der Hand?   Nein, Taube auf dem Dach!

Spatz in der Hand? Nein, Taube auf dem Dach!

Foto: Brieftaubenzuchtverein Liesertal Wittlich
 Wer behält hier die Orientierung?

Wer behält hier die Orientierung?

Foto: Brieftaubenzuchtverein Liesertal Wittlich

Für die Züchter ist die Taube ein wertvolles Gut und sie werden bis ins hohe Alter gepflegt und bekommen einen Platz im Zuchtschlag.

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