Bibliotheken Einblick zwischen die Zeilen

Wittlich ·   Das Gebäude in der Schloßstraße in Wittlich ist ein mehrgeschossiges, aber offenes Haus. Seit 1993 ist es für Besucher geöffnet und diese nutzen das Angebot gerne. 100 000 Gäste kommen jährlich in die Bücherei, die Auswahl reicht von Sachbüchern, Belletristik, Kinderbüchern, Zeitungen und Zeitschriften hin zu Hörbüchern und vielem mehr.

  Elke Scheid leitet die Stadtbibliothek Wittlich.

Elke Scheid leitet die Stadtbibliothek Wittlich.

Foto: Alina Hansen

85 000 Medien finden sich hier, die Ausleihzahlen belaufen sich auf rund 350 000 im Jahr.

Elke Scheid leitet das Haus seit der Eröffnung. Studiert und gelernt hat sie in Berlin. In der Amerika-Gedenkbibliothek, der größten öffentlichen Bücherei der Stadt, hat sie gearbeitet. Damals sei ihre Arbeit noch ausschließlich auf Bücher und Zeitungen zugeschnitten gewesen. Jetzt ist sie seit vielen Jahren in Wittlich.

„Wir versuchen immer am Zahn der Zeit zu sein“ – und so bemüht sie sich in Wittlich darum, die aktuellen Medien abzubilden. Waren das in den 90er Jahren noch Hörspiel- und Videokassetten, stieg man zeitig auf CDs und andere Datenträger um. Viele Menschen leihen heute noch physische Medien aus. „Wir haben kaum Rückgang in der Ausleihe von Büchern gemerkt, eher sind die Zahlen noch gestiegen“, erzählt Elke Scheid.

Eine Wandlung in der Nutzung hat die Leiterin aber im Laufe der Jahre bemerkt. „Unsere Gäste verbringen heute viel Zeit bei uns.“ Oft blieben die Menschen nicht nur eine halbe Stunde hier um ein Buch auszuwählen, sondern sie nutzen den Ort, um zu arbeiten, sich mit Menschen zu treffen und gemeinsam zu lernen. Viele Schüler kämen in die Bücherei, um Gruppenarbeiten zu machen. „Die Bibliothek ist der berühmte dritte konsumfreie Ort neben Arbeitsplatz und dem eigenen Zuhause, um einen Treffpunkt und Arbeitsort zu haben“, sagt Scheid. Hier zeige sich ein Nachteil an dem offenen Haus, denn der Geräuschpegel steige dadurch an. Eine Möglichkeit, dem entgegenzuwirken sieht Scheid im Bau von Glaskästen, wie man sie etwa in Universitätsbibliotheken finde. In abgeschirmten Räumen könne man sich ungestört unterhalten, ohne die restlichen Besucher damit zu stören.

Besonders beliebt seien die PC-Arbeitsplätze. „Die sind rund um die Uhr besetzt. Viele Menschen nutzen die Rechner, weil sie zuhause keinen eigenen mehr besitzen“, sagt Scheid. Zum Ausdruck von Dokumenten, zum Verfassen von Bewerbungsschreiben oder anderem Schriftverkehr werden die Computer genutzt. „Hier stellen wir auch immer wieder fest, wie gering die Medienkompetenz besonders von den sogenannten Digital Natives ist.“ Die Generation die mit Internet aufgewachsen ist, sei zwar permanent online, könne aber oft wenig Basiswissen aufweisen. Wenn Jugendliche etwa keinen Druckauftrag aufgeben könnten oder kaum Kompetenz mit Programmen wie Word zeigen, dann seien das Stellschrauben, an denen man drehen müsse. Hier setzt die Bücherei gezielt an und kooperiert mit der Volkshochschule, dem Haus der Jugend oder dem Mehrgenerationenhaus in Wittlich. Gemeinsam bieten sie Kurse für mehr Medienkompetenz an, speziell zugeschnitten auf junge Menschen.

Auch Senioren wird Hilfe angeboten, etwa wenn es um E-Book-Reader geht. „Wir haben ein sehr großes Einzugsgebiet und freuen uns, dass auch die Onleihe gut genutzt wird.“ Schließlich sei es für viele Menschen schwierig, den weiten Weg zurückzulegen.

In Wittlich bemüht man sich bereits um die Kleinsten. Schon zur Geburt wird frischgebackenen Eltern ein „Büchermini“-Paket geschenkt, sodass die Neugeborenen so früh wie möglich mit Büchern in Berührung kommen. Das zieht sich weiter mit Paketen während der  Kindergarten- und Grundschulzeit. „Es ist verbunden mit viel Aufwand, aber der lohnt sich!“, sagt Elke Scheid. Am Lesesommer nehmen in Wittlich jedes Jahr 1000 Kinder teil, die während der Ferien Bücher lesen. Besonders gerührt habe sie in diesem Sommer ein syrisches Mädchen, das jeden Tag in die Bücherei kam und ein Buch gelesen hat – und auch heute noch regelmäßig das Angebot nutzt. Damit werde nicht nur ihre Lese-, sondern auch Sprachkompetenz effizient verbessert und die Freude des Kindes sei stellvertretend für viele andere, die hier ihre Liebe zu Büchern entdecken und ausleben. „Dieses direkte Feedback gibt mir und unseren Mitarbeitern sehr viel.“

Eben dies sei nur durch die gute Unterstützung durch die Kommune möglich, die dazu führt, dass ausreichend Personal für ausgedehnte Öffnungszeiten da sei. „Wir haben abends bis 19 Uhr geöffnet und auch am Samstag – also dann, wenn die Menschen Zeit haben, vorbeizukommen.“

Könnte Elke Scheid sich etwas von der Politik wünschen, so sei es nicht ausschließlich auf Büchereien beschränkt, sondern auch auf die Schulen bezogen. Es gebe so viele Förderprogramme, die aber meist nur für Sachmittel eingesetzt werden – doch was bringen iPads, wenn die Kinder nicht damit umgehen können? Benötigt werden laut Scheid eher kontinuierlich bestehende Arbeitsplätze für Medienpädagogen, die auch den richtigen Umgang mit den Geräten und dem Internet gezielt unterrichten können. Bis es aber so weit ist, bleibt sie mit der Stadtbücherei Wittlich ein wichtiger Ort, um Wissen zu vermitteln und Begegnungen zu ermöglichen.

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