Wandern „Nichts anderes in Deutschland, was vergleichbar schön wäre“

Manderscheid · „Wandermeister“ Manuel Andrack erzählt im Interview, warum er so gerne in der Vulkaneifel unterwegs ist.

 Blick vom Aussichtspunkt Belvedere am Manderscheider Burgenstieg auf Oberburg (vorne) und Niederburg (links dahinter).

Blick vom Aussichtspunkt Belvedere am Manderscheider Burgenstieg auf Oberburg (vorne) und Niederburg (links dahinter).

Foto: Gesundland Vulkaneifel/Dominik Ketz

(red) Anfang der 2000er wurde Manuel Andrack bekannt durch die Harald-Schmidt-Show. Und was macht er heute? Heute geht der sympathische Autor und Moderator wandern und kommt am ersten Juliwochenende nach Manderscheid (weitere Informationen zu den Tickets: siehe unten). Das Wanderparadies Gesundland Vulkaneifel und insbesondere die Gegend rund um Manderscheid mit dem Lieserpfad und dem Manderscheider Burgenstieg haben es dem „Wandermeister“ dabei ganz besonders angetan. Was ihn immer wieder dorthin zurückkehren lässt, was für ihn bei keiner Wanderung fehlen darf und welche HeimatSpur ihm ganz besonders gefallen hat, erzählt Manuel Andrack im Interview mit dem Gesundland Vulkaneifel.

Herr Andrack, ursprünglich sind Sie ja durch die Harald-Schmidt-Show bekannt geworden. Wie kamen Sie danach zum Wandern?

Manuel Andrack: Das war eigentlich gar kein Nacheinander, sondern ein Währenddessen. Beim Wandern bin ich gerne allein und hänge meinen Gedanken nach. Da kommen mir die besten Ideen. Das ist früher so und das hat sich auch bis heute nicht geändert. Wenn ich aktuelle Projekte habe und bei einem Kapitel nicht weiterkomme, dann gehe ich meist drei, vier Stunden wandern. Das hilft immer, den Knoten im Kopf zu lösen. Schon bei der Harald-Schmidt-Show, als ich ein junger Familienvater war und mir joggen zu langweilig wurde, bin ich Anfang der Nullerjahre zum Wandern gekommen. Sehr viele Ideen für die Show sind damals beim Wandern entstanden. Und diese Ideen hatten gar nichts mit Wandern zu tun oder mit dem Ort, wo ich gewandert bin. Ich habe mir dabei einfach Sachen ausgedacht und die am nächsten Morgen mit Harald Schmidt besprochen. So sind also wahrscheinlich viele schöne Sendungen von Harald Schmidt beim Wandern entstanden.

Seither schreiben Sie ja auch Bücher über Ihre Wandergeschichten, die Sie auch bei Lesungen vorstellen, wie zum Beispiel im Juli in Manderscheid. Was macht Wandern für Sie zu einem Event mit Unterhaltungsfaktor? Gab es eine konkrete Geschichte, die Sie dazu veranlasst hat, mit dem Schreiben loszulegen?

Manuel Andrack: Da war ich anfangs eher in der passiven Rolle. Als ich bekannter wurde mit der Harald-Schmidt-Show kam ein Verlag auf mich zu und meinte: Du musst mal ein Buch machen! Zu dem Zeitpunkt dachte ich mir, schreiben ist eigentlich nicht so mein Ding, aber ich bekomme das schon hin. Ich schreibe es einfach so, wie ich es jemandem auch mündlich erzählen würde. Der Verlag hatte an ein Fußballbuch gedacht, aber als ich denen eineinhalb Stunden lang von meinen Wanderabenteuern vorgeschwärmt habe, hat der Verlag gesagt: Gut, dann wird es halt ein Wanderbuch. Dabei habe ich gemerkt, dass das Schreiben schon mein Ding ist und die Recherche für mich gar keine Qual ist, sondern dass ich mit Lust und Laune dabei bin. Ich habe gemerkt, wie der Blick sich schärft für Bemerkenswertes am Wegesrand. Und dass es doch gar nicht so schwierig ist, diese Gedanken dann niederzuschreiben.

