Unsere Vereine Eine abgebrannte Krippe – und jede Menge neue

Klüsserath · Im Weinort Klüsserath werden sich schon manche Sommertouristen verwundert die Augen gerieben haben, als sie bei 30 Grad im Schatten die lange Hauptstraße entlangzogen und plötzlich vor dem Schild „Haus der Krippen – Museum geöffnet“ standen.

Sie mögen es gesellig: einige Klüsserather Mitglieder der Krippenfreunde. Viele sind schon seit Jahrzehnten dabei.

Sie mögen es gesellig: einige Klüsserather Mitglieder der Krippenfreunde. Viele sind schon seit Jahrzehnten dabei.

Foto: Friedhelm Knopp

Ist hier an der Mittelmosel das ganze Jahr über Weihnachten? Die Antwort lautet: ja und nein. Nein, wenn der heute übliche Weihnachtsrummel mit wochenlanger Verkaufsschlacht gemeint ist. Ja, wenn es um die Ursprünge der Weihnachtsgeschichte mit dem Stall zu Bethlehem geht. Weltweit wird an sie auf Gemälden, durch kunstvolle Großplastiken der Heiligen Familie oder in kleinen dreidimensionalen Darstellungen erinnert – der klassischen Weihnachtskrippe. Der Verein Klüsserather Krippenfreunde hat es sich zur kulturellen Aufgabe gemacht, die alte Volkskunst des Krippenbaus zu erhalten und zu fördern. „Mit dem, was heute meist unter ,Weihnachtsfest‘ verstanden wird, hat das aber nichts zu tun“, erklären die Vorsitzende Pia Madert und Klaus Porten, Mitgründer des Vereins. In der Vereinsarbeit sehe man auch einen Verkündungsauftrag, die christliche Weihnacht wieder in die Familie zu bringen.

Aber wie entsteht in einem Ort mit rund 1200 Einwohnern ein so ungewöhnlicher Verein, der sogar ein aufwändiges und sehenswertes Museum betreibt? Antwort: Den Anstoß gab im Jahr 1976 ein Brandunglück in der Pfarrkirche Rosenkranzkönigin. Vereinsgründer Porten, der danach 20 Jahre lang den Vorsitz innehatte, erinnert sich: „Damals brannte im Dezember die große Weihnachtskrippe in der Pfarrkirche komplett ab. Zu retten war da nichts mehr, und da habe ich dem damaligen Pfarrer Anton Kirstein beim Aufbau einer neuen Krippe geholfen.“ Dabei scheint Porten ein gutes „Händchen“ bewiesen zu haben – jedenfalls nahm ihn der Pfarrer 1979 zum Weltkrippenkongress nach Nürnberg mit, zu dem der Verband Bayerischer Krippenfreunde geladen hatte. Dort lernte Porten unter anderen den Bildhauer Ludwig Vogele kennen, bei dem er später das Figurenschnitzen erlernte. Auch kam er in Kontakt mit dem Verband der Krippenfreunde Österreichs, über den er dann in Innsbruck eine Ausbildung zum Krippenbaumeister absolvierte. Im April 1982 wurde der Verein Klüsserather Krippenfreunde gegründet. Er erhielt von Anfang an große Unterstützung aus Bayern und Österreich. Ab 1982 folgten die jährlichen Ausstellungen, zunächst im Pfarrheim, später in der Grundschule. Hinzu kommen mittlerweile auch Sonderausstellungen. Ein Ausstellung im Kloster Macherne an der Mosel ist bis Februar 2019 zu sehen.

Doch es blieb nicht bei den Ausstellungen. Dazu erläutert die Vorsitzende Madert: „Seit 1990 betreiben wir unsere eigene Krippenschule in Klüsserath im Auftrag des bayerischen Verbands.“ Die Angebote in Zusammenarbeit mit der katholischen Erwachsenenbildung umfassen Kurse für Krippenbau, Hintergrundmalerei, Figurenschnitzen, Beleuchtung und vieles mehr. Außerdem bietet der Verein Kursleiterlehrgänge an. Die Absolventen erwerben den Titel „Krippenbaumeister“. Madert betont: „Dazu muss gesagt werden, dass dies alles ehrenamtlich geleistet wird. Für Angestellte würden uns die Mittel fehlen.“

Heute zählt der Verein über 300 Mitglieder, von denen aber nur noch zehn Prozent aus Klüsserath stammen. Das Gros der Mitglieder ist verstreut auf Rheinland-Pfalz, Saarland, Luxemburg, Nordrhein-Westfalen, Hessen, Schleswig-Holstein, Baden-Württemberg, Bayern und Österreich. Bekanntestes Mitglied ist der Bischof von Regensburg, Rudolf Voderholzer. Während seiner Zeit als Professor an der Theologischen Fakultät Trier lebte er in Kasel und hat den Verein von Beginn an unterstützt.

