Es wird stiller: Der Trend geht zu weniger Kohlensäure

Trinkbares Wasser ist bereits jetzt einer der umkämpftesten Rohstoffe der Welt. Deutschland ist in einer komfortablen Lage: Nicht nur das Leitungs wasser hat überall gute Qualität. Hierzulande gibt es mehr als 500 ver schiedene Mineral wässer, darunter starke Marken aus Eifel und Hochwald.

Der Verband Deutscher Mineralbrunnen e.V. (VDM) vertritt mehr als 200 deutsche Mineralbrunnenbetriebe und weiß daher um Angebot und Nachfrage beim fundamentalen Lebensmittel Wasser: "Mineralwasser ist und bleibt das beliebteste alkoholfreie Getränk in Deutschland", charakterisiert Geschäftsführer Wolfgang Stubbe eine stabile Situation. Die fast durchweg mittelständischen und regional verankerten Unternehmen füllen über 500 verschiedene Mineral- und 50 Heilwässer ab, darüber hinaus zahlreiche Erfrischungsgetränke auf der Basis von Mineralwasser. Sie sind mit rund 13 000 Beschäftigten einer der wichtigen Arbeitgeber-Branchen innerhalb der Ernährungsindustrie.

Schwankungen gehören zum Geschäft


Im Rekordsommer 2003 wurde den Verbrauchern deutlich, wie sehr der Mineralwassermarkt saisonalen Schwankungen unterworfen ist: Sie lasen in den Medien oder an den Getränkemarktkassen den Appell, leere Flaschen und Kästen möglichst umgehend in die Märkte zurückzubringen, um das Mehrwegsystem aufrechtzuerhalten. Seitdem haben viele Hersteller ihren Bestand an Leergut aufgestockt, um derartige Engpässe zu vermeiden. Selbst der durchwachsene Sommer des Jahres 2010 brachte der Branche Zuwächse von bis zu 30 Prozent im Vergleich zum schwächeren Mineralwasserabsatz im Winter.

Wasser ist nicht gleich Wasser

Der Trend geht nach Auskunft des Verbands in Richtung von Wasser mit wenig oder ganz ohne Kohlensäure. Bei letzterem stieg der Absatz im Schnitt auf mehr als zehn Prozent, die kohlensäurearmen Wasser kommen mittlerweile mit 43 Prozent dicht an den Klassiker Sprudel mit 44 Prozent heran. Wasser mit Aroma hingegen macht nur zwei Prozent aus, Heilwasser ein Prozent.

Selbst innerhalb einer Region wie etwa der Eifel oder dem Hochwald gibt es teils gravierende Unterschiede in der Mineralisierung von Quelle zu Quelle. Überhaupt steht der Verbraucher vor der Herausforderung, die verschiedenen Wassersorten auseinanderzuhalten: So stammt natürliches Mineralwasser aus unter irdischen und absolut reinen Wasservorkommen, die am Quellort abgefüllt werden und mit ihrem natür lichen Mineraliengehalt ernährungsphysiologisch wirksam sind. Amtliche Anerkennung und kontrollierte Qualität sind weitere Kriterien. Heilwasser bedarf darüber hinaus einer amtlichen Zulassung, weil es nachgewiesene heilende, lindernde oder vorbeugende Wirkungen hat. Quellwasser hingegen muss lediglich aus unterirdischen Wasservorkommen direkt abgefüllt werden und ansonsten dem Trinkwasserstandard genügen.

Tafelwasser wie etwa das von Coca Cola lancierte Bonaqa als bekannteste Marke des Segments ist ein In dus trie pro dukt, das aus verschiedenen Wasserarten - so auch Leitungs- oder Meerwasser - und Zusatzstoffen wie Sole oder Mineralstoffe künstlich zusammengestellt wird. Das synthetische Erzeugnis ist häufig mindestens ebenso teuer wie natürliches Mineralwasser. Andere mineralienarme Sorten, die vor allem über Discounter vertrieben werden, können wiederum durchaus preiswerter als das natürliche Mineralwasser sein.

Generell ist die Nachfrage in den vergangenen Jahren relativ stabil: Nach Auskunft des VDM trinkt jeder Verbraucher rund 131 Liter Mineralwasser - deutlich mehr als in den 1980er Jahren, als es nur 40 Liter pro Kopf waren. Ein wachsendes Gesundheitsbewusstsein und entsprechende Aufklärung mögen Gründe sein für den steigenden Mineralwasserkonsum. "Schlichtes Mineralwasser mit oder ohne Kohlensäure ist noch immer das beste Getränk, um die notwendige Flüssigkeits zufuhr zu gewährleisten", erläutert Birgit Mentges, staatlich anerkannte Diät assistentin und selbstständige Ernährungsberaterin in Pünderich (Landkreis Cochem-Zell). "Kaffee, Tee oder Alkohol sind Genussmittel und können diese Aufgabe nicht erfüllen."

Noch immer entspricht der Pro-Kopf-Verbrauch nicht den Gesundheits empfehlungen. Die Expertin bezieht sich auf Angaben von Krankenkassen, die besagen, dass eine normal gewichtige Frau mittleren Alters und durchschnittlicher Bewegung pro Tag allein 0,5 Liter Flüssigkeit durch die Atemluft abgibt, 0,6 Liter über die Haut verdunstet, 0,2 Liter über den Stuhlgang und 1,4 Liter über den Urin abgibt. "Diese insgesamt 2,7 Liter müssen täglich wieder aufgefüllt werden, wenn kein Mangel entstehen soll. Jede Stunde körperlicher Aktivität erfordert einen Liter mehr." Mentges rät zum kontinuierlichen Trinken über den Tag verteilt und ist sicher, dass es ein Zuviel nicht geben kann, da gesunde Nieren in der Lage sind, pro Stunde einen Liter umzusetzen.

