Brauchtum Von A wie Adventskranz bis Z wie Zimtstern

Diesen Reim kennt wohl jedes Kind: „Advent, Advent, ein Lichtlein brennt – erst eins, dann zwei, dann drei, dann vier ...“ Und damit starten wir unser ABC mit A wie Adventskranz.

 Diesen Anblick gibt es in diesem Jahr nicht: Weihnachtsmärkte fallen nicht nur in Trier aus. Das Foto von 2019 stammt von unserem Leser Norbert Schuck.

Diesen Anblick gibt es in diesem Jahr nicht: Weihnachtsmärkte fallen nicht nur in Trier aus. Das Foto von 2019 stammt von unserem Leser Norbert Schuck.

Foto: Norbert Schuck

Und klar ist: Vier Kerzen gehören darauf, für jeden Sonntag eine. Doch das war nicht immer so: 1839 stellte der Theologe und Erzieher Johann Hinrich Wichern neben vier dicken, roten Kerzen auch 20 kleine, weiße – für die Werktage – auf ein Wagenrad und hängte das Ganze im Betsaal des Rauhen Hauses, einem Hamburger Waisenhaus, auf. Weil nicht in jedem Wohnzimmer Platz für ein Wagenrad ist, gibt’s heute nur noch vier Kerzen. Und Tannengrün sieht einfach hübscher aus.

Bleiben wir bei Grün mit B wie Barbarazweig. Die heilige Barbara hat ihren Gedenktag am 4. Dezember. Die Märtyrerin soll auf dem Weg ins Gefängnis mit ihrem Kleid an einem Zweig hängengeblieben sein. Ins Wasser gestellt, soll der abgebrochene Zweig zu blühen angefangen haben – an dem Tag, an dem Barbara ihr Martyrium erlitt. Und deswegen werden vielerorts noch heute am Barbaratag Kirsch- oder andere Zweige in Wasser gestellt.

Aus Nürnberg stammend, zwischen 16 und 19 Jahre alt, mindestens 1,60 Meter groß und schwindelfrei – das ist die Stellenausschreibung für das C wie Christkind, zumindest in Nürnberg. Ach ja, und weiblich muss es sein. Hat also nicht viel mit der Darstellung von Jesus als Baby zu tun, das in der Kunstgeschichte ebenfalls als Christkind bezeichnet wird – passt nämlich weder vom Alter noch vom Geschlecht. Wie das männliche Baby zum weiblichen Teenager wurde, ist mindestens ebenso mysteriös wie die Sache mit der jungfräulichen Geburt. Aber rein optisch hat eine hübsche 17-Jährige mit blondem Engelshaar natürlich alle Vorteile auf ihrer Seite.

Und  gleich noch ein Mysterium: D wie Drei Könige. Von denen berichtet die Bibel ... – genau: nichts. Dort heißt es nur „Magier aus dem Osten“. Weder drei, noch Könige. Kaspar, Melchior und Balthasar sind als Namen erst ab dem 6. Jahrhundert überliefert. Aber gegeben haben muss es sie wohl. Schließlich sollen ihre Gebeine ja im Kölner Dom ruhen.

Mit E wie Engel sind wir wieder bei einem ähnlichen Phänomen wie beim Christkind. Weibliche Engel gibt es in der Kunst erst seit Mitte des 19. Jahrhunderts, davor waren es pausbäckige Kinder oder auch Jünglinge. Erzengel Gabriel hat Maria die Empfängnis verkündet, den Hirten auf dem Felde wird Jesu Geburt dagegen von einem namenlosen Engel mitgeteilt. Die Botschaft ist dennoch eindeutig: „Fürchtet euch nicht!“

Weiter geht’s mit F wie Frost, Vorname Väterchen. Der alte Russe stammt aus der slawischen Mythologie und verkörpert ursprünglich den Winter. Später wurde er zur Märchenfigur und zum Gabenbringer. Anders als der Weihnachtsmann trägt er keinen roten Mantel, sondern einen grauen Pelz und wohnt irgendwo in der Taiga.

