Hintergrund Tipps für einen insektenfreundlichen Garten

Region · Damit sich Falter, Hummel, Biene und Co. wohlfühlen, müssen Gartenbesitzer einige Dinge beachten. Die Woch erklärt, welche.

 Ein Zitronenfalter findet im Ziest Nektar.

Ein Zitronenfalter findet im Ziest Nektar.

Foto: Kathrin Hofmeister

Ein reiches Angebot an Nektar- und Pollenpflanzen sichert die Nahrungsgrundlage. Nimmt man das Beispiel der Bienen ist Pollen die eiweißreiche Nahrung für den Direktverzehr, aber mehr noch Futter für die Brut. Nektar könnte man als Flugbenzin bezeichnen. Viele Insekten trinken ihn als Kraftstoff und um Flüssigkeit aufzunehmen. Wird er gesammelt, geschieht dies meist in eingedickter Form zur Befruchtung der Brutzellen und ernährt wie bei den Honigbienen die Nachkommen.

Blühende Bäume und Sträucher sind dabei in der Anzahl ihrer Blüten besonders ergiebig. Der Hausbaum, wie die Linde in alten Höfen, ist Gold wert. Apfelbäume, Pflaumen und Birnen, wie man sie auf Streuobstwiesen in der Region findet, sichern das Überleben. In Reihenhausgärten braucht es die wertvollen Gehölze in einem anderen Format. Das gibt es mit Spindel- und Spalierobstbäumen und kleinkronigen Varianten. Ein Kugel-Ahorn beispielsweise liefert reichlich Insektennahrung ohne den Rahmen eines Vorgartens zu sprengen. Ein gartenwürdiges Pendant zum Weißdorn ist der Apfeldorn Carrierei. Für einen Schmetterlingsstrauch oder noch eine Nummer kleiner, die Sommerspiere, ist überall Platz.

Mit einem Heckenband lässt sich die für Insekten gedeckte Tafel an der Gartengrenze fortsetzen. Schließt sich zur eigenen Gartenseite noch ein Saum mit Wildkräutern an, ist das Blütenbüfett perfekt. Wildsträucherhecken mit Holunder, Kornelkirsche und Wildrosen zählen zu den wertvollsten Biotopen. Doch auch unter den Ziergehölzen finden sich genügend Alternativen zu Sträuchern, die wie Forsythien hauptsächlich für den Gärtner schön sind. Bei der Auswahl einer insektenfreundlichen Blütenhecke helfen Fachbetriebe. Zum Teil werden bereits fertige Pakete für eine Schmetterlingshecke angeboten. Der Handel hat auf das vieldiskutierte Thema Bienensterben reagiert.

Insektenfreundliche Pflanzen kennzeichnet immer häufiger ein Verweis auf dem Blumentopf oder Pflanzenschild. Tatsächlich gibt es ganze Pflanzenfamilien auf die Insekten im wahrsten Sinn des Wortes fliegen. Lippenblütler wie Salbei, Katzenminze oder Thymian stehen ganz oben auf der Beliebtheitsliste. Korbblütler wie Astern bieten die perfekte Landefläche und ihren Lebenssaft unverblümt an. Ebenso beliebt sind Doldenblütler wie Dill, Fenchel oder Möhren. Im Küchengarten ist es daher sinnvoll, Gemüse für Käfer & Co. auch einmal in Blüte gehen zu lassen. In die Rachenblüten eines Fingerhuts müssen Insekten erst reinkriechen. Für Schmetterlingsblütler wie Wicken braucht es einen langen Rüssel. Insekten lernen, auch bei komplizierten Blüten den Weg zum Nektar zu finden. Dieses Wissen können sie bei Neueinführungen anwenden. Im insektenfreundlichen Garten braucht es deshalb nicht nur heimische Pflanzen. Viel entscheidender ist es, ob fremde Pflanzen nahe Verwandte aus der heimischen Flora haben. Die Duftnessel, auch als Korea-Minze bekannt, stammt aus Asien und ist ein absoluter Insektenmagnet.

Möglichst viele ungefüllte Blüten könnte ein Grundsatz lauten. Meist haben züchterisch stark bearbeitete Sorten gegenüber Wildarten weniger bis nichts an Nektar und Pollen zu bieten. Sonnenblumen beispielsweise sind auf Pollenfreiheit ausgelesen worden. Was Allergiker freut, lässt Insekten im Regen stehen. Besonders mager ist das Nahrungsangebot bei Sommerflor. Aber auch hier hat der Markt reagiert. Unter die Top-Balkonpflanzen des Jahres wurde mit Zweizahn Hummelkönig und einer Ringelblume bienenfreundlicher Flor gewählt. Schwebfliegen kann man an Männertreu oder der Fächerblume beobachten.

