Ganz nah an Körper und Seele

KENN. (mö) Manchmal tun Impulse von außen gut. Darum hat Flötenlehrerin Birgit Häußer im Gemeindehaus Kenn einen zweitägigen Workshop veranstaltet und dazu den renommierten Flötisten und Instrumentallehrer Martin Heidecker eingeladen.

 "Immer am Klang bleiben!" Martin Heidecker mit Flötenschülerin Anna Libeaux.Foto: Martin Möller

"Immer am Klang bleiben!" Martin Heidecker mit Flötenschülerin Anna Libeaux.Foto: Martin Möller

Ein paar Sätze nur, und es ist klar: Im großen Saal des Gemeindehauses Kenn steht keiner, der sich einseitig auf Instrumental-Virtuosität verlegt hat, kein Techniker, bei dem die Musik nur eine Nebenrolle spielt. Martin Heidecker setzt anders an. "Ja, es klingt gut", sagt er zu der jungen Frau, die ein modernes Stück von Matthias Maute spielt. "Aber da, die Übergänge wirken so beiläufig. Und der Klang könnte offensiver sein." Und dann probt er, spielt Passagen vor, korrigiert, bestätigt, achtet auf den Atem der Schülerin. "Immer am Klang bleiben", sagt er, "auch wenn's schwierig wird." Für Heidecker, der selber solistisch auftritt und in renommierten Barockorchestern spielt, ist Technik kein Selbstzweck, sondern Weg - hin zur ausdrucksvollen Klanggestalt. Ein Weg zur Musik. "Ich habe Martin Heidecker durch Zufall kennen gelernt", sagt Birgit Häußer, die selbst als Flötenlehrerin ein erhebliches Ansehen genießt. "Ich war so beeindruckt, dass ich Privatstunden bei ihm nahm", sagt sie und hebt die Fähigkeit ihres Lehrers hervor, sich auf jedes Niveau einzustellen und Kritik so diplomatisch weiterzugeben, dass der Schüler nicht den Mut verliert. Auch das hat sie zu diesem Workshop inspiriert. An zwei Tagen haben zwölf Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene Gelegenheit, Ideen auszuprobieren, neue Eindrücke aufzunehmen, sich vielleicht auch in einem begrenzten Zuhörerkreis selbst darzustellen. Die meisten sind Schüler von Häußer, und immerhin sechs errangen beim Wettbewerb "Jugend musiziert" Preise. Der Workshop läuft in typischer Form ab: Der Lehrer arbeitet mit einem Schüler, während die anderen zuschauen und Fragen stellen können. Das ist ein doppelter Lerneffekt. Wer spielt, profitiert unmittelbar von den Impulsen, die der Lehrer gibt. Wer zuhört, kann diese Impulse für sich umsetzen. "Man profitiert vor allem durchs Zuhören", sagt Heidecker. Er liebt sein Metier. "Mit sieben Jahren durfte ich anfangen", sagt er, und "es ging unglaublich gut". Seine Vorbilder: Matthias Maute, der Flötist und originelle Komponist, und von der älteren Generation vor allem Frans Brüggen und Hans-Martin Linde, die sich beide vom Blockflötisten zum Orchesterleiter entwickelten. Er spielt nicht nur alte Musik oder Avantgarde, sondern auch Jazz und U-Musik. Auf der Blockflöte ist mittlerweile fast alles möglich. Und der Sinn des Workshops? Ideen vermitteln, sagt Heidecker. Anstöße geben. Neue Perspektiven aufreißen. Für den weiteren Unterricht, fürs häusliche Üben, vielleicht auch fürs nächste Vorspiel und den Wettbewerb "Jugend musiziert".

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