Kultur Stadtrundgang auf den Spuren des Philosophen

Trier · Eine neue interaktive App bietet zwei Trier-Touren, einen Audioguide und viele interessante Informationen rund um das Leben von Karl Marx.

Über mangelndes Interesse könnte Karl Marx nicht klagen. Nicht nur ein dickes Dutzende deutsche Journalisten ist zur Porta Nigra gekommen, um mehr über eine neue Marx-App zu erfahren, sondern auch Journalisten aus China sind schon im Vorfeld der großen Landesausstellung in Trier. Auch an deren Landsleute richtet sich das neue touristische Angebot Triers, das nicht nur auf Deutsch, Englisch und Französisch, sondern bald auch auf Chinesisch zu erleben ist. Allerdings dürfte auch manch eingefleischter Trierer Spaß daran haben. Bietet die neue App doch die Möglichkeit, die Stadt auf zwei verschiedenen Rundgängen mal ganz anders zu erkunden. Nicht die Römer stehen im Mittelpunkt, nicht das Weltkulturerbe, sondern Karl Marx, sein Leben und seine Zeit.

Technisch ist das Ganze erstaunlich einfach: Man muss nichts herunterladen, sondern bloß „marx-guide.de“ in den Browser eingeben und  schon öffnet sich die kostenlose web-basierte App, die die Hochschule Trier im Auftrag der Trier Tourismus und Marketing GmbH, der Karl Marx Ausstellungsgesellschaft und des Vereins zur Förderung des Jubiläumsprogramms im Karl-Marx-Jahr für 12 000 Euro entwickelt hat.

Zu Hause am Computer funktioniert das genauso wie unterwegs auf dem Smartphone. Angeboten werden zwei Touren: Eine kürzere führt auf zwei Kilometern zu den wichtigsten Marx-Orten Triers. Dazu zählen die umstrittene Statue aus China, das Haus, in dem Marx am 5. Mai 1818 als drittes Kind des jüdischen Advokaten Heinrich Marx geboren wurde, oder das Haus an der Porta, in dem er bis zu seinem Abitur im Herbst 1835 mit seiner Familie lebte. Aber auch das Casino, wo Marx’ Vater einst flammende Reden hielt und wo der junge Rebell sich womöglich in seine Jenny von Westphalen verliebte, oder das Jesuitenkolleg, wo Marx 1835 sein Abi mit einem Notenschnitt von 2,4 bestand, liegen auf der Route. Zu jedem dieser Orte bietet der Stadtführer Texte, Hörstücke und Fotografien.

Die längere Route führt in rund zwei Stunden zu weiteren Schauplätzen, die zum Denker oder zum Trier des 19. Jahrhunderts passen: Jennys Zuhause in der Neustraße 83, die Tuchfabrik oder das Museum am Dom gehören dazu – letzteres war damals ein Gefängnis, in dem auch die Anführer der demokratischen Revolution 1848 hinter Gittern saßen. Durch GPS-Ortung bekommt der Nutzer automatisch passende Infos zum aktuellen Standort und eine Karte, die ihn zum nächsten Ziel führt.

Auch das Stadtmuseum Simeonstift und das Rheinische Landesmuseum, die ab 5. Mai die große Landesausstellung über Karl Marx zeigen, liegen auf der Route. Allerdings ist die App nicht nur fürs Jubiläumsjahr gemacht, betonen alle Beteiligten. Nachhaltig solle sie sein. Und weit über 2018 hinaus nutzbar.

Triers Tourismus-Chef Norbert Käthler freut sich über die Erweiterung des Angebots für die Stadt: „Es erlaubt den Besuchern, das Leben des jungen Karl Marx in seiner Heimatstadt eigenständig zu entdecken. Wichtig ist mir, dass wir damit auch ein Angebot für online-affine Zielgruppen haben.“ Angesprochen seien Tagestouristen, Kurzurlauber und auch Einheimische.

In Kürze soll die chinesische Version der App fertig werden. Und bald sollen auch die 0-Euro-Geldscheine mit Karl Marx’ Konterfei wieder für drei Euro zu kaufen sein. Die ersten 5000 waren in Nullkommanix vergriffen. Da es „unendlich viele Vorbestellungen“ gab, hat die Tourist-Information 20 000 der begehrten Banknoten nachgeordert. Über mangelndes Interesse könnte Karl Marx wahrlich nicht klagen.

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