Ein Musikteppich zum Wegfliegen

TRIER. Einen Streifzug durch Triers Nachtleben und seine speziellen Typen und Geschichten macht die Trierer Band "Woltähr" mit ihrer neuen CD "Trier by night". Sanfte, aber auch kritische Töne lassen die Musiker um Walter Liederschmitt darauf erklingen.

Abends um zehn, die Lumpenglocke läutet, der Weinstand auf dem Hauptmarkt schließt. Lautstark verkündet der Büttel: "Heert ihr Leit un laost eich saon: Auf der Uhr haot's ziehn geschlaon." Zeit für die "Lumpen" vergangener Tage, die bis zum Ende ihren Moselwein süffelten, nach Hause zu gehen. "Heutige Lumpen" beginnen um diese Uhrzeit erst ihre Tour durch "Trier by night". So lautet auch der Titel und die Einleitung der neuen CD der Trierer Band "Woltähr". Skurrile Gestalten

Die Hörer begleiten Walter Liederschmitt und seine Kollegen auf einem gewöhnlichen Nachtspaziergang, bei dem ihnen allerlei skurrile Gestalten begegnen. Wie etwa der Kopf des schalkhaften Franz Weissebach, der - von der Mauer des Palastgartens grinsend - seine Geschichte erzählt. Oder Kyriakos vom Griechen in der Johannisstraße, der ein trauriges Lied zur Bouzouki singt. Im Traum geraten die Wanderer sogar bis nach Amerika, wo sie auf Seelenverwandte treffen. Dort ist auch die Idee für die CD entstanden: "Das Gefühl, zu Hause angekommen zu sein, kann man überall haben", sagt Liederschmitt. Das hindert ihn nicht an einer kritisch-augenzwinkernden Sicht auf seine Heimatstadt Trier. Mit der für Woltähr typischen Mischung aus keltischer Folklore, Rock, französischen Chansons, pfiffig aufbereiteter Trierer Mundart und weiteren Sprachen beobachtet der Multi-Kulti-Barde die Trierer ganz genau. Dabei legt er den Finger auf manch wunden Punkt, wie etwa mit dem beißend-ironischen "Hajo, Hejo, Hänsjen Klein". Das Lied greift auf, welch fragwürdige Trierer Persönlichkeiten zum Teil in der Vergangenheit den Weissebach-Preis empfangen haben. Ebenso ins Detail geht das von Susi Sorglos liebevoll gestaltete Booklet: Passend zu jedem Lied zeigt es beispielsweise bei dem zum Träumen anregenden Stück "Dä Mann vaom Miär" (der Mann vom Meer) einen überfluteten Hauptmarkt mit Boot und Strandkorb. Wer "Woltähr" kennt, wird überdies überrascht sein von der Sound-Qualität der neuen CD. Aufgenommen und produziert im Tonstudio "Soundlab" der Kanzemer Ralf Hess und Lothar Schmitt, ist dies klangtechnisch sicherlich Liederschmitts modernste Scheibe. Das liegt nach seiner Einschätzung auch an den Musikern. Vor allem Carsten Söns am Bass, Uli Hilsamer am Schlagzeug, Carola Heiner am Saxofon und seinen langjährigen Kumpel Uwe Heil an der Gitarre schätzt er wegen ihrer klanglichen Spielereien. "Die bereiten mir einen Musikteppich, in den ich mich reinsetzen und wegfliegen kann." Liederschmitt selbst scheint stimmlich eine eigene Linie zu finden: Er singt ausschließlich in seiner eigenen tiefen Stimmlage und spricht immer häufiger, was ihn viel authentischer rüberkommen lässt als früher. Wie zum Beispiel bei den "Musel-Indijanern", in dem Söns‘ E-Bass mit Liederschmitts gesprochenem Brumm-Bass ausdrucksstark zusammenwirkt. Neben rockigen Gitarren-Riffs kommt auch die keltische Leier zur Geltung. Immer wieder streut "Woltähr" den keltischen Gavotte-Rhythmus (3-3-2) ein. Und dem "Mosellied" von Georg Schmitt jubelt er ganz frech einen Fünfvierteltakt unter. Die nächsten Gelegenheiten, "Woltähr" live zu sehen, gibt es Ende August: Am 27.8. geben sie ein Heimspiel in der Mertesdorfer Karlsmühle, und am 30.8. treten sie im Restaurant "Zum Anker" in Pfalzel auf.

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