Neben Ihren Büchern schreiben Sie ja auch regelmäßig für Ihren Blog andrackblog.de. Darauf haben Sie auch schon über den Manderscheider Burgenstieg und über die HeimatSpuren berichtet. Im Juli werden Sie gemeinsam mit unseren Gästen über den Manderscheider Burgenstieg wandern, den Sie 2020 schon mal gegangen sind. Was hat Ihnen an dem Weg besonders gefallen?

Manuel Andrack: Um es pathetisch zu sagen: Einfach wieder in der Heimat zu sein. In Manderscheid habe ich sehr oft Urlaub gemacht und kannte mehr oder weniger alle Wege, die es da so gibt. Ich habe mich sehr gefreut, dass es mit dem Manderscheider Burgenstieg einen Weg gibt, der die beiden Burgen, dieses einmalige Ensemble, entsprechend in Szene setzt. Man hat immer wieder einen großartigen Ausblick auf die Burgen. Auch die Qualität des Weges selbst ist fantastisch. Dann macht es mir immer großen Spaß, solche Wege zu gehen. Unbekannt waren mir die Ecken nicht, aber ich freue mich, dass so ein schöner Rundweg daraus geworden ist.

Es hat Sie in der Vergangenheit ja schon oft nach Manderscheid, Bleckhausen und Umgebung gezogen. Was macht für Sie den Reiz der Gegend aus, dass Sie immer wieder dorthin zurückkehren?

Manuel Andrack: Das ist einfach diese ganz außergewöhnliche Landschaft. Als ich das Gesundland als solches noch gar nicht kannte, habe ich Manderscheid bewusst ausgewählt, weil auf der Wanderkarte des Eifelvereins dort viele Wanderwege zusammengelaufen sind. Da dachte ich mir: So verkehrt kann es da nicht sein. Die Kleine Kyll, noch spektakulärer die Wolfsschlucht, die beiden Burgen, auch den Mosenberg mit dem Windsborn Kratersee darf man in diesem Zuge nicht vergessen und das Eckfelder Maar…das alles hat es mir angetan. Früher war es so, wenn ich das Wort Geologie nur gelesen habe, habe ich schon angefangen zu gähnen. Aber seit ich Manderscheid kenne, habe ich mich selbst dafür interessiert. Und für den Vulkanismus, der diese Landschaft geprägt hat. Abgesehen davon habe ich viele Freunde gewonnen. Ich habe jahrelang Urlaub auf dem Kapellenhof gemacht. Wir waren die zweiten im Gästebuch von Familie Krämer. Mit denen habe ich heute noch Kontakt, genau so wie mit Tobias Stadtfeld von der Heidsmühle, wo ich öfter Auftritte gemacht habe. So ist Manderscheid für mich, wie auch Bleckhausen, zu einer zweiten Heimat geworden. Es ist die typische Landschaft mit den Maaren, den Trockenmaaren, mit den Schluchten, die Kleine Kyll, die Lieser … da fällt mir nichts anderes in Deutschland ein, was vergleichbar schön wäre.

Sehen Sie das Wandern denn eher als Genuss oder als Sport?

Manuel Andrack: Auf jeden Fall als Genuss. Beim Wandern geht es nicht um schneller oder weiter. Kein Mensch würde sagen: Ich bin den Manderscheider Burgenstieg heute in einer Stunde und 40 Minuten gelaufen, und morgen gehe ich ihn in 1 Stunde und 30 Minuten. Das wäre albern, denn dabei bekommt man gar nicht das mit, worum es beim Wandern eigentlich geht. An einem Aussichtspunkt innezuhalten und den Ausblick zu genießen, oder auf einer Bank am Wegesrand ein Picknick zu machen. Ich bin definitiv ein Genusswanderer.

Gehen Sie dabei denn eher so ins Blaue hinein wandern, nach dem Motto Rucksack geschnappt und los geht’s, oder sind Sie eher der Planer, der vorab Wetter, Route und Einkehrmöglichkeiten checkt?

