Herkunft Mehr Geschichten hinter lustigen Ortsnamen

Region  · Ob Oberlauch und Dünfus auf schlanke Bewohner hinweisen, wie Körperich sein ICH verkörpert, ob es Tiere in Thiergarten gibt und wo Neu-Afrika liegt.

 Waldkönigen liegt im Wald, und die Straßen des Dauner Stadtteils sind nach Baumarten benannt.

Waldkönigen liegt im Wald, und die Straßen des Dauner Stadtteils sind nach Baumarten benannt.

Foto: TV/Foto: Meike Welling

Eschen, Kiefern, Ahorn, Erlen, Buchen, Fichten, Eichen, Akazien und Birken schmücken die Straßennamen des Ortes Waldkönigen (Landkreis Vulkaneifel). „Im Laufe der Gemeindereform, als 1972 alle vormals eigenständigen Dörfer zu Dauner Stadtteilen gemacht wurden, benannte man viele Straßen hier nach Bäumen“, weiß Alois Mayer (78), der über 40 Jahre lang Lehrer in Daun war. So wurde ein symbolischer Bezug zum Ortsnamen hergestellt. Woher dieser selbst kommt, besagt eine Legende, die man sich in der Bevölkerung erzählt: Ein König habe in seinem Jagdschloss in der Flur mit dem Namen ‚Pintegarten‘ gelebt. Alois Maier aber weiß: Die erste schriftliche Beurkundung und Nennung des Ortes Waldkönigen ist um einiges älter. Sie stamme aus dem Jahr 1368 – damals habe man den Ort aber noch ‚Waltkuning‘ geschrieben. Ortsnamenforscher würden vermuten, dass die Anfänge von Waldkönigen wahrscheinlich sogar bis ins 6. Jahrhundert zurückreichen, als die germanisch-fränkischen Volksstämme in die von den Römern verlassene Eifel eindrangen und sich siedelnd niederließen. „Waldkönigen wäre demnach eine Familiensippe unter ihrem Anführer Waltheri gewesen, die sich dort im Angesicht des Ernstberges häuslich niederließ“, schätzt Mayer.

Passende Straßen zum eigenen Ortsnamen kann Oberlauch (Eifelkreis Bitburg-Prüm) nicht vorweisen. Auch die Gemüse-Verbindung mit dem 13 Kilometer entfernten Sellerich gebe es nicht und die in der Jugendsprache neuerdings verwendete Bezeichnung „Lauch“, sei mit schlaksigen Jungs aus dem Dorf noch nicht verknüpft worden, denkt Ortsbürgermeister Arno Meyer. Als Schüler habe er zwar die Lage des Orts auch als „zwischen Schnittlauch und Knoblauch liegend“ benannt, das sei aber nicht unbedingt zum „Running Gag“ geworden. „Im Moselfränkischen nennt man den Ort sowieso meist nur ‚Louch‘“, sagt Meyer.

Die Erklärung, dass im heimischen Platt der Ortsname ganz anders ausgesprochen wird und somit auch andere Assoziationen hervorruft als bei Zugezogenen, gibt auch Marcus Cortnum aus Dünfus (Landkreis Cochem-Zell). Der Ortsbürgermeister sagt: „Wenn jemand anruft, der von über 50 Kilometer weit weg kommt, lacht der kurz und schreibt den Ort dann auch mal mit scharfem S. Aber hier im Ort und bei den Nachbardörfern fällt gar nicht auf, dass der Name lustig klingt – auch weil wir ihn eigentlich Dimmes nennen.“ Sprachhistorisch ist der Name wohl aus dem keltischen abgeleitet und bedeutet so viel wie „Befestigung am Bach“.

Den Dünfusern fällt gar nicht auf, dass ihr Ortsname lustig klingt – auch weil sie ihn im Platt einfach Dimmes nennen. Das zeigt auch dieses Karnevalsschild ihres Junggesellenvereins.

