Brüssel EU-Spitzen fordern mehr Geld

Brüssel · Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und Haushaltskommissar Günther Oettinger machen sich angesichts der bevorstehenden Haushaltsverhandlungen für mehr Geld für Europa stark.

 Der deutsche Außenminister Sigmar Gabriel, EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger (von links) bei der Konferenz zur EU-Haushaltsplanung.

Der deutsche Außenminister Sigmar Gabriel, EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger (von links) bei der Konferenz zur EU-Haushaltsplanung.

Foto: dpa/Virginia Mayo

Anfang des Jahres vorherzusagen, was auf dem Brüsseler Parkett das große Thema wird, ist kühn. Absehbar ist aber, dass die Eckdaten des EU-Haushalts in den Jahren nach 2020 in den nächsten Monaten für viel Gesprächsstoff sorgen werden. Die Fäden laufen bei EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger zusammen. Der CDU-Politiker wird Mitte Mai den Vorschlag der EU-Kommission für den mehrjährigen Finanzrahmen für die Jahre 2021 bis womöglich 2027 vorlegen.

Klar ist, dass um das Geld mit harten Bandagen gekämpft wird. 2019 verlässt mit Großbritannien ein Nettozahler die EU. Dann werden jedes Jahr rund zwölf Milliarden Euro oder knapp zehn Prozent im Budget fehlen.

Bei einer Haushalts-Konferenz, zu der Oettinger nach Brüssel eingeladen hat, machte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker deutlich, wie schwer das wird: „Keiner der Mitgliedstaaten will in der Zukunft weniger Geld aus Brüssel bekommen, und keiner will mehr Geld nach Brüssel überweisen.“ Juncker machte sich stark dafür, dass Europa mehr Geld bekommt. „Europa braucht mehr Geld als bisher, um die Aufgaben adäquat zu finanzieren.“ Derzeit hat der EU-Haushalt ein Volumen von rund 155 Milliarden Euro im Jahr, was etwa einem Prozent der Wirtschaftsleistung aller 28 EU-Mitgliedstaaten entspricht (siehe Extra). Juncker verteidigte die Forderung nach mehr Geld: „Der EU-Haushalt kostet den EU-Bürger am Tag so viel, wie er für eine Tasse Kaffee ausgibt. Ich finde, dass Europa mehr wert ist.“ Diese Rechnung stammt von Oettinger, der seit einem Jahr für das EU-Budget zuständig ist. Oettinger wies darauf hin, dass seit 2011, als der letzte Finanzrahmen aufgestellt wurde, viele neue Aufgaben von der EU finanziert werden müssen: „Bei der Terrorbekämpfung, beim Grenzschutz und bei der Flüchtlingspolitik müssen wir Dinge erledigen, die damals noch nicht absehbar waren.“ Oettinger verriet in Grundzügen, wie er einige Brexit-bedingte Löcher im Haushalt stopfen will. „Bei den bisherigen Aufgaben soll das Defizit zur Hälfte über Einsparungen und zur Hälfte über frisches Geld finanziert werden.“ Um Kürzungen bei den Kohäsionsfonds, von denen vor allem die neuen Mitgliedstaaten in Osteuropa profitieren, werde man nicht herumkommen. Auch bei der Agrarpolitik müsse der Rotstift angesetzt werden. Bei den neuen Aufgaben wolle er die Lücke zu 20 Prozent über Einsparungen schließen und zu 80 Prozent das Geld bei den Mitgliedstaaten einsammeln. Am Ende müssen alle 27 Mitgliedstaaten den künftigen EU-Haushalt einstimmig beschließen. Oettinger hält die EU nicht für überfinanziert: „Von 100 Euro, die der Bürger verdient, knöpft ihm der Staat über Steuern und Sozialabgaben im Schnitt 50 Euro ab. Davon geht gerade einmal ein Euro zu uns nach Brüssel.“

Oettinger hatte den geschäftsführenden deutschen Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) eingeladen: Gabriel bekannte: „Ich habe keine Gegenrede vorbereitet, ich stimme in vielem überein.“ Europa sei der Sehnsuchtsort, der die Vereinigten Staaten einmal gewesen waren. Und das koste eben. Gabriel warnte davor, bei den EU-Finanzen der populistischen Versuchung zu erliegen: „Leichter ist es, sich zu Hause als Hüter des eigenen Geldes aufzuspielen, das besser zu Hause ausgegeben werden sollte.“ Vertreter aller Parteien in Deutschland seien in der Vergangenheit der Versuchung erlegen, den einseitigen Mythos Deutschlands als Nettozahler zu verbreiten. „In Wahrheit ist Deutschland Netto-Empfänger, wir sind politisch, wirtschaftlich und sozial Netto-Empfänger.“

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