Pauschale Ratschläge, entweder ein calcium- oder ein magnesiumreiches Wasser zu wählen oder auf möglichst natriumarme Sorten zu achten, hält sie für wenig sinnvoll. "Es hängt beispielsweise davon ab, ob man zu hohem oder zu niedrigem Blutdruck neigt: Bei niedrigem hilft Wasser mit höherem Natriumgehalt, bei hohem das Gegenteil."

Da calciumreiches Wasser in der Regel wenig Magnesium enthält und umgekehrt, empfiehlt sie einen Wechsel der Sorten, um letztlich eine ausgewogene Versorgung mit beiden Mineralien zu haben. Menschen, die auf Milchprodukte verzichten wollen oder müssen, seien auf jeden Fall mit einem besonders calciumhaltigen Mineralwasser gut bedient. Wer jedoch aus Kostengründen immer mineralienarme Erzeugnisse trinke, tue weder der Gesundheit noch dem Geldbeutel Gutes: "Den entstehenden Mangel muss man dann mit Nahrungs ergänzungsmitteln wieder ausgleichen."

Wissenschaft plädiert für natürliche Sorten



Das Plädoyer aus ernährungswissenschaftlicher Sicht ist also eindeutig: hin zu den natürlichen Mineralwassersorten. In der Region Trier sind dies die Brunnen in Daun, Dreis-Brück (Die Marken Dreiser und Nürburg-Quelle gehören zur Firma Hermann Kreuter GmbH, die sich zur Thematik im Macher nicht äußern wollte), Gerolstein, Rosport in Luxemburg, Schwollen und Thalfang mit ihren jeweiligen Marken. Gemeinsam ist ihnen eine starke regionale Verankerung, die sich aus der Bindung an die Quellorte ergibt, und die Gründungszeit um den Wechsel vom 19. auf das 20. Jahrhundert herum.

Zu jener Zeit wurden die natürlichen Mineralwasservorkommen durch Bohrungen systematisch erschlossen. Doch jedes Unternehmen besetzt eine eigene Nische mit bestimmten Produkten oder Verpackungen, um sich im Wettbewerb abzuheben.

DIE VERPACKUNG



Kunststoffflaschen sind auf dem Vormarsch: Die PET-Flasche (die Abkürzung steht für den Kunststoff Polyethylen terephthalat) hat die klassische Glas-Perlenflasche (siehe Extra) zurückgedrängt. Laut Statistik wurden im vergange n en Jahr 41,3 Prozent (2009: 39,8) des abgefüllten Mineral wassers in Deutschland in PET-Einwegflaschen abgefüllt. Dagegen nur 26,3 Prozent (2009: 27,1 Prozent) in Glas- Mehrwegflaschen. PET-Mehrwegflaschen erreichten 21,7 Prozent (2009: 21,7). Der Anteil von PETcycle-Flaschen (geschlossener Kreislauf von Plastikpfandflaschen) betrug 10,3 Prozent (2009: 10,1). Sonstige Materialien: 0,4 Prozent (2009: 1,3)Quelle: Verband Deutscher Mineralbrunnen

DIE PERLENFLASCHE



Sie ist die bekannteste Mineralwasserflasche in Deutschland: die sogenannte Perlenflasche (dritte Flasche von rechts). Benannt ist sie nach den kleinen Glasperlen - es sollen 230 sein - am oberen Wulst, sie symbolisieren die Wasserblasen. Der Kasseler Designer Günter Kupetz hat sie 1969 für einen Wettbewerb entworfen. Sie kam 1970 auf den Markt und ist heute ein Designklassiker. "Ich halte den Entwurf der Flasche für zeitlos und würde sagen, verbessern kann man ihn eigent lich nicht", sagt Kupetz selbst. Er ist heute 85 und lebt in Schleswig-Holstein. Durch die Einbuchtung ist die Perlen flasche selbst für Kinder leicht zu greifen. Die beiden Wülste am Boden und unter der Einbuchtung schützen das Etikett vor Kratzern. Je weißer sie sind, desto länger ist die Flasche schon im Umlauf. Die Genossen schaft Deutscher Brunnen (GDB) hat sich 1969 für diese Form entschieden. Sie wollte damals mit einer einheitlichen Flasche für alle Brunnen den Auf wand bei der Leergutsortierung in den Griff bekommen. Zahlen der GDB zur Flasche: Fünf Milliarden werden jähr lich bundesweit verkauft. Mehr als 180 Mineralbrunnen füllen Mineralwasser und Er frischungsgetränke auf Mineralwasser basis in sie ab. Sie wird bis zu 50-mal wiederverwendet. (dpa/mar)

MINERALWASSERMARKEN AUS DER REGION



Dauner Sprudel GmbH Sitz: Daun (Landkreis Vulkaneifel), gegründet 1900, 30 Mitarbeiter Gerolsteiner Brunnen GmbH & Co. - Sitz: Gerolstein (Landkreis Vulkaneifel), gegründet 1888, 740 Mitarbeiter Hochwald-Sprudel Schupp GmbH - Sitz: Schwollen (Landkreis Birkenfeld), gegründet 1953, 250 Mitarbeiter Nürburg-Quelle Hermann Kreuter GmbH - Sitz: Dreis-Brück (Landkreis Vulkaneifel), gegründet 1932, 110 Mitarbeiter Sources Rosport S.A. Sitz: Luxemburg, gegründet 1959, 21 Mitarbeiter Schwollener Sprudel GmbH & Co. KG - Sitz: Schwollen (Landkreis Birkenfeld), gegründet 1929, 90 Mitarbeiter

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