Den Dünfusern fällt gar nicht auf, dass ihr Ortsname lustig klingt – auch weil sie ihn im Platt einfach Dimmes nennen. Das zeigt auch dieses Karnevalsschild ihres Junggesellenvereins.

Foto: TV/Privat

Ignorieren, dass der Name seines Heimatortes für andere lustig klingt, kann Ortsbürgermeister Andreas Beiling aus Oberbillig (Kreis Trier-Saarburg) nicht. „Auch heute erhalten wir Anfragen von unterschiedlichen Medien zu unserem Ortsnamen. Wie zum Beispiel von Pro7 Galileo.“ Das Fernsehteam hat in seinem Beitrag 2017 zwar keinen ober-billigen Wein gefunden, aber ober-nette Ortsbewohner getroffen. Auch die WELT und die Jugendzeitschrift Geolino hätten schon über den Ortsnamen berichtet und der Onlinehändler billig.de habe hier einen Werbeclip gedreht, so der Ortsbürgermeister. Den Ursprung des Ortsnamens finde man im Mittelalter. Die im Bereich der Sauermündung gelegene Ansiedlung, die sich auf beiden Moselufern auch östlich der Sauer ausdehnte, wurde vermutlich nach einem Pilliche oder Biliacus benannt. „Bald wurde zur Unterscheidung zum linksseitige Hauptort Wasserpillich (Wasserbillig) der auf der rechten Moselseite höher gelegene Ortsteil Overbilliche genannt“, sagt Andreas Beiling. Ob der Ort auch etwas mit dem 38 Kilometer entfernten Scharfbillig im Bitburger Land zu tun hat, bleibt vorerst ein Rätsel.

Leserin Magdalene Sixel aus Bausendorf ergänzt hierzu nach Erscheinen unserers Artikels: „Bei einer sehr guten Führung in dem kleinen Museum Wederath-Belginum bei Morbach habe ich gelernt, dass der Name -billig von dem in unserer Region ansässigen Stamm der Belger (lat. belgae) abstammt. Das erklärt auch, weshalb Orte mit dem Namensbestandteil -billig relativ weit auseinander liegen (Welschbillig, Wasserbillig, Scharfbillig, Oberbillig....)“. Es gibt also mehrere Theorien.

Der Ort Körperich hat einen neunen Slogan entworfen, der mit dem besonderen Ortsnamen spielt.

Der Ort Körperich hat einen neunen Slogan entworfen, der mit dem besonderen Ortsnamen spielt.

Foto: TV/Dieter Nusbaum/Petra Bratsch

 Eine besonders körperbetonte Auslegung des eigenen Selbst haben die Körpericher (Eifelkreis Bitburg-Prüm) nicht. „Zumindest haben wir den Namen nie so ausgelegt, dass er etwas mit Körper zu tun hat“, sagt die Körpericherin Petra Bratsch. Mit dem Wort spielen sie aber dennoch. Gerade erst hat sie in Zusammenarbeit mit dem aus Körperich stammenden Künstler Dieter Nusbaum ein neues Logo mit Slogan entworfen, der den Ortsnamen und das „ich“ in die Aufmerksamkeit rückt (siehe Foto).

 Ein Schelm, wer hier an Drogen denkt. Breit ist in Breit sowieso wenig, am wenigsten die Straßen. Doch die Breiter Eiche wird auch Kugelbaum genannt – weil sie mit bald 200 Jahren so breit wie hoch ist.

Ein Schelm, wer hier an Drogen denkt. Breit ist in Breit sowieso wenig, am wenigsten die Straßen. Doch die Breiter Eiche wird auch Kugelbaum genannt – weil sie mit bald 200 Jahren so breit wie hoch ist.

