Gesundheit Wenn die Hasel blüht und die Nase läuft

Region · Immer mehr Menschen leiden an einer Allergie. Wer auf bestimmte Pollen reagiert, kann bereits im Winter Symptome wie Fließschnupfen und Juckreiz entwickeln. DIE WOCH zeigt, was man dagegen tun kann.

 Allergiegefahr im Winter: Wenn ein Haselnussstrauch blüht, reagieren manche Menschen mit Schnupfen.

Allergiegefahr im Winter: Wenn ein Haselnussstrauch blüht, reagieren manche Menschen mit Schnupfen.

Foto: dpa/Arno Burgi

Allergien treten immer häufiger auf. Jeder dritte Deutsche ist laut einer Erhebung des renommierten Robert-Koch-Instituts aus den Jahren 2014 und 2015 von Allergien betroffen. Heuschnupfen und Kontaktallergien zählen zu den am häufigsten auftretenden Allergieformen. Aber was genau ist eine Allergie?

Zu dieser und vielen anderen Fragen hat DIE WOCH einen Hautarzt und Allergologen aus der Region befragt. Dr. Dierk Steinmann: „Als Allergie bezeichnet man eine überschießende, körpereigene Reaktion des Immunsystems. Sie ist durch eine Störung im immunologischen Erkennungs- und Reaktionsmuster als ,fremd, aber keine Gefahr’ gekennzeichnet. Es kommt zu einer Immunreaktion mit krankmachenden Symptomen gegen eigentlich harmlose äußere Substanzen.“

Neben der Allergie gibt es auch die sogenannte Intoleranz, die oft mit einer allergischen Erkrankung verwechselt wird. Bei einer Intoleranz handelt es sich um eine Stoffwechselstörung, bei der der Körper bestimmte Substanzen nicht ausreichend oder gar nicht verstoffwechseln kann. Das verursacht allergieähnliche Symptome. Ursache kann ein Enzymdefekt oder ein Enzym­mangel sein. Ein Beispiel für eine solche Unverträglichkeit ist die Laktose-Intoleranz, bei der Patienten auf Milchprodukte reagieren.

Zu unterscheiden ist zwischen saisonalen, ganzjährigen und nahrungsmittelabhängigen Allergien. Zu den saisonalen Allergien gehören Pollenallergien, die in Deutschland am meisten verbreitet sind. Viele meinen, im Winter vor Pollen geschützt zu sein. Dieser Annahme widerspricht der Trierer Privatarzt Dierk Steinmann: „Welche Pollen zu welcher Zeit unterwegs sind, hängt von der Jahreszeit ab. Derzeit wirft die Hasel Pollen ab.“ Auch Wespen- und Bienenstichallergien sind saisonal, da diese nur zu bestimmten Jahreszeiten vorkommen können. Interessant ist hier: Wer einen Wespenstich von einem Bienenstich nicht zu unterscheiden weiß, kann sich an der Jahreszeit orientieren. Im Frühjahr sind es meistens Bienen, im Spätsommer Wespen, die zustechen.

Zu den ganzjährigen Allergien gehören Allergien gegen Tierhaare, Schimmelpilze oder Hausstaubmilben. Letztere machen sich im Winter häufig bemerkbar, wenn die Heizungsluft Staub aufwirbelt. Auch Schimmelpilze sind im Winter präsenter. In ungelüfteten Räumen mit hoher Luftfeuchtigkeit kann sich oft ein für die Atemwege gefährlicher Schimmelpilz entwickeln.

Aber was können Betroffene tun? „Am besten ist es natürlich, die Allergie zu vermeiden“, sagt Steinmann. Wer Allergie-Symptome zeigt, könne sich behandeln lassen. Grundsätzlich sei jede Allergie behandelbar; ob symptomatisch mit Antihistaminika (Antiallergene) und/oder ursächlich mit einer spezifischen Immuntherapie behandelt wird, entscheide der Arzt.

Bei einer Immuntherapie, auch Hyposensibilisierung genannt, werden krankheitsauslösende Allergene unter die Zunge getröpfelt oder gespritzt, um so den Körper an das Allergen zu gewöhnen. „Besonders bei einer Pollenallergie der Augen, Nase oder Lunge kann diese Behandlung helfen.“

Steinmann erklärt, warum die Zahl der Allergien steigt: „Dafür gibt es viele mögliche Ursachen, viele Hypothesen, die bisweilen später verworfen werden.“ Er nennt zwei wichtige Theorien: Bei der Hygienehypothese sind Kinder, die in extrem sauberen Haushalten aufwachsen, oft sehr anfällig für Allergien. Das liegt daran, dass sie nur selten mit Allergenen in Kontakt sind und sich ihr Körper so an bestimmte Stoffe nicht gewöhnen kann.

Die Umwelthypothese besagt, dass die Zahl der Allergiker durch die Veränderungen der Umwelt zugenommen hat. Dieselrußpartikel, aber auch Feinstaub können sich an Allergene anheften und beim Einatmen in tiefere Lungen­abschnitte gelangen. „Bei Rauchern habe ich seltsamerweise allerdings noch kein deutlich erhöhtes Risiko für Heuschnupfen festgestellt“, sagt Dierk Steinmann. „Die atmen andauernd hochdosiert Feinstaub ein. Diese widersprüchliche Feststellung ist wissenschaftlich bestätigt worden.“

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