Gehören Hände in die Hosentaschen?

H äufig sieht man Menschen mit den Händen in der Hosentasche - ist das höflich? Hände in den Hosentaschen zu haben ist immer unvorteilhaft; unhöflich ist es außerdem. Besonders unhöflich ist diese Angewohnheit beim Begrüßen, Vorstellen und miteinander Bekanntmachen und auch während einer Unterhaltung.

Viele Menschen wissen offenbar nicht, wo sie ihre Hände lassen sollen. Dabei können die Arme einfach locker links und rechts am Körper herunterhängen; ebenso können die Hände uns helfen, ein wenig betonter zu sprechen, indem wir mit ihnen gestikulieren. Niemand würde sich jedenfalls daran stören, dass beide Hände sichtbar sind. Im Gegenteil. Auf viele Menschen wirkt nämlich eine Person, die eine oder gar beide Hände in den Hosentaschen vergräbt, verlegen, unsicher und unbeholfen, wenn nicht sogar flegelhaft, unhöflich oder grob respektlos.

Und da macht es auch keinen Unterschied, ob die Person dies aus Mangel an Selbstwertgefühl oder aus Bequemlichkeit tut. Dass das darüber hinaus nicht gut aussieht, zu einer schlechten Haltung führt und uns aufgrund unserer jahrhundertealten "Erfahrung" dazu bringt, zu assoziieren: "Der Mensch hat etwas zu verbergen" kommt noch hinzu. Die Hände zu zeigen, bedeutete früher auch: "Ich habe keine Waffe, ich komme in friedlicher Absicht." Für einen Redner hat es noch weitergehende Konsequenzen, wenn er eine solche Pose einnimmt, in der er nur mit einer Körperseite "spricht", und zwar meist mit der rechten, da es nicht nur bei Rechtshändern zumeist die linke Hand ist, die in der Hosentasche verschwindet. Denn aus der Neurophysiologie ist inzwischen bekannt, dass der rechten Körperseite die linke Gehirnhälfte zugeordnet ist, die für Rationalität und Logik steht. Der rechten Gehirnhälfte - sie steht für Empathie, Kreativität und Gefühl - ist dementsprechend die linke Körperseite zugeordnet.

Wird das Gesagte also nicht auch mit der linken Hand des Redners gestisch unterstrichen, haben wir Zuhörer instinktiv die Vermutung, dass hier die Gefühle und die "Seele" des Redners nicht beteiligt sind. Weil wir das Gefühl haben, "Der Mensch hat etwas zu verbergen", nehmen wir ihm das Gesagte nicht so ganz ab, es erreicht nicht unsere Herzen und es wirkt vor allem nicht souverän. Gerade das aber ist dem Redner meist ganz außerordentlich wichtig. Daher ist es jedem Redner nur zu empfehlen, die Hände aus den Taschen zu nehmen, in sparsamer Gestik die Hände mitsprechen zu lassen und darüber hinaus weder die Mimik noch die Körpersprache des ganzen Körpers außer Acht zu lassen. Denn für die Zuhörer zählt der Gesamteindruck, und hier ist das "Wie" mindestens genauso wichtig wie das "Was". Salka Schwarz

(Aus: Salka Schwarz: Renaissance der Höflichkeit, 38 Euro)

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