Manuel Andrack: Ich bin der totale Planer. Ich schaue immer online nach dem Wetter. Ich gehe jeden Tag zwei Runden mit dem Hund. Heute habe ich dann die Entscheidung getroffen: Die größere Strecke gehe ich definitiv heute Nachmittag, denn dann ist es trocken vorhergesagt. Einkehrmöglichkeiten finde ich auch wichtig. Ich informiere mich immer über Ruhetage. Wenn man sich nämlich so richtig auf eine Einkehr gefreut hat und dann vor Ort feststellen muss, dass Ruhetag ist, ist das blöd. Es gibt auch Raststätten mit ganz komischen Ruhetagen. Da weiß man nie so genau. Daher schaue ich immer vorher, wann die Ruhetage entlang der Strecke sind. Davon abgesehen habe ich aber nicht viel dabei. Seit ich mich so intensiv mit wandern beschäftige – wieder, muss man ja sagen, denn ich bin als Kind ja schon viel gewandert – ist das Wegemanagement viel besser geworden. Damals gab es eigentlich nur die Wege von Wandervereinen. Doch in den letzten Jahren haben Premium- und Qualitätswanderwege und solche Angebote wie die HeimatSpuren eine neue Bedeutung gewonnen. Dadurch muss ich mir keinen Track aufs Handy laden und auch nicht mit einer Wanderkarte hantieren, sondern ich kann mich aufs Wesentliche konzentrieren: Auf meine Gedanken, auf die Gespräche mit den Mitwanderern und auf das, was die Landschaft so zu bieten hat. Deshalb finde ich es sehr angenehm, wenn ich dramaturgisch gut markierte Wege vorfinde. Schon bei der Preisverleihung von „Deutschlands schönstem Wanderweg“ habe ich mir vorgenommen, alle auf dem Treppchen platzierten Wege zu gehen. Und kurze Zeit später bin ich dann auf dem Manderscheider Burgenstieg unterwegs gewesen.

Was haben Sie beim Wandern denn immer dabei? Gibt es da etwas, wo Sie sagen: Ohne gehe ich nicht aus dem Haus!?

Manuel Andrack: So gefragt, gibt es da eigentlich nichts. Erstens bin ich ein totaler Gegner von Rucksackverpflegung. Ich kann Leute nicht verstehen, die sich auf den Weg machen, um einen neuen Wanderweg und eine neue Landschaft kennenzulernen und die dann das Leberwurstbrot rausholen, das sie sich zu Hause geschmiert haben. Wenn ich in einer anderen Gegend bin, dann möchte ich da doch die Gastronomie auch unterstützen, etwas wirklich Typisches finden, was für die Region steht. Etwas, das ich woanders nicht bekomme. Klar, wenn es im Sommer sehr heiß ist, sollte man sich in jedem Fall eine Flasche Wasser mitnehmen. Bei meiner neuen „Andrack-Jacke“ habe ich extra drauf geachtet, dass es eine so große Tasche gibt, dass man darin problemlos eine kleine Flasche Wasser mitnehmen kann – da braucht man dann gar keinen Rucksack. Und wenn ich weiß, dass ich unterwegs irgendwo Wasser trinken kann, dann bleibt sogar die Wasserflasche zu Hause. Ich hab‘ einfach gern den Rücken frei. Deswegen bin ich auch ein ganz großer Fan von Tagestouren. Ich habe noch nie den Spaß daran verstanden, mit tonnenschwerem Rucksack von Hütte zu Hütte zu wandern. Ich gehe lieber unbeschwert.

Was macht für Sie einen schönen Wanderweg aus, der Ihnen nachhaltig im Gedächtnis bleibt?

Manuel Andrack: Das sind diese schmalen Pfade, wo man nicht weiß: Was erwartet mich, wenn ich um die nächste Ecke biege? Wenn ich an einige Passagen des Lieserpfades denke, wenn man da geht, rechts ist der Felsen und links geht es steil runter, der Weg macht eine Rechtsbiegung um den Fels und ich sehe noch gar nicht, wie es danach weiter geht – herrlich! Als Kind habe ich das schon „spannende Wege“ genannt. Dieses Unvorhergesehene, dieses Abenteuerliche, diese Anmutung von Abenteuer macht für mich einen schönen Wanderweg aus.

