FUSSBALL: Programme für Pioniere

TRIER. Weil es in den Vereinen noch zu wenig "Pioniere" gibt, hat der Mädchenfußball seinen Stellenwert kaum erhöhen können. Mit Programmen soll neue Aufbruchstimmung entfacht werden.

Luisa Schneider, Isabel Meyer und Elisabeth Reuter haben einiges gemeinsam. Sie sind zwölf Jahre alt, spielen in der D-Jugend Fußball beim TuS Issel und sind über den Spaß zu ihrem Sport gekommen. Wer Freude an etwas hat, bleibt bei der Stange. Beim Fußball ist der Spaß den Mädchen jedoch noch zu häufig nicht gegönnt -- trotz neuerlicher Erfolge der Frauen-Nationalmannschaften (A-Team: Weltmeister 2003, U 19: Weltmeister 2004). Im Vergleich der 21 Landesverbände in Deutschland steht der Fußballverband Rheinland bei Aktionen und Engagement im Mädchenfußball nach Angaben von Präsident Walter Desch "zwischen Platz 18 und 20". Seine Begründung: "Uns ist es nicht gelungen, den Verein dafür zu begeistern, Mädchenfußball anzubieten.”Desch plädiert für "Jugendteam-Soll"

Auch wenn Verbands-Mädchenreferentin Monika Seul "ihrem Präsidenten" widersprach ("Wir hatten vergangene Saison 72 Mädchen-Mannschaften im Spielbetrieb, jetzt sind es 109”), sind Defizite akzeptiert. Laut DFB-Statistik 2004 sind 15,8 Prozent der DFB-Mitglieder weiblich, rund vier Prozent der gemeldeten Mannschaften sind Mädchen- und Frauenteams. Der Fußballverband Rheinland rangiert mit der Zahl seiner weiblichen Teams auf den hinteren Plätzen der DFB-Statistik. Grund genug für den FV Rheinland, gemeinsam mit dem TuS Issel eine Tagung in der Sportakademie Trier zu organisieren, um über Wege aus dem Tal zu diskutieren. Beim Hauptproblem waren sich die Teilnehmer schnell einig: Angebote stehen und fallen mit engagierten Trainern im Verein. Desch: "Interessierte Mädchen sind genug da, doch häufig stellt sich die Frage: Wer soll es machen? Es gibt schon keine Übungsleiter für die Bambini, und keine für Mädchen?" Wo es Enthusiasten gibt, etwa mit Jürgen Schmitt beimTuS Issel, ist dauerhafter Erfolg möglich. Schmitt, Abteilungsleiter Mädchen- und Frauenfußball, bestätigt das: "Man braucht Durchhaltevermögen.” Bärbel Petzold, Frauenreferentin im südwestdeutschen Fußballverband, vermisst aber flächendeckend Pionierarbeiter für den Mädchenfußball: "Viele Lehrerinnen an Grundschulen kennen die Fußballregeln nicht, sie müssen besser ausgebildet werden. In den neuen Ganztagsschulen müssen Fußball-AGs auch für Mädchen angeboten werden. Und viel zu wenige Leute in den Fußballkreisen und Vereinen wissen, wie man Aktionen ins Leben ruft." Abhilfe soll das DFB-Mädchenfußball-Programm schaffen. Ab dem Frühjahr sollen mit der Kampagne verstärkt der weibliche Nachwuchs begeistert sowie in den Vereinen der Grundstein für attraktive Trainingsbedingungen geschaffen werden. Peter Lipkowski, Vorsitzender des Jugendausschusses im Fußballverband Rheinland, bemängelt, dass nur wenige der vom Verband rund 100 angesprochenen Ganztagsschulen Hilfe bei Angeboten annehmen möchten. Stefan Christmann vom rheinland-pfälzischen Innenministerium rät jedoch zu einem langen Atem: "Sie müssen Appetit machen, sie können Mädchenfußball nicht verordnen. Ganztagsschulen müssen erst abwägen, was langfristig Erfolg bringt." Er hegt die Hoffnung, mit dem Projekt "ballance 2006 Rheinland-Pfalz” Mädchen für den Fußball motivieren zu können. Einen Schwerpunkt des Projekts für Toleranz und Fairness bilden Straßenfußballturniere, bei denen gemischte Teams auf Torejagd gehen. Im Rahmen der Europa-Woche soll es am 3. und 4. Mai auf dem Trierer Viehmarktplatz ein Turnier geben. Einen unkonventionellen Vorschlag, dem Mädchenfußball Auftrieb zu verleihen, machte Walter Desch: "Wir haben ein Schiedsrichter-Soll. Vielleicht wäre es sinnvoller, ein Jugend-Mannschaften-Soll zu haben. Jeder Verein bräuchte danach eine Mindestpunktzahl: Für Jungen-Teams gibt es zum Beispiel einen Punkt, für Mädchen-Mannschaften zwei Punkte.”

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