Foto: TV/Christine Paulußen

Wenn jemand nicht weiß, wie er ihren Wohnort schreiben soll, antwortet Christine Paulußen gerne einmal „Breit wie schmal“. Im 315-Einwohner-Ort Breit (Landkreis Bernkastel-Wittlich) sind die Straßen eher schmal – findet die Ortsbürgermeisterin. „Das merken wir momentan schmerzlich, da durch unser Dorf über die Hauptstraße der Auto- und Schwerverkehr rollt“, so Paulußen. Im Begegnungsverkehr hätten einige Bäume der Straßenbepflanzung auch schon mal Äste lassen müssen. Das Dorf hätte dieses Jahr seinen 800. Geburtstag feiern sollen und dafür extra ein Logo entwickelt. Darauf zu sehen ist – wie auch im alten Wappen des Orts – eine zweihundert Jahre alte Eiche, das Wahrzeichen der Gegend. Sie thront auf einem Hügel über dem Ort und ist so breit, dass sie auch Kugelbaum genannt wird.

Thiergarten (Landkreis Bernkastel-Wittlich), heute Ortsteil der Gemeinde Malborn, hieß im 15. Jahrhundert Wüstenbrühl, sagt der Malborner Hermann Arend vom Kulturhistorischen Verein der Ortsgemeinde Malborn. Aus der Ortschronik weiß er: „In einem Tauschvertrag von 1587 gaben die Jesuiten Wüstenbrühl mit Kapelle, Scheune, Stallungen, Ländereien, 1125 trierische Thaler und 25 Stück Rindvieh sowie 200 Schafe ab“. Auch 1817 sei die Viehhaltung des Orts noch einmal schriftlich vermerkt. „Hier ist ein klarer Bezug zur Tiernutzung auf dem Hofgut als Einkommensquelle und damit zur Namensgebung Thiergarten festzustellen“, so Arend. Ortsvorsteher Klaus-Dieter Lauer sagt: „Heute gibt es meines Wissens nach keinen Tiergarten mehr in Thiergarten.“

Scheidchen gehört zur Streusiedlung Lauperath im Eifelkreis Bitburg-Prüm. Direkt daneben liegt Hölzchen, das wiederum ist ein Ortsteil der Gemeinde Arzfeld ist. Zudem liegt Am Wässerchen 15 Kilometer entfernt.
Walter Ewertz aus Arzfeld ist im Geschichtsverein Prümer Land aktiv und geht davon aus, dass der Ortsname Hölzchen früher für ein kleines Waldstück stand. Und bei Am Wässerchen, das tatsächlich an einem Bach liegt, wird heute unter anderem Mirabellen- und Zwetschgenwasser hergestellt.

Das Weiler Neuafrika ist eigentlich nur eine Straße bei Kruchten (Eifelkreis Bitburg-Prüm). Sie hat ihren Namen von einem einzelnen Hof, zu dem man sich im Ort folgende Geschichte erzählt, sagt der 89-jährige Heimatbuch-Autor Viktor Marbach:
„Um 1870 etwa wollte eine Familie aus dem Ort nach Südafrika auswandern. Sie kam aber nur bis zum Hafen in Antwerpen. Dort hatte die arme Eifelfamilie nicht genug Geld für die Überfahrt. So musste sie wieder in die Heimat zurück – seitdem nannte man ihren Hof Neu-Afrika.“ Viktor Marbach wohnt selbst nur 100 Meter entfernt von der Straße.

Hier eine Liste weiterer spannender Namen, deren Herkunftsgeheimnis die Woch hier nicht lüften konnte (viele Orte geben aber Erklärungen auf ihren Webseiten):

Irrhausen, Damflos, Bescheid, Krautscheid, Brandscheid, Feuerscheid, Betteldorf, Vierherrenborn, Daleiden, Nusbaum, Hermeskeil, Koxhausen, Scheitenkorb, Oberehe-Stroheich, Dingdorf, Gaymühle, Leidenborn, Gesotz, Ellwerath, Wenigerath, Malbergweich, Sefferweich und viele mehr.
Die Geschichten aus Nasingen, Rom und Jucken lesen Sie in Teil 1.

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