Zu Zeiten von Corona liegt Wandern ja jetzt auch ganz besonders im Trend. Denken Sie, dass diese Faszination fürs Wandern bei den Menschen bleiben wird?

Manuel Andrack: Absolut, davon bin ich überzeugt. Wenn man die Leute begeistert, eben durch solche Wege wie den Manderscheider Burgenstieg, und die dann feststellen, dass Wandern viel interessanter ist, als sie sich das immer vorgestellt haben, dann bleiben diese Leute auch dabei. Anfang der 2010er Jahre hieß es medial: Wandern ist jetzt out. Das war aber nur die Langeweile der Journalisten, die eben immer etwas Neues brauchen. Die Leute, die durch die ganzen neuen Qualitäts- und Premiumwege zum Wandern gekommen sind, die sind auch dabeigeblieben. Deswegen verstehe ich auch die Kritiker nicht, die bemängeln, dass es jetzt noch mehr Wege wie zum Beispiel die HeimatSpuren gibt, die fragen: Brauchen wir noch mehr Premiumwanderwege? Ja, natürlich brauchen wir das! Weil die Leute, die seit Jahren wandern, auch etwas Neues erleben wollen. Ich bin vor zig Jahren mal mit dem Fahrrad durch Bad Bertrich gesaust auf dem Weg von Daun runter an die Mosel. Aber ich war da noch nie wandern. Und jetzt, wo ich da war, war ich total begeistert. Ich war auf der HeimatSpur Kurschattensteig unterwegs, und es hat mir ausgenommen gut gefallen. Gerade der Name dieses Weges erzeugt Aufmerksamkeit und Interesse. Diese neuen Angebote nutze ich schon sehr gerne.

Was fehlt Ihnen in der Corona-Pandemie denn am meisten? Wie hat sich die Pandemie auf Ihren Alltag ausgewirkt?

 Manuel Andrack kommt am 3. und 4. Juli nach Manderscheid.

Manuel Andrack kommt am 3. und 4. Juli nach Manderscheid.

Foto: Gesundland Vulkaneifel

Manuel Andrack: Seit über einem Jahr sind alle Wanderevents abgesagt worden. Erstaunlicherweise klappt sowas aber auch virtuell. Ich bin Kooperationspartner bei „Virtual Walkers“. Ich gehe da 10, 20 Kilometer wandern, und die Leute gehen da, wo sie eben gehen wollen, parallel zu mir und tauschen Erfahrungen aus. Am Ende gibt es auch eine Urkunde und eine Medaille. Ich staune, was heutzutage alles möglich ist. Gott sei Dank bin ich kein Sänger oder Musiker, der nur davon lebt, auf der Bühne zu stehen. Das habe ich zwar oft gemacht, aber es haben sich auch viele neue Sachen ergeben. Wandern ist ein Thema, das durch Corona nochmal einen Schub bekommen hat. Es ist fast das Einzige, was momentan nicht nur möglich ist, sondern sogar noch gegen eine Infektion hilft. Nämlich: draußen sein. Wenn man in ordentlichem Tempo den Burgenstieg geht, dabei vielleicht auch mal außer Atem kommt, dann hat man auch richtig was für seine Gesundheit und die Lunge getan. Dadurch wird man vielleicht auch nochmal resistenter gegen das Virus. Deswegen ist die Nachfrage gerade groß nach einem Wanderexperten. Mit dem Verkehrsverbund Trier habe ich jetzt eine Broschüre gemacht. Kurze Touren unter 10 Kilometer, das war die Vorgabe – der Manderscheider Burgenstieg ist auch dabei. Solche Wege sind auch gerade für Neueinsteiger, die durch Corona das Wandern entdeckt haben, oder für Familien mit Kindern richtig gut geeignet. Ich sehe mich zwar nicht als Coronagewinner, das Interesse am Wandern ist durch Corona aber deutlich gestiegen und das freut mich natürlich.

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