Wandern Für Freiheit und Liebe quer durch Deutschland

Region · Stiller Corona-Protest und spirituelle Selbsterfahrung: Ricarda Holly wandert von Belgien und Luxemburg bis nach Tschechien. Die Woch hat die „Freiheitswanderin“ in der Eifel getroffen.

 Ricarda Holly wandert quer durch Deutschland

Ricarda Holly wandert quer durch Deutschland

Foto: Daniel John

(red) Ein Stoff-Schweinchen als Glücksbringer begleitet Ricarda Holly bei einer ungewöhnlichen Aktion: Die 54-jährige Restauratorin aus Kruft (Landkreis Mayen-Koblenz) wandert einen Monat lang quer durch Deutschland. Vor einer Woche ist sie am Dreiländereck Belgien/Luxemburg/Deutschland gestartet. Am 31. Mai möchte sie an der tschechischen Grenze ankommen.

Die Idee zu dieser 570 Kilometer langen Wanderung entstand bereits während des Lockdowns im März 2020. Schon damals suchte Ricarda Holly Kraft bei Spaziergängen in der Natur, um mit dieser ungewissen Zeit besser umgehen zu können. Andere Aktivitäten waren ja angesichts von Kontaktbeschränkungen und der Schließung von Kultur-, Sport- und Freizeiteinrichtungen ohnehin nicht möglich.

Ricarda Holly sorgt sich deshalb darum, dass Menschen, die aufgefordert sind, sich voneinander zu isolieren, am Ende auch den gesellschaftlichen Zusammenhalt verlieren.  „Der Mensch ist doch ein soziales Wesen und braucht Kontakte“, sagt sie. Das stärke nicht zuletzt auch das Immunsystem. Die staatlichen Maßnahmen könnten daher mehr Schaden als Nutzen verursachen. Deshalb war sie auch bereits auf mehreren Demonstrationen. Gestört hat sie sich an der Berichterstattung in den Medien: Die Veranstaltungen, an denen sie teilgenommen hat, seien weitestgehend friedlich und ungestört verlaufen, in der Presse sei es dagegen nur um die wenigen Ausnahmen gegangen.

Auf ihrer Wanderung hat Ricarda Holly ein kleines Transparent dabei, auf dem sie ihre Motivation erklärt: Sie sei unterwegs für Freiheit, Selbstbestimmung, Ehrlichkeit, Frieden, Einhaltung der Menschenrechte – und für Liebe, ist darauf zu lesen. „Freiheitswanderin“ nennt sie sich daher auch. Unter diesem Namen hat sie einen Instagram-Account angelegt, auf dem sie von ihrer Wanderung berichtet. Aktuell müsste sie vom Hunsrück Richtung Rhein-Main-Gebiet unterwegs sein.

Doch der politische Aspekt ist nur einer von mehreren. Ricarda Holly möchte mit Menschen ins Gespräch kommen – und Begegnungen ergeben sich fast zwangsläufig. Weil Hotels und Pensionen geschlossen sind, sucht die Wanderin nach privaten Übernachtungsmöglichkeiten bei alten oder neuen Bekannten. So sind auch wir bei der Woch auf das Vorhaben aufmerksam geworden und haben einen Schlafplatz vermittelt. Da sie alleine ohne ihren Mann unterwegs ist, gibt es auch keine Probleme hinsichtlich der Corona-Regeln. Außerdem ist die Aktion für die Altkatholikin eine Möglichkeit der spirituellen Selbsterfahrung. „Es muss ja nicht unbedingt der echte Jakobsweg sein“, sagt sie mit Blick auf die am Rucksack baumelnde  Jakobsmuschel. Unterwegs wird das Thema Corona dann zur Nebensache. „In der Natur kann man endlich den Kopf frei bekommen. Die Natur schert sich nicht um das, was da außenrum passiert.“

 Ricarda Holly beim Start 
 am Europadenkmal.

Ricarda Holly beim Start am Europadenkmal.

Foto: Tilman Holly
 Ricarda Holly wandert quer durch Deutschland. Hier geht es von Herforst in den Wald Richtung Arenrath.

Ricarda Holly wandert quer durch Deutschland. Hier geht es von Herforst in den Wald Richtung Arenrath.

Foto: Daniel John

Bei der Wanderung geht es auch nicht um sportliche Höchstleistungen. Wenn das Wetter zu schlecht oder der Rucksack zu schwer wird, dann sind zwischendurch auch ein paar Kilometer mit dem Auto erlaubt. Schließlich möchte die Wanderin den Strress ja bewusst hinter sich lassen und sich nicht unter Druck setzen. Denn letztlich ist der Weg das Ziel. Und das Erleben von Freiheit mitten im Lockdown.

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