Vögel Weniger Wintergäste am Futterhäuschen – Spatzen bleiben vorne

Berlin/Mainz · Welche Vögel sind noch da? – Nabu verzeichnet Rekordbeteiligung bei der „Stunde der Wintervögel“.

 Die Blaumeise fühlt sich in waldreichen Mittelgebirgen wohl. In der Eifel ging ihr Bestand jedoch zurück.

Die Blaumeise fühlt sich in waldreichen Mittelgebirgen wohl. In der Eifel ging ihr Bestand jedoch zurück.

Foto: NABU/Frank Derer

(red) Über 236 000 Menschen haben am Wochenende vom 8. bis 10. Januar an der Aktion „Stunde der Wintervögel“ teilgenommen – ein sattes Plus von 65 Prozent zum Vorjahr. Der Nabu und sein bayerischer Partner, der Landesbund für Vogelschutz (LBV) freuen sich über eine Rekord-Teilnahme. Beim Nabu Rheinland-Pfalz verzeichnet man ebenfalls einen deutlichen Zuwachs der Teilnehmer*innen: 12 619 Menschen haben dem Nabu 299 190 Vögel aus 8566 Gärten und Parks gemeldet (im Vorjahr nahmen insgesamt 8018 Vogelfreunde teil).

„Wir sagen danke an alle, die Anfang Januar so eifrig gezählt haben und freuen uns über die anhaltend hohe Beteiligung und das große Interesse an der heimischen Vogelwelt“, so Olaf Strub, Geschäftsführer des Nabu Rheinland-Pfalz. „So werden die Ergebnisse von Deutschlands größter wissenschaftlicher Mitmachaktion noch aussagekräftiger. Sicherlich hat auch der Corona-Lockdown dazu beigetragen, dass mehr Menschen ihr Interesse für die Natur vor der eigenen Haustür entdecken. Aber den Vögeln hilft es in jedem Fall, wenn sich immer mehr Menschen für die Natur vor ihrer Haustür engagieren.“

Nicht zugenommen haben dagegen die Vogelzahlen, die dem Nabu aus 164 000 Gärten gemeldet wurden – im Gegenteil: „Die Gesamtzahl von 34,5 Vögeln pro Garten stellt den zweitniedrigsten Wert seit Beginn der Aktion im Jahr 2011 dar, zwölf Prozent weniger als im langjährigen Durchschnitt“, so Nabu-Vogelschutzexperte Lars Lachmann. „Nur im Januar 2017 waren die Zahlen noch etwas niedriger. Auch damals fehlten besonders die typischen Futterplatzbesucher, nämlich sämtliche Meisenarten, Kleiber, Gimpel und Kernbeißer – alles Arten deren Winterbestände auf den Zuzug von Artgenossen aus dem Norden angewiesen sind. Dieser ist im bis kurz vor der Zählung europaweit sehr milden Winter wohl teilweise ausgeblieben.“

Rekordwerte erreichten dagegen Standvogelarten wie Haussperling und Stadttaube sowie Arten, die grundsätzlich mildere Winter bevorzugen, wie Rotkehlchen und Ringeltaube. „Seit 2011 nehmen die Winterbestände von Vogelarten, die auf Zuzug aus dem Norden und Osten angewiesen sind, ab. Im Winter standorttreue Arten und solche, die teilweise von uns nach Süden ziehen, zeigen dagegen stabile oder gar wachsende Winterbestände“, so Lachmann. Dies sei Ausdruck einer Entwicklung, die mit einigen harten Wintern begann und zuletzt eine lange Reihe milder Winter aufwies. Je milder der Winter, desto geringer die Neigung der Vögel in wärmere Regionen im Süden und Westen auszuweichen.

Die fünf am häufigsten gemeldeten Arten waren Haussperling (mit 6,87 Vögeln pro Garten), Kohlmeise, Feldsperling, Blaumeise und Amsel. Im Vergleich zum Vorjahr haben nur Feldsperling und Blaumeise die Plätze getauscht. In Rheinland-Pfalz war die Reihenfolge der fünf häufigsten Wintervögel Haussperling, Kohlmeise, Amsel, Blaumeise und Feldsperling.

Wer lebt wo?

Weniger Blaumeisen in der Eifel - Spatzen meiden München

Als Hauptstadt der Spatzen gilt gemeinhin Berlin. Im Vergleich zu anderen Großstädten leben dort tatsächlich noch viele Haussperlinge, die größte Dichte aber findet sich nördlich und westlich von Berlin, mit dem Kreis Stendal in Sachsen-Anhalt an der Spitze – wie schon im Vorjahr. Nahezu eine Spatzenwüste sind dagegen weite Teile des Ruhrgebietes und der Kölner Bucht sowie der Großraum München. Die geringste Haussperling-Dichte hatte 2021 die bayerische Landeshauptstadt.