Auf Balkon und Terrasse gibt es aber noch mehr Möglichkeiten Insekten anzulocken. Man kann Kästen und Töpfe mit blühenden Kräutern wie Strauch-Basilikum oder Oregano füllen. Sogar die Aussaat einer Blumenwiesenmischung für eine Saison ist möglich.

Das kontinuierliche Blütenangebot spielt eine entscheidende Rolle, um das Überleben der Insekten zu sichern. Blumen werden besonders wichtig, wenn die üblichen Trachtpflanzen wie Apfel, Linde und Raps vorbei sind. Im Frühling eröffnen Zwiebelblumen die Saison. Hummelköniginnen fliegen bereits bei wenigen Grad Celsius über Null. Dann sind sie froh in Winterlingen und Krokussen eine erste Anlaufstelle zu finden. Die Efeu-Seidenbiene dagegen wird erst spät ab September aktiv. Sie hat sich auf Efeu spezialisiert, dessen blühende Altform im Herbst mit der Blüte beginnt und zu den besten Nahrungsquellen zählt. In vielen Gärten tut sich ab dem Spätsommer eine Blütenlücke auf. Gerade dann ist das Blumenangebot enorm wichtig. Zum Glück gibt es mit Sonnenhüten und Fetthennen schöne Spätblüher. Die Blütenpflanzen sind für Insekten aber nicht nur zur Blütezeit interessant.

Samen- und Fruchtstände bieten Unterschlupf. Den Herbstputz sollte man deshalb nach Möglichkeit aufs Frühjahr verschieben und nicht alles Verblühte sofort abschneiden. Mit Raureif haben die winterlicher Pflanzensilhouetten sogar einen ästhetischen Reiz. Das gilt ganz besonders für Gräser. Im trockenen Nest aus Halmen suchen Insekten Zuflucht. So findet man im Wurzelfilz einer Wald-Marbel immer wieder Hummelnester.

Nistmöglichkeiten sind im insektenfreundlichen Garten genauso wichtig, wie das Nahrungsangebot. Drei Viertel der heimischen Wildbienenarten nisten im Erdboden. Sie brauchen für ihre Nester offene und sonnige Stellen. Keiner muss sich also mehr über den lückigen Rasen ärgern. Bodenflächen mit schütterem Bewuchs sind ideal für viele Insekten. Alle nicht versiegelten Flächen helfen den bedrohten Arten. Werden Grundstückzufahrten als Schotterrasen angelegt, sprießt das Leben. Heiß begehrt sind sandgefüllte Fugen zwischen Pflastersteinen. Manche Nützlinge wählen noch kuriosere Behausungen. So bewohnt die Mauerbiene leere Schneckenhäuser. Blattschneiderbienen schneiden sich aus Blütenblättern ovale Stücke zurecht, rollen sie, einem Schlafsack gleich ein, verpacken darin ihre Eier samt Nahrung für die Brut und verstecken die verschlossenen Röhrchen in Mauerritzen. Natursteinmauern bieten mit ihren Fugenritzen aber nicht nur Siedlungsraum. Sie speichern Wärme und erlauben es den wärmeliebenden Insekten sich aufzuwärmen.

Totholz gehört zu den beliebtesten Wohn- und Nistgelegenheiten. Teile von Stämmen ergeben eine Beetumrandung. Astmaterial lässt sich in wilderen Gartenpartien zu Totholzhaufen aufschichten. Muss ein Baum im Garten gefällt werden, kann man das wertvolle Holz gleich als Siedlungsraum einsetzen. Es ist interessant zu beobachten, wie die mehrfüßigen Mieter kommen und gehen: Erst quartieren sich Käfer ein. Ihre verlassenen Fraßgänge nutzen anschließend Wildbienen wie Scheren- und Sandbienen. Verfällt das Holz schließlich zu Mulm, fühlen sich Holzbienen richtig wohl. Insekten, denen es in solchen Behausungen gefällt, kann man auch Nisthilfen anbieten.

