Geistesblitze

Der Ursprung spannender Stichwörter und Redewendungen

Erleben Sie Ihren Tag von Damaskus, wenn wir Ihnen heute vom Einfluss des Apostels Paulus auf deutsche Redewendungen berichten? Am letzten Freitag, 25. Januar, war der Gedenktag seiner Bekehrung, die aus dem Christenverfolger Saulus den späten Apostel macht. Im heutigen Deutsch existieren viele Redensarten mit Bezug auf dieses Erleuchtungserlebnis vor Damaskus: Auch heute können Menschen "vom Saulus zum Paulus werden", also ,aus dem Gegner einer Sache zu deren Befürworter werden'. Der Ausdruck "es fällt einem wie Schuppen von den Augen" stammt aus dem biblischen Bericht von diesem Ereignis: Plötzlich kann der beim Bekehrungsereignis erblindete Paulus wieder sehen (Apg 9,18). Heute wird die Wendung in übertragener Bedeutung "jemandem wird etwas plötzlich klar" gebraucht. Paulus ist wirkmächtig durch seine Briefe, in denen er die frühen Gemeinden wie etwa die von Korinth, bisweilen strafend zurechtweist. Deshalb sagte man in ähnlichen Situationen, jemand würde "wie Paulus auf die Korinther losgehen". Mit seinen griechischen Schriften sind auch die darin enthaltenen Redensarten übersetzt und weit verbreitet worden. So hat "feurige (glühende) Kohlen auf jemandes Haupt sammeln" in der Bedeutung ,jemanden durch sein Verhalten beschämen' Parallelen im Englischen, Niederländischen und Französischen. In Röm 12,20 wiederholt Paulus dieses Wort aus dem Alten Testament (Spr 25,21f): Mit Taten der Feindesliebe bringe man den Feind zur Reue. Tatsächlