Achtsamkeit Was man von Ordensleuten lernen kann

Region · Was die Philosophie der Achtsamkeit bringen soll, woher sie kommt und was Klosterschwestern und Mönche der Region davon halten.

 Schwester Anne Meike Brück vom Schönstattzentrum Trier ist in ihrerm Kappellchen ganz im Hier und Jetzt. Zur Achtsamkeit gehört für sie aber noch mehr.

Schwester Anne Meike Brück vom Schönstattzentrum Trier ist in ihrerm Kappellchen ganz im Hier und Jetzt. Zur Achtsamkeit gehört für sie aber noch mehr.

Foto: Katharina Fäßler

„Der Garten hier ist beruhigend. Man tritt ein und ist in einer anderen Welt. Das gehört für mich auch zum Thema Achtsamkeit. Zu fühlen und zu artikulieren, was das ist, was einen hier so angenehm umgibt,“ sagt Schwester Anne-Meike vom Schönstattzentrum in Trier.

„Achtsamkeit“ als Lebenseinstellung ist in den letzten Jahren ein Trend geworden. Viele Bücher, Podcasts und etablierte Medien greifen das Thema auf, von der Apothekenumschau bis zum Deutschlandfunk, aber auch die Wissenschaft untersucht die Wirkung von Achtsamkeitsausübung.

Die ursprünglich buddhistische Philosophie besteht darin, Lebensfreude nicht von äußeren Bedingungen abhängig zu machen, sondern durch einen klaren Geist auch in schwierigen Lebenszeiten oder Stresssituationen mit der Kraft seiner inneren Ressourcen verbunden zu sein, so schreibt es das Deutsche Fachzentrum für Achtsamkeit. Indem man lerne, negatives Grübeln oder unangenehme Gefühle vorurteilsfrei zu registrieren und zuzulassen, könne man sie irgendwann auch selbstbestimmt beruhigen oder lenken.

Dieses starke Selbstbewusstsein kann demnach auch trainiert werden, indem man versucht, in jeder Situation ganz im Hier und Jetzt zu sein. Man richtet dabei die Aufmerksamkeit der Gedanken auf den gegenwärtigen Moment. Indem man Meditationsübungen praktiziere, könne man diese Geisteskraft ebenfalls trainieren.

Die Philosophie scheint in unserer unsteten Zeit einen Nerv getroffen zu haben – auch viele junge Menschen suchen diese Art der Geist- und Seelsorge auf, wollen die Praktiken erlernen und den inneren Frieden erleben und reisen dafür manchmal gar bis nach Indien oder Bali, um in buddhistischen Klöstern zu meditieren.

 Schwester Anne Meike Brück vom Schönstattzentrum Trier schaut in die Baumkronen ihres Gartens.

Schwester Anne Meike Brück vom Schönstattzentrum Trier schaut in die Baumkronen ihres Gartens.

Foto: Katharina Fäßler

Inwieweit aber überscheidet sich diese Geisteshaltung mit den Lebensformen der Mönche und Nonnen in christlichen Klöstern unserer Region? Und kann das, was viele in der Ferne und in Online-Coachings suchen, auch hier erlebt werden? Auch christliche Ordensgemeinschaften – zum Beispiel in Springiersbach, Himmerod und Trier – bieten an, bei ihnen im „Kloster auf Zeit“ einmal „Atem zu holen“ und das für einen Tagessatz oder gegen Mitarbeit in Haus und Garten (siehe Infobox im Hintergrund-Interview).

Den Achtsamkeitstrend sehen die Ordensleute dabei nicht unbedingt kritisch. „Ich würde Achtsamkeit nicht so von unserem Ordensleben hier trennen“, sagt Pater Theodor Vreeswijk vom Kloster Springiersbach im Landkreis Bernkastel-Wittlich. „Es geht dabei ja auch um die Menschenfreundlichkeit. Wer ein Gespür für sich selbst entwickelt, wird auch das Gute in anderen sehen und geduldiger mit anderen sein.“

Im Bildungshaus des Klosters bietet das Lohmarer Institut für Weiterbildung auch Achtsamkeitskurse an. Der Theologe sieht darin aber auch eine religiöse Komponente. Er glaubt: „Es gibt ja viele Wege zu Gott. Weil Gott in jedem Menschen grundgelegt ist, kommt man im Endeffekt über Achtsamkeitsübungen auch zu Gott.“

Schwester Hildegart vom Karmel St. Josef in Auderath (Kreis Cochem-Zell) lebt sehr einfach in Stille und Gebet. Ihr gibt die Regelmäßigkeit des Klosterlebens Kraft und die kann man bei ihr auch miterleben. Wer in ihrem einfach gehaltenen Gästezimmer wohnt, kann seine „stillen Tage“ inspirierend, besinnlich oder aber als sehr anstrengend erleben.

Die gelernte Krankenschwester sagt: „Wir sind da nicht verkrampft, aber man soll auch nicht ins Quatschen kommen. Wer das nicht gewohnt ist, dem wird hier oft langweilig.“ Sie denkt, dass nichtreligiöse Menschen mit Achtsamkeitsübungen an eigene Grenzen stoßen. Man bleibe dann eben nur bei sich. Sie glaubt: „Sobald Gott und die Mitmenschen da mitgedacht werden, entsteht eine größere Energie.“ 

So ähnlich beschreibt es auch Schönstattschwester Anne-Meike. Die gelernte Erzieherin erahnt in der achtsamen Beobachtung ihres Parks in Trier, wenn sie ganz nach oben in die mächtigen Baumkronen schaut, vermutlich einen christlichen Gott. Vielleicht beobachtet sie gerade aber auch ein flinkes Eichhörnchen und ist einfach nur ganz im Hier und Jetzt. Ein Interview mit ihr lesen Sie HIER.

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