Ein Gefühl von Intimität

Katie Melua kommt in die Trier-Arena. Der TV hat mit der Sängerin gesprochen.

Unsere erste Begegnung im Jahr 2004 entsprang einem Zufall. Beim Reinzappen in die abendliche Olympia-Zusammenfassung aus Athen saß da auf einem Schiff vor toller Kulisse ein wunderhübsches Mädchen, das mit dezenter Klampfenbegleitung ein zauberhaftes Lied sang. Kein billiger Pop, keine salbungsvolle Liedermacher-Attitüde, jazzig angehaucht, höchst individuell. Irgendwie ging mir der Name durch, aber ein paar Wochen später tauchten diese unglaublichen Augen wieder auf: beim SWR3-New-Pop-Festival in Baden-Baden. Und dann gesellte sich auch eine Biografie zum Gesicht und der Stimme: Katie Melua, damals 20, geboren in Georgien, aufgewachsen in Belfast. Seither hat sie eine unglaubliche Karriere gemacht. Fünf Millionen verkaufte Tonträger, reihenweise Preise, Zusammenarbeit mit Giganten der Szene, Auftritt vor 17 Millionen Fernsehzuschauern bei "Wetten, dass": Ganz schön heftig für jemanden, der vor drei Jahren seine ersten Schritte im Musikgeschäft gemacht hat. Inzwischen hat sie einen Status, der ihr erlaubt, am heiligen Samstagabend zur besten Sportschau-Zeit die Presse zur Audienz im Vorfeld ihrer kleinen Deutschland-Tour zu bitten. Wer sagt schon ein Interview mit Katie Melua ab? Angenehm unzickig wirkt sie, ihr Englisch mit einem undefinierbaren Akzent versetzt. Und eine Stimme, mit der man auch über neun Millionen Fahrräder in Peking singen kann, ohne dass es banal wirkt. Wie sie selbst ihren Stil beschreibt? Wahrscheinlich eine jener Routine-Fragen, über die sie sich in ihrem ungewöhnlich ehrlichen Internet-Tagebuch (katiemelua.de) schon mal lustig macht. "Acoustic-based" sei ihrer Musik, "beeinflusst von Jazz, Blues und Pop, mit besonderem Augenmerk auf Texte und Melodien - and quite emotional". Wohl wahr, das mit der Emotion. Aber wie kommt das rüber, wenn sie, wie in Trier, in einer Riesenhalle spielt, mit ihrer Musik, die nach Bar-Atmosphäre schreit? "Ich denke schon, dass es klappt, trotzdem ein Gefühl von Intimität zu schaffen", sagt sie, "auch wenn das nicht so einfach ist, auch von der Bühne aus." Aber wer Sheperd's Bush und die Wembley-Konzerthalle in London zum Toben bringt, muss sich wegen der Trier-Arena kaum den Kopf zerbrechen. Zwischen Wembley und Amsterdam sind ganze zwei Deutschland-Termine auf dem Winter-Tourplan: Trier und Oberhausen. Dann wird sie sich wieder "wie ein Astronaut im Weltraum" fühlen, wochenlang im Tourbus unterwegs "wie in der Raumkapsel, isoliert von der Welt". Aber es klingt nicht gestresst, wenn sie das beschreibt, eher amüsiert. Ihre atemberaubende Karriere sieht sie eher nüchtern: "Sicher bin ich stolz, aber ich fühle mich nicht so, als hätte ich etwas besonders Brillantes geleistet." Das Wichtigste sei, "sich das Leben nicht von der Angst diktieren zu lassen, dass man irgendwann weniger Platten verkauft". Dass ihr ein erfahrener Produzent und Entdecker wie Mike Batt beim Einstieg ins Business geholfen hat, räumt sie unumwunden ein. Man brauche "Leute um sich herum, die an einen glauben und die Qualität der gemeinsamen Arbeit". Aber mit Beziehungen allein komme man nicht weit, "wenn die Musik nicht stimmt". Dieter Lintz

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