Als Frostschutzmittel eignet sich unter anderem G wie Glühwein, dabei sollte man es allerdings nicht zu wörtlich nehmen und auf das Panschen mit G wie Glykol besser verzichten. Lieber G wie Gewürze hinzufügen, denn mancher Glühwein wird dadurch überhaupt erst G wie genießbar. Oder noch besser: Gleich einen ordentlichen Winzer-Glühwein nehmen. In Trier, der Stadt der Deutschen Glühweinkönigin, ist das ja wohl ohnehin Ehrensache.

Nicht Glühwein- sondern Schlagerkönigin: Weihnachten ohne H wie Helene Fischer im Fernsehen ist ja kaum noch vorstellbar. Nur ihre diesjährige Show zum Fest ist dem Coronavirus. zum Opfer gefallen. Stattdessen gibt’s Ausschnitte aus den vergangenen Jahren.

Ach ja, Corona. Kaum jemand mag es noch hören, und sehnlichster Weihnachtswunsch der Politiker ist daher der I wie Impfstoff. Vielleicht liegt er ja rechtzeitig zum Fest auf dem Gabentisch oder unter dem Tannenbaum. Verknüpft damit: eine geradezu messianische Heilserwartung. Passt irgendwie ganz gut zur Adventszeit. Kommen muss ja nicht gleich das Reich Gottes. Die alte Normalität würde ja schon reichen.

So nun, aber zur Hauptperson. Nein, nicht dem Weihnachtsmann, der hat seinen Einsatz erst beim Buchstaben W. Irgendwie geht es bei allem ja immer noch  um J wie Jesus, genauer gesagt um die Geburt des holden Knaben mit lockigem Haar. Wobei es damit so seine Sache ist: Die lockigen Haare sind nicht das einzige Fragezeichen. Bei seiner Kreuzigung war Jesus eine öffentliche Person, die Geschehnisse sind gut dokumentiert. Bei seiner Geburt war er naturgemäß ein kleines Kind, für das sich – außer den bereits erwähnten Magiern aus dem Osten – kaum jemand interessierte. Wann genau er nun geboren wiurde, ob in Nazareth oder in Bethlehem, ob in einer Krippe mit Ochs und Esel. Die Weihnachtsgeschichte des Lukasevangeliums mag vielleicht nicht historisch korrekt sein, einen guten Stoff für ein schönes Krippenspiel gibt sie allemal ab.

Ganz und gar nicht biblisch ist dagegen K wie Knecht Ruprecht. Der alte Gesell von drauß vom Walde ist vor allem aus dem Gedicht von Theodor Storm bekannt. Dort begleitet er das Christkind, andernorts auch den Weihnachtsmann. Immer mit dabei: seine Rute. Meist verteilt er diese nur, während sein österreichischer Kollege K wie Krampus damit auch selbst zuschlägt.  Mit Abschaffung des elterlichen Züchtigungsrechts ist vermutlich aber auch dessen Übertragung an die beiden Gestalten untersagt. Zumindest beim Krampus ist fraglich, ob eine Umschulung zum freundlichen Geschenkebringer erfolgreich ist.

Ein Klassiker: L wie Lametta. Früher war mehr davon. Das wissen wir spätestens seit Loriot, der mit diesem Ausspruch von Opa Hoppenstedt ein geflügeltes Wort geschaffen hat. Und tatsächlich: Sieht man sich die aktuellen Baumbehang-Trends an, dan kommt das silberne oder goldene Engelshaar tatsächlich etwas auch der Mode. Vielleicht auch nur, weil es sich zur nachhaltigen Entsorgung des Weihnachtsbaumes so schlecht wieder abzupfen lässt.

Weiter geht es mit M wie Mistelzweig. Schon Druide M wie Miraculix mischte Misteln in seinen Glühwein, pardon!, Zaubertrank. Im angloamerikanischen Sprachraum ist es Brauch, dass sich Verliebte zum Weihnachtsfest unter einem Mistelzweig küssen. Der Ursprung ist zwar nicht geklärt, aber ein bisschen M wie Magie muss wohl schon dran sein. Geschadet hat’s bisher offenbar jedenfalls nicht.

Der N wie Nikolaus hat seinen großen Auftritt am 6. Dezember. Er ist dem Weihnachtsmann ähnlich und doch nicht dieselbe Person. Dass ein Heiliger Geschenke bringt, war für den Reformator Martin Luther nicht hinnehmbar, war ihm doch Heiligenverehrung generell ein Dorn im Auge. Daher favorisierte er das Christkind für diese Aufgabe – und als Tag den Weihnachts-, nicht den Nikolaustag. Die Figur des heiligen Bischofs von Myra blieb aber trotzdem populär und hatte Einfluss auf die Gestalt des Weihnachtsmanns.

Einer, dem der ganze Weihnachtstrubel völlig egal sein kann, ist der O wie Osterhase. Der Saisonarbeiter taucht immer erst kurz nach Jahresanfang wieder auf der Bildfläche und in den Geschäften auf. Wo er seinen Weihnachtsurlaub verbringt, ist nicht gesichert. Möglicherweise auf der Osterinsel.

Süße Leckereien gehören  zum Weihnachtsfest unbedingt dazu, zum Beispiel P wie Plätzchen. Oder auch P wie Printen oder P wie Pfefferkuchen.

Ebenfalls aus dem Ofen kommt der Q wie Quarkstollen – und in diese Liste hat er es gegenüber der klassischen Variante mit Marzipan vor allem deshalb geschafft, weil Quittengelee, Quiche Lorraine und Quetschkartoffeln nun wirklich gar nichts mit Advent und Weihnachten zu tun haben.

Dasher, Dancer, Prancer, Vixen, Comet, Cupid, Donner und Blitzen – so heißen die Rentiere, die nach einem Gedicht von Clement Clarke Moore den achtspännigen Schlitten von Santa Claus ziehen. Das bekannteste aber ist das neunte, das wegen seiner roten Nase als Nebelleuchte eingesetzt wird: R wie Rudolph. The red-nosed Reindeer kommt in dem erwähnten Gedicht übrigens gar nicht vor, sondern wurde über 100 Jahre später 1939 von  Robert L. May erfunden. Heute gehört es auch hierzulande zu den beliebtesten Weihnachtsliedern.

Gegen einen Klassiker ist aber auch das Rentier mit der roten Nase chancenlos: S wie Stille
Nacht, heilige Nacht ist das Weihnachtslied schlechthin. Die Legende besagt, dass die Orgel der Oberndorfer Kirche defekt war. Hilfspfarrer Joseph Mohr nahm eines seiner Gedichte und bat den Organisten Franz Xaver Gruber, dieses zu vertonen und es mit der Gitarre aufzuführen. So wurde aus der Not heraus am Heiligabend 1818 ein echter Evergreen erstmals dargeboten.

Musikalisch müsste T wie Tannenbaum eigentlich mit „O“ beginnen. Aber so passt es schon. Der Ursprung des Brauchs ist unklar. Bis Mitte des 17. Jahrhunderts hatte sich das Aufstellen von Tannen in Straßburg jedenfalls weit verbreitet. In Westdeutschland waren später Fichten vorherrschend, in der DDR Kiefern. Doch seit der Verbreitung der Nordmanntanne in den 1980er Jahren steht in den meisten deutschen Wohnzimmern wieder ein Tannenbaum, der seinen Namen auch verdient.

Sofern U wie Urlaub in diesen Zeiten überhaupt möglich ist, werden alle, die dem ganzen Trubel über die Feiertage entgehen möchten, wohl gerade kein Interesse an Glühwein, Lametta und einem ABC wie diesem haben. Also sparen wir uns weitere Worte.

V wie Vanillekipferl gehören ebenfalls in die Weihnachtsbäckerei. Vanille, die Königin der Gewürze, galt lange als besonders kostbar – und deshalb ein klarer Fall für die weihnachtliche Festtagstafel.

Zum Thema W wie Weihnachtsmarkt gibt es in diesem Jahr nur ein Wort: abgesagt. Punkt. X und Y lassen wir ohnehin beiseite, um auf 24 Buchstaben zu kommen.

Der Z wie Zimtstern ist die perfekte Symbiose von Form und Inhalt: das weihnachtliche Gewürz und der Stern als ebenfalls weihnachtliches Symbol, Zum A wie Anbeißen. Aber damit würden wir ja wieder von vorne anfangen ...

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