Fragen und Antworten Ärzte und Abtreibung Frauen sollen einfacher an Infos über Abtreibung kommen

Berlin · Wer ungewollt schwanger wurde, fühlte sich oft alleingelassen. Mühsam hat sich die Koalition jetzt auf bessere Informationen für Betroffene geeinigt.

 Plakat einer Demonstrantin vor Beginn des Gießener Prozesses im Oktober 2018.  Foto: Silas Stein/dpa

Plakat einer Demonstrantin vor Beginn des Gießener Prozesses im Oktober 2018. Foto: Silas Stein/dpa

Foto: dpa/Silas Stein

Es ist die wohl schwierigste Entscheidung, die eine schwangere Frau treffen kann: Wer über eine Abtreibung nachdenkt, ist in einer persönlichen Krise.   Wichtige Informationen sollen Schwangere nun einfacher als bisher bekommen. „Werbung“ für Schwangerschaftsabbrüche bleibt aber verboten. Diesen Kompromiss hat die große Koalition nun ausgehandelt.

Um was geht es im umstrittenen Paragrafen 219a?

Er verbietet im Strafgesetzbuch Werbung für Schwangerschaftsabbrüche. So macht man sich schon strafbar, wenn man etwa „seines Vermögensvorteils wegen“ öffentlich Schwangerschaftsabbrüche als Leistung anbietet. Die Gießener Ärztin Kristina Hänel wurde deshalb zu einer Geldstrafe verurteilt, ihr Fall stieß die politische Diskussion an. Die SPD wollte – wie Grüne, Linke und FDP – den Paragrafen abschaffen, die Union wollte das nicht.

Was ändert sich jetzt?

Das Werbeverbot bleibt, wird aber ergänzt. „Wir stellen sicher, dass betroffene Frauen in einer persönlichen Notsituation an die Informationen gelangen, die sie benötigen“, sagt Justizministerin Katarina Barley (SPD).

Was bedeutet das konkret?

In Paragraf 219a soll ein Absatz eingefügt werden: Ärzte und Krankenhäuser dürfen  – zum Beispiel auf ihrer Internetseite – darüber informieren, dass sie Abtreibungen anbieten. Mehr dürfen sie aber nicht schreiben, sondern nur auf Angebote der zuständigen Behörden, Beratungsstellen und Ärztekammern verweisen. Sie dürfen also nicht Pro und Contra verschiedener Abtreibungsmethoden abwägen oder Informationen zur Nachsorge geben.

Wo finde ich Ärzte, die Abtreibungen durchführen?

Die Bundesärztekammer soll eine zentrale Liste mit Ärzten, Krankenhäusern und anderen Einrichtungen führen, die Abbrüche vornehmen – mit Angaben zu angewandten Methoden. Die Liste soll monatlich aktualisiert und von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung im Internet veröffentlicht werden. Auch das Hilfetelefon „Schwangere in Not“ soll die Liste für die Beratung bekommen.

Sind Schwangerschaftsabbrüche in Deutschland überhaupt legal?

Nach Paragraf 218 des Strafgesetzbuches sind Abtreibungen meist rechtswidrig – sie werden aber unter bestimmten Bedingungen nicht bestraft. Die Schwangere muss selbst den Abbruch verlangen und sich mindestens drei Tage vor dem Eingriff in einer staatlich anerkannten Stelle beraten lassen. Zudem dürfen seit der Befruchtung nicht mehr als zwölf Wochen vergangen sein.

Wie viele Frauen lassen abtreiben?

Laut Statistischem Bundesamt gab es von Januar bis September 2018 in Deutschland 76 365 Eingriffe –  0,7 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum.

Was ändert sich nach der Einigung der Minister noch?

Junge Frauen bekommen die Verhütungspille länger als bisher, bis zum 22. Geburtstag, von der Krankenkasse bezahlt. Das solle ihnen helfen, ungewollte Schwangerschaften zu vermeiden, sagt Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU).

Was halten Ärzte von dem Kompromiss?

Die Landesärztekammer Rheinland-Pfalz begrüßte den Entwurf. „Es muss möglich sein dürfen, betroffenen Frauen in schwierigen persönlichen Situationen sachgerechte Informationen zu geben“, so Landesärztekammer-Präsident Dr. Günther Matheis. Der nun gefundene Kompromiss könne für mehr Rechtssicherheit sorgen.

Ist der Streit nun beigelegt?

Zumindest in der Koalition wird wohl niemand richtig querschießen. Die Opposition reagierte empört.

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