Interview Franz Josef Weber Wenn’s die Gelbe Karte gibt, herrscht Anspannung pur

Wittlich-Wengerohr · Kaum jemand weiß in der Region noch, dass einst ein Deutscher Meister und EM-Teilnehmer aus einem kleinen Eifeldorf kam.

  Der Südeifeler Franz Josef Weber schaffte es als Geher einst bis in die nationale Spitze und mischte auch international mit.

Der Südeifeler Franz Josef Weber schaffte es als Geher einst bis in die nationale Spitze und mischte auch international mit.

Foto: Privat

Franz  Josef Weber ist vielleicht der Vorsitzende eines Großvereins der Region, der sportlich selbst am Erfolgreichsten war. Der heute 57-Jährige steht seit vier Jahren an der Spitze des 2000-Mitglieder-Vereins PSV Wengerohr in Wittlich. 1983 war er im Trikot des SV Kyllburg Deutscher Meister im Straßengehen über 20 Kilometer und nahm an zwei Europameisterschaften teil.

Außerhalb des Stadions war er mit 1:24:46 Stunden zeitweise sogar schnellster westdeutscher Geher auf dieser Distanz. Nur der Olympiasieger im 50-Kilometer-Gehen von 1972, Bernhard Kannenberg, ging für die alte Bundesrepublik damals eine Sekunde schneller – allerdings im Stadion. Der Polizeibeamte Weber sprach mit TV-Mitarbeiter Holger Teusch, darüber, wie er als Jugendlicher aus dem kaum 200 Einwohner zählenden Ort Orsfeld in der Eifel in die großen Stadien kam und welche Entwicklung der Gehsport genommen hat.

Welchem Sport geht der ehemalige Deutsche Meister  im olympischen Gehen heute nach?

WEBER Ich mache noch Sport, aber kein Wettkampfgehen mehr. Ich habe momentan zwei Gymnastikgruppen hier im Verein und eine Walkinggruppe. So gesehen bin ich der Leichtathletik immer treu geblieben. Was ich sehr viel mache, ist Rennradfahren. Ich bin hier in mehreren Gruppen drin.

Wie kam der junge Franz Josef Weber aus dem kleinen Orsfeld bei Kyllburg tief in der Eifel zum Gehen?

WEBER Ich war im SV Kyllburg. Mein damaliger Trainer Bernhard Becker arbeitete bei der Bundeswehr und hatte guten Kontakt zum Olympiasieger Bernd Kannenberg. Von daher war ihm die Sportart Gehen nicht unbekannt. So mit 13 Jahren  haben wir so ziemlich alle leichtathletischen Disziplinen gemacht: Laufen, Weitsprung, Kugelstoßen, aber auch Gehen. Ich kam ziemlich gut damit parat und es haben sich schnell Erfolge eingestellt. Und wenn der Erfolg da ist, ist man immer angespornt noch weiter zu machen. Für mich als Eifeler Jung‘ kamen dann auch die Reisen in größere Städte und Flugreisen in andere Länder als Attraktion hinzu.

Welchen Trainingsaufwand mussten Sie für diese Erfolge betreiben?

WEBER Bei acht bis zwölf Einheiten pro Woche haben wir meist zweimal gemeinsam Technik trainiert. Ansonsten ist Gehen eine Ausdauersportart. Das heißt, die Kilometer hat man in der Regel selbst alleine gefressen. Geher laufen auch relativ viel. Gerade im Winter. Dann kamen so 200 bis 250 Kilometer pro Woche zusammen. Die Trainingstage sahen beispielsweise so aus: morgens 25 Kilometer bis 30 Kilometer Gehen und nachmittags noch zehn Kilometer Auslaufen. Zum Sommer hin wurde es immer schneller und die Strecken immer kürzer.

Anders als Läufer müssen Geher ihren Stil von Wettkampfrichtern begutachten lassen. Was geht in einem vor, wenn der Gehrichter die Gelbe Karte zeigt?

WEBER Das ist Anspannung pur! Man versucht dann schon den Stil ein bisschen zu ändern oder sich vielleicht ein bisschen im Feld zu verstecken. Bei manchen Gehrichtern wusste man, von denen bekommt man immer eine Verwarnung. Das musste man versuchen richtig einzuschätzen.

Sind sie auch disqualifiziert worden?

WEBER Es ist halt schon mal vorgekommen, dass man rausgeflogen ist. Ich bin einmal beim 20-Kilometer-Gehen 300 Meter vor dem Ziel auf Meisterschaftskurs  und einmal nachträglich als deutscher Meister disqualifiziert worden. Das ist dann sehr bitter.

Hat sich der Gehsport verändert, seit sie Mitte der 1970er Jahre damit begonnen haben?

WEBER Ja. Vor meiner Zeit gab es relativ große Leute, die raumgreifende Schritte gemacht haben. 1978 kamen dann die Mexikaner, die eine extrem hohe Schrittfrequenz gegangen sind mit relativ wenig Bewegung in der Hüfte. Daniel Bautista (Anmerkung der Redaktion: Olympiasieger 20 Kilometer 1976) war noch relativ kompakt und hat noch einen kräftigen Eindruck gemacht. Aber mittlerweile sieht man sehr, sehr schlanke, drahtige, dünne Geher, wie bei den Langstreckenläufern auch.

Wie sehen Sie die Entwicklung des Gehsports? Bleibt Gehen olympisch, wobei jüngst beschlossen wurde, die 50-Kilometer-Strecke aus dem Meisterschaftsprogramm zu nehmen?

WEBER Mittlerweile kommt es ja sehr viel darauf an, was man werbewirksam gut verkaufen kann. Gehen ist eine Sportart, die schon sehr lange bei Olympischen Spielen dabei ist (Anmerkung der Redaktion: das 50-Kilometer-Gehen mit Ausnahme des Jahres 1976 seit 1932, 20 Kilometer seit 1952, seit 2000 auch für Frauen). Aber das heißt heute ja nichts mehr, wenn man sogar Ringen aus dem Programm nehmen wollte. Deshalb würde es mich nicht wundern, wenn Gehen gestrichen würde.

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