„Experiment gescheitert“: Casino-Betreiber steigen wieder aus

Trier · Der Veranstaltungssaal Casino am Kornmarkt steht vor einer ungewissen Zukunft. Nach 14 Monaten und mehr als 130 Veranstaltungen steigen die bisherigen Betreiber Ingo Popp und Simon Haag zum 31. März aus. Ihre Erkenntnis: „Unser Konzept hat nicht funktioniert.“

 Erklären ihr Konzept für das Casino am Kornmarkt nach gut einem Jahr für gescheitert: Simon Haag (links) und Ingo Popp.

Erklären ihr Konzept für das Casino am Kornmarkt nach gut einem Jahr für gescheitert: Simon Haag (links) und Ingo Popp.

Foto: Roland Morgen

Das wollten die Casino-Betreiber Ingo Popp (49) und Simon Haag (37) weder dem Künstler noch sich selbst antun: Neun im Vorverkauf abgesetzte Karten für das am 14. Dezember geplante Konzert des chinesischen Chansonniers Ming Chen - da entschied man sich gemeinschaftlich für eine Absage.

Noch so ein wirtschaftliches Debakel wie zehn Tage zuvor beim Auftritt von Jazz-Sängerin Jessica Gall vor gerade einmal 17 zahlenden (und zufriedenen) Gästen "können wir nun wirklich nicht mehr gebrauchen. Wir haben schon genug draufgelegt", sagt Ingo Popp, der mit seiner Konzertagentur für das Kulturprogramm im Casino (ehemaliger Bürgersaal) zuständig ist. Deshalb machen er und sein Gastro-Partner, Hotelier und Koch Simon Haag, genau das, was sie bei der Neueröffnung des Veranstaltungssaals im vergangenen Februar angekündigt hatten: "Wenn's nicht läuft, dann steigen wir nach einem Jahr wieder aus."

Am 31. März soll nun Schluss sein mit dem "Experiment", an dem das Publikum seine Freude hatte, die Verantwortlichen aber nicht. Denn sie haben kräftig Lehrgeld bezahlen müssen.

Während das Vorgängerprojekt "Chat Noir" wegen fragwürdiger Konzepte und schlussendlich mangelnder Seriosität im Herbst 2010 in der Insolvenz endete, boten Popp und Haag ein Programm, das einer echten Metropole zur Ehre gereicht. So gab im Oktober der viel gepriesene US-Newcomer Jonathan Jeremiah eines von fünf Deutschland-Konzerten im Casino - es war mit 130 Besuchern das einzige nicht ausverkaufte. Aber selbst bei vollem Haus wäre es immer noch die kleinste Veranstaltung der Tour gewesen. Denn der Saal fasst kaum mehr als 200 Leute. Das wiederum erschwert das betriebliche Wirtschaften.

Die von Popp gerne propagierte "Quersubventionierung" - Gewinne des jährlichen Festivals am Losheimer Stausee pflegte er stets in die eher schlecht besuchten Konzerte in den Kaiserthermen zu stecken - funktioniert am Kornmarkt nicht. Die Miete muss auch während der veranstaltungsfreien Sommermonate bezahlt werden.

Hinzu kommen Probleme mit der Infrastruktur. Es gibt eine Anrichte mit Backofen, aber keine Küche. Für kulinarische und Privatveranstaltungen (Betriebsfeiern, Jubiläen, Empfänge) kocht Haag in seinem Eurener Hof. Mangels einer echten Garderobe werden Künstler zum Duschen in ein Hotel gekarrt.

Alles in allem aber nichts, was Haag und Popp nicht gewusst hätten. "Wir suchen nun keinen Schuldigen, sondern sind traurig darüber, dass wir mit unserem Konzept und unserer Philosophie offenbar nicht beim Publikum landen konnten", sagt Ingo Popp. "Es hat leider nicht funktioniert, und das müssen wir akzeptieren."

Wie es nun weitergeht, steht in den Sternen. Wilfried Biewer (57), Vorstand des Immobilienunternehmens Triwo und Vermieter des Saals im ersten Obergeschoss des historischen Casinos am Kornmarkt, will "im Januar Gespräche mit neuen Mietinteressenten führen". Haag und Popp wollen auf Wunsch dem Nachmieter auch gerne behilflich sein und möglichst auch die Licht- und Beschallungsanlage (Neuwert 73.000 Euro) an ihn abtreten.

Wie groß der Kreis der Interessenten für eine künftige "Bespielung" des ehemaligen Bürgersaals ist, lässt sich schwer abschätzen. Definitiv nicht dazu gehört Eventmacher Andreas Berg (38), der Ende Januar am Stockplatz sein "Safari-Haus" eröffnet. Und an Gerüchten, das Bitburger-Wirtshaus im Casino-Erdgeschoss wolle nach oben expandieren, ist laut Michael Stumpf (48), Regional-Verkaufschef der Brauerei, "absolut nichts dran".

102 Casino-Veranstaltungen haben Popp und Haag bisher organisiert. Bis zum Ausstieg Ende März werden noch gut 30 hinzu kommen. Während Popp verspricht, "bis dahin geben wir weiter Vollgas", freut sich Simon Haag darauf, seine "Zeit in Zukunft sinnvoller und effektiver nutzen zu können. Nach einer Veranstaltung mit 30 Leuten morgens um 3 Uhr nach Hause zu kommen und um 9 Uhr im Hotel weiterzumachen, ist nicht wirklich sinnvoll."

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