Insektenhotels gibt es mittlerweile in allen möglichen Ausführungen. Doch nicht alle sind für Insekten wirklich nützlich. Verwendet man Lochziegel, eignen sich nur spezielle Formen. Leerstand herrscht in solchen mit großen Hohlräumen. Es sei denn, man nutzt sie um markhaltige Stängel von Holunder, Königskerze und Himbeere hinein zu schichten. Auch hohle Pflanzenstängel von Bambus oder Ampfer sind hilfreich, sollten aber immer hinter einem verdickten Knoten abgeschnitten sein, damit das hintere Ende verschlossen ist. Wer selber Hand anlegt und gut abgelagerte Holzblöcke aus Buche, Birke oder Eiche zum Insekten-Wohnraum umbaut, sollte darauf achten, dass nicht ins Stirnholz gebohrt wird. Bohrlöcher müssen auf der Rindenseite, senkrecht zur Maserung ins Längsholz gebohrt werden. Sonst bilden sich Risse, Feuchtigkeit dringt leichter ein und die Brut kann verschimmeln. Die Bohrlöcher sollten fünf bis zehn Zentimeter tief und zwei bis neun Millimeter breit sein. Aufgestellt werden die Häuschen in Südost-Ausrichtung. Ein Gitter schützt vor Vögeln.

Wasser darf im insektenfreundlichen Garten nicht fehlen. Der Teich ist ein Tummelplatz für Libellen und andere Nützlinge. Wo der Platz für eine größere Wasserstelle nicht ausreicht, tut es auch eine Wasserschale. Wespen, die als Polizei im Garten für Ordnung sorgen, nutzen die Oberflächenspannung des Wassers und lassen sich direkt darauf nieder. Andere Insekten sind dankbar um Ein- und Ausstiegsmöglichkeiten. Dazu kann man ein paar Steine in die Wassertränke legen. Gesammelte Muscheln vom letzten Urlaub am Meer oder andere Fundstücke, die man gerne im Garten ausstellen will, finden so gleich eine sinnvolle Verwendung. Das Wasser sollte man regelmäßig reinigen, vor allem bei warmer Witterung. Insekten trinken das erfrischende Nass nicht nur als Durstlöscher. Sie brauchen es wie die Maurer zum Mörtelmischen für den Nestbau. Einen Unterschlupf zu finden, wird für überwinternde Insekten ein Problem, wenn die Gärten vor dem Winter penibel gesäubert werden. Im insektenfreundlichen Garten darf ruhig viel stehen und liegen bleiben.

Laubhaufen beispielsweise sind ein wichtiger Unterschlupf für viele Tiere, darunter auch Marienkäfer. Sie gehören zu den besten Blattlausvertilgern. Denn nicht alle Insekten sind Nützlinge. Und nicht immer sind Hain-Schwebfliegen zur Stelle, die bis zu ihrer Verpuppung bis zu 500 Blattläuse vertilgt haben. Wird man der Plage mit dem Wasserstrahl nicht Herr, kann man zu Bio-Spritzmitteln greifen.

Dass Insektenvernichtungsmittel im insektenfreundlichen Garten tabu sind, erklärt sich von selbst. Ein Großteil der chemischen Mittel ist für Privatgärten ohnehin verboten. Welche Spritzmittel im Hausgarten zugelassen sind, erfährt man auf www.pflanzenschutz-hausgarten.de. Übrigens sind auch vermeintliche Hausmittelchen wie Essigreiniger zur Bekämpfung von Unkraut auf Stellflächen und Wegen nicht erlaubt. Und was ist eigentlich Unkraut?

 In einfach blühenden Rosen wie der Sorte Mozart finden Insekten Nahrung, anders als in gefüllten Blüten.

In einfach blühenden Rosen wie der Sorte Mozart finden Insekten Nahrung, anders als in gefüllten Blüten.

Foto: Kathrin Hofmeister
 Totholz im Garten bietet Insekten Unterschlupf.

Totholz im Garten bietet Insekten Unterschlupf.

Foto: Kathrin Hofmeister
 Auf Schotterflächen, wie hier an der Terrasse können sich Wildblumen vermehren.

Auf Schotterflächen, wie hier an der Terrasse können sich Wildblumen vermehren.

Foto: Kathrin Hofmeister
 Wasser ist Leben. Im Garten kann es mit einem ruhigen Wasserlauf und Steinbett attraktiv gestaltet werden, wie das Beispiel auf der diesjährigen BUGA in Heilbronn zeigt.

Wasser ist Leben. Im Garten kann es mit einem ruhigen Wasserlauf und Steinbett attraktiv gestaltet werden, wie das Beispiel auf der diesjährigen BUGA in Heilbronn zeigt.

Foto: Kathrin Hofmeister

Aus Sicht der Schmetterlinge wird die Brennnessel zur lebensnotwendigen Futterpflanze für ihre Raupen. So gibt es viele Wildpflanzen, die Insektenleben retten. Für solche Gewächse bietet sich ein Blühstreifen oder noch besser eine Wildwiese am Gartenzaun an.

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