Das sagen drei Krippenbauerinnen

Die Weihnachtsgeschichte kunstvoll darzustellen, das ist schon lange die Passion von Lotti Dien­hart (68). Nunmehr seit 19 Jahren baut die Klüsseratherin eigene Weihnachtskrippen. Kein Wunder, dass sie sich seitdem mit ihren Ideen auch im Verein einbringt. Und es sei nicht nur der Krippenbau, sagt Dienhart: „Unser Verein ist einfach eine sehr schöne Gemeinschaft.“

„Mein Mann Josef und ich hatten schon immer Freude am Krippenbauen. Deshalb haben wir hier beim Verein mal einen Kursus besucht“, sagt Beate Chätter (57) aus Schweich-Issel. „Danach sind wir dem Verein beigetreten. Wir haben inzwischen schon mehrere Krippen gebaut und auch öffentlich präsentiert. Eine davon steht in diesem Jahr in der Kinderstation des Klinikums Mutterhaus.“

Zu den Mitgliedern der ersten Stunde zählen die Klüsserather Gertrud Illigen (67) und Ehemann Norbert. Gemeinsame Leidenschaft ist der Krippenbau. „Dieser Verein ist eine schöne Gemeinschaft, und auch mit dem Krippenmuseum bin ich sehr verwurzelt, denn ich wohne direkt in der Nachbarschaft und habe die Entstehung unmittelbar miterleben können“, sagt Illigen.

Das Haus der Krippen

Der zentrale Punkt des Vereins ist das Haus der Krippen an der Klüsserather Hauptstraße 83. Sein Bau glich einem Kraftakt. Klaus Porten: „Das über 300 Jahre alte Winzerhaus war total baufällig, der Denkmalschutz war aufgehoben, und es lag eine Abrissverfügung der Bauverwaltung vor. Der Verein hat das Anwesen dann bei einer gerichtlichen Zwangsversteigerung erworben, wobei die Abrissverfügung weiter galt. Nach langem Hin- und Her begann Vereinsmitglied und Architekt Ferdi Saßmann aus Kall bei Euskirchen mit der Planung. Im Januar 2008 starteten wir in Eigenleistung mit dem Teilabriss und dem Neubau. Im Januar 2008 folgte die Einweihung.“ Das Schwierigste sei die Finanzierung des 500 000 Euro teuren Projekts gewesen, erklärt die Vorsitzende Pia Madert. Zum Glück habe man politische Unterstützung erhalten – das Projekt sei von Mainz als „Alleinstellungsmerkmal“ für das Land eingestuft worden. Zwei Drittel der Kosten habe Mainz übernommen, der Rest der Verein. Hinzu sei die allein vom Verein finanzierte Innenausstattung gekommen. Auf über 300 Quadratmetern ist mit über 90 Exponaten eine vielfältige Krippensammlung zu sehen. Die meisten befinden sich in eindrucksvollen Dioramen hinter Glas. Die Besucher reisen heute von weither an. Porten: „Den größten Zulauf haben wir natürlich in der Weihnachtszeit. Da sind auch schon mal Firmen dabei, die den Museumsbesuch in ihre Weihnachtsfeier einbinden.“ Und er sagt auch: „Ohne die Eigenleistung der Mitglieder, ohne die hervorragende Zusammenarbeit aller und die Hilfe des Landes wäre das nicht möglich gewesen.“

Das Museum ist ganzjährig freitags bis sonntags von 14 bis 18 Uhr geöffnet, von Advent bis 2. Februar täglich außer montags. Geschlossen ist das Museum vom 3. Februar bis Karfreitag.

Gesonderte Öffnungszeiten für Gruppen und Führungen sind auf Anfrage möglich. Das Museum ist barrierefrei zugänglich.

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