Die Kohlmeise auf dem Silberrang ist fast allgegenwärtig, sie kommt in 86 Prozent aller Gärten vor. Ihre Hochburgen lagen im Winter 2021 deutlich im Osten, vom nördlichen Bayerischen Wald bis hoch an die Ostseeküste. Die meisten Kohlmeisen je Beobachtungsort gab es im Kreis Görlitz, dicht gefolgt vom Altmarkkreis und dem Kreis Prignitz. Die wenigsten Kohlmeisen wurden in verschiedenen süddeutschen Stadtkreisen gezählt, mit Kempten im Allgäu ganz am Ende.

Wie die Haussperlinge sind Feldsperlinge in Nordbrandenburg und Mecklenburg-Vorpommern auffällig häufig. Die höchsten Werte gibt es aber weit im Süden, in den fruchtbaren Agrarlandschaften entlang der bayerischen Donau, an der Spitze wie schon 2020 der Kreis Landshut. Dagegen ist der Feldsperling in den Städten sowie in weiten Teilen Südwest- und Westdeutschlands eher rar. Wie beim Haussperling liegt die geringste Dichte im Ruhrgebiet, Schlusslicht ist Herne.

Die Blaumeise schwächelt als Waldvogel in vielen städtischen Räumen, sehr mau sieht es in Magdeburg, München, Memmingen und Mainz aus. Wohl fühlen sich Blaumeisen vor allem in den Mittelgebirgen. Ein besonderer Hotspot war im letzten Winter die waldreiche Region von der Eifel bis zur Pfalz, mit den Kreisen Kreis Birkenfeld und Bernkastel-Wittlich an der Spitze. 2021 reicht es dort noch gerade so für Plätze im vorderen Mittelfeld. Vorbehaltlich weiterer vertiefender Analysen liegt die Vermutung nahe, dass sich hier die Auswirkungen des Blaumeisensterbens im Frühjahr 2020 zeigen. Die meisten Blaumeisen je Beobachtungspunkt wurden aktuell in den Kreisen Emsland, Vechta und Görlitz notiert.

Vergleichsweise viele Amseln wurden aus mehreren Regionen gemeldet, flächendeckend vor allem aus dem nördlichen Schleswig-Holstein mit dem Kreis Schleswig-Flensburg an der Spitze. Nach wie vor auf der Karte erkennbar sind die Folgen früherer Usutu-Ausbrüche am Oberrhein. Der im letzten Winter festgestellte „ostdeutsche Amselkrater“, wohl verursacht von West-Nil-Virus und/oder Usutu, zeichnet sich ebenfalls noch ab, aber nicht mehr so weitläufig wie 2020. Die bundesweit wenigsten Amseln wurden erneut im Südosten dieses Amselkraters in Cottbus festgestellt, gefolgt von den benachbarten brandenburgischen Kreisen Elbe-Elster und Oberspreewald-Lausitz.

Während die Spatzen das Ruhrgebiet meiden, sind Arten wie das Rotkehlchen oder die Heckenbraunelle dort vergleichsweise häufig. Das liegt weniger an einer besonderen Lebensraumqualität, sondern an der relativen Meeresnähe und den dadurch frostarmen Wintern. Diese Arten zeigen also grundsätzlich ein West-Ost-Gefälle. Rotkehlchenhauptstadt 2021 ist Gelsenkirchen (gefolgt von Oberhausen und Vorjahressieger Bottrop), die größte Dichte an Heckenbraunellen gibt es ebenfalls in Gelsenkirchen, mit Bochum, Essen und Viersen ganz knapp dahinter.

Info

Bestand von Grünfinken stark rückläufig

Ein besorgniserregend schwaches Ergebnis, das nicht mit dem Wetter erklärt werden kann, liefert der Grünfink. Sein Abwärtstrend setzt sich leider unverändert fort. Diesmal wurden nur noch 0,9 Grünfinken pro Garten gemeldet. Damit gibt es heute nur noch ein Viertel der Grünlinge, die 2011 noch die Gärten bevölkerten. Als Ursache gelten vor allem Infektionen mit Trichomonaden an sommerlichen Futterstellen.

• Die nächste Vogelzählung findet mit der „Stunde der Gartenvögel“ vom 13. bis 16. Mai statt.

  Der Bestand von Grünfinken ist rückläufig

Der Bestand von Grünfinken ist rückläufig

Foto: Pixabay/Oldiefan
  Vom Haus­sperling wurden bei der Vogelzählung die meisten Exemplare beobachtet.

Vom Haus­sperling wurden bei der Vogelzählung die meisten Exemplare beobachtet.

Foto: Pixabay/Oldiefan
 Fast überall zu finden: Die Kohlmeise ließ sich in 86 Prozent der Gärten blicken.

Fast überall zu finden: Die Kohlmeise ließ sich in 86 Prozent der Gärten blicken.

Foto: Pixabay/Oldiefan

• Noch bis zum 19. März läuft die Wahl des Vogels des Jahres. Aus zehn Kandidaten, die vorab in einer öffentlichen Online-Wahl bestimmt worden waren, kann jeder seinen Favoriten wählen.

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