Für eine frohe Religion

Am Anfang standen die Fragen. "Warum lächelt der erwachsene Christus auf Bildern so selten? Warum wird Jesus am Kreuz von Künstlern fast immer nur als Leidensmann dargestellt? Hat Jesus überhaupt gelacht?"

Am Anfang standen die Fragen. "Warum lächelt der erwachsene Christus auf Bildern so selten? Warum wird Jesus am Kreuz von Künstlern fast immer nur als Leidensmann dargestellt? Hat Jesus überhaupt gelacht?"Was den Aachener Kaufmann Asmus Carstensen tief in seinem Innern bewegte, ging auch mit der französischen Malerin Marie Madeleine Bellenger um. Schließlich war es geschafft. Ihr "Lächelnder Christus" wurde erstmals im Sommer 2002 bei der Jahresausstellung der Europäischen Vereinigung Bildender Künstler aus Eifel und Ardennen (EVBK) in Prüm ausgestellt. Damit war der Anfang für eine ganze neue künstlerische Bewegung gemacht.

In der Gewissheit, dass nicht allein Ernst und Leidensmiene sondern auch ein Lächeln "Jesus und seiner Weisheit entspricht", machten sich 57 Künstler der EVBK auf, ein Christusbild zu schaffen, dem man - so die Kunstschaffenden - die verheißene Erlösung besser ansah als den traditionellen Kreuzigungsbildern. Die Maler, Graphiker und Bildhauer machten sich im wahrsten Sinne des Wortes auf den Weg. Wie echte Jünger wollten sie möglichst vielen Menschen ihre Kunstbotschaft von einer "frohen Religion" mitteilen.

Die unterschiedlichen Kunstwerke - inzwischen zur offiziellen Ausstellung zusammengefasst - wurden fortan mit ihren Schöpfern selbst zu Pilgern und Sendboten, die sich auf die Wanderschaft machten durch Klöster, Kirchen, Kapellen und Kreuzgänge. Santiago de Compostela, Rom, Antwerpen, Köln: die Stationen des künstlerischen Pilgerwegs sind eindrucksvoll und noch lange nicht erschöpft. Jetzt macht die Schau in der "Alten Mühle" der Abtei Himmerod Station. Gleich zweimal sind die Künstler mit ihren Werken unterwegs. Zum einen ist es der Pilgerweg von Station zu Station, das andere ist der Weg zu sich selbst, den sie mit ihren Arbeiten beschreiten.

"Ich begab mich auf die Suche nach meinem eigenen Lächeln", beschreibt Marie Madeleine Bellenger das Ziel der künstlerischen Entdeckungsreise in die Urgründe des eigenen Lachens. Die sind so vielfältig und schillernd wie die Persönlichkeiten der 51 ausstellenden Künstler.

Wer in den ehemaligen Mühlenraum eintritt, wird sogleich von einer Bilderfülle in Empfang genommen, die staunen macht. Wie eine sichere Hülle umschließt sie der alte Bau. Eine Art begehbarer Seelenlandschaft tut sich auf. Und es sind denn auch ganz persönliche Ansichten und private Einblicke, die den Betrachter in dieser Glaubenswelt bewegen. Für manch gläubigen Christen mag der lächelnde Mann am Kreuz durchaus gewöhnungsbedürftig sein.

Lächeln und Lachen als Zeichen der Gottesfurcht

"Was hier hängt, entspricht nicht dem Christusbild unserer Kindertage", beschreibt Walter Densborn zur Vernissage seinen Eindruck. Gleichwohl: "Aus der Sicht des Laien ist ein "lächelnder Christus gut vorstellbar", bestätigt der Vorsitzende des Museumsvereins Abtei Himmerod. Freilich nicht nur für den Laien: auch für Abt Bruno Fromme, der an diesem Eröffnungssonntag seine vorgesehene Ansprache aus Termingründen von Pater Martin vorlesen lässt, sind Lächeln und Lachen gleichermaßen Zeichen für Gottesfurcht und Gotteslob. Ohnehin gehöre auch zur gläubigen Mönchsgemeinschaft seit jeher das Lachen, versichert Pater Martin. Ob Christus gelacht oder gelächelt hat - darauf mag sich der bärtige Geistliche nicht festlegen.

Allerdings - dessen ist sich der Pater vom Rhein sicher - wäre Christus ein Kölner gewesen, hätte er bestimmt gelacht. Viele künstlerische Wege führen nach Rom - pardon, zum Lachen. Einigen Künstlern ist das Lächeln vor allem sein heller Schein, der als warmes Gelb oder als Gold in Kreuzesform die Bilder durchleuchtet.

Kinderglauben bewahrt

Hubert Kruft aus Prüm hat das Lächeln seines Gekreuzigten in glänzendes Metall gefasst. Und der malende Arzt Hajo Peters erkennt in der "bröckelnden Welt", in der auch das Kreuz nicht länger Bestand hat, allein im Tod Erlösung und befreiendes Lächeln. Seinen Kinderglauben hat sich anrührend der Belgier Georges Herregods bewahrt. Sein lächelnder Christus ist ein liebevoller Vater, der sein Kind huckepack trägt. "Du hast mich auf Deinem Rücken den langen Weg bis hierher getragen", steht im Bild nach einem Wort des Propheten Jesaja.

Eine wahrhaft österliche Schau. Was die einzelnen Künstler mit dem Thema ihres Werks verbindet, haben sie als kleine Kommentare ihren Arbeiten beigefügt.

Aber darum geht es nicht vorrangig. "Man soll sich einfach das Bild aussuchen, das einem am besten gefällt", empfiehlt Dieter Alexander Boeminghaus, der Präsident der EVBK. Das ist die beste Art der Annäherung, weiß der Architekturprofessor.

Eva Maria Reuther

Bis 30. April, Internationale Begegnungsstätte "Alte Mühle" Abtei Himmerod bei Großlittgen /Eifel , Öffnungszeiten: Di - Sa 14-17 Uhr, So 11-17 Uhr

Tel.: 06575 95130

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