"Faszinierendes Erlebnis"

GRAACH/ZELTINGEN-RACHTIG. (cb) "Der Amerikaner kommt." So heißt es im März in vielen Weingütern. Terry Theise kauft seit 25 Jahren in großem Stil ein. Vom 2003er ist er begeistert.

Das Fell des Bären, so ein Sprichwort, soll erst verteilt werden, wenn das Tier auch erlegt ist. So ähnlich ist es beim Wein. Erst wenn er abgefüllt ist und einige Zeit Ruhe genossen hat, ist ein erstes Urteil möglich. Der 2003er ist noch nicht einmal abgefüllt. Eine allgemein gültige Wertung verbietet sich deshalb, obwohl es vor Spannung geradezu knistert, denn schließlich hat der 2003er von der Ausgangslage her das Zeug zu einem Traumjahrgang. Und es gibt auch Leute, die bereits in diesen Märztagen durch die Lande reisen und probieren, und auf deren Urteil Verlass ist. "Der Amerikaner kommt", heißt es zum Beispiel bei Weingütern an Mosel-Saar-Ruwer, Nahe, im Rheingau, in der Pfalz in Rheinhessen und in Franken. Terry Theise ist seit 25 Jahren als Importeur tätig, kauft in großem Stil bei deutschen Winzern ein und verkauft den Wein in den USA an Großhändler weiter. Er ist immer im März unterwegs, mehrere Wochen lang, und weiß, wie Fassproben in diesem Stadium schmecken. Deshalb ist er der richtige Mann, um seine ersten Eindrücke vom Riesling 2003 zu schildern. "Es ist möglich", antwortet er auf die Frage, ob die Weinfreunde einen Jahrhundert-Jahrgang erwarten dürfen. Schlank sei der Wein und filigran. Geschmack von Pfirsich, Maracuja und Aprikose habe er erwartet. Stattdessen rieche und schmecke er gelbe Pflaumen, Birne und Apfel. Eine Erfahrung, Theise nennt es "Schulwissen", hat er in den 25 Jahren gemacht. "Die Säure bringt Struktur und ist das Fundament des Weines". Und was muss er beim 2003er feststellen: "Der Riesling ist auch ohne viel Säure gut strukturiert." "Ich bin total überrascht von dem Jahrgang", schwärmt er und spricht von einem "faszinierenden Erlebnis". Theise wird wieder kräftig ordern. Und er ist sicher, dass der 2003er in den Staaten seine Abnehmer findet - trotz hoher Verkaufspreise.USA: Bis zu 25 Dollar für einen Kabinett

Für einen Kabinett muss der Verbraucher in den USA bis zu 25 Dollar zahlen. Auslesen kosten schnell mal 70 Dollar und mehr. Und die Dollar-Schwäche wird dazu führen, dass die Weine noch teurer werden. "Das macht mir etwas Angst", gesteht Theise. Bei einem normalen Jahrgang hätte er sich deshalb auch etwas zurückgehalten, beim 2003er wird er allerdings kräftig zulangen. Wie sehr edelsüßer deutscher Wein in den USA geschätzt wird, zeigen die neuesten Verkostungsnotizen (Jahrgang 2002) von Robert M. Parker jr. Der listet eine ganze Reihe von Weinen auf, die über der 90-Punkte-Marke (outstanding wine) oder gar der 95-Punkte-Marke (extraordinary wine) liegen. Die Favoriten von Mosel-Saar-Ruwer: Weingut Karlsmühle aus Mertesdorf (ein Eiswein mit 96 Punkten, eine Auslese mit 95 Punkten), das Weingut Selbach-Oster aus Zeltingen-Rachtig (ein Eiswein mit 96 Punkten) und als Top-Betrieb das Weingut Willi Schaefer aus Graach (eine Auslese mit 98 Punkten und eine Auslese mit 97 Punkten). Auch die renommierte Zeitschrift "Wine Spectator" berichtet in ihrer Märzausgabe über die deutschen Rieslinge des Jahres 2002. Die Top Weine von Mosel-Saar-Ruwer: je ein Kabinett von Reichsgraf von Kesselstatt (Morscheid) und von Johann Josef Prüm (Wehlen), je eine Spätlese vom Meulenhof (Erden) und von Johann Josef Prüm und eine Auslese von Clüsserath-Weiler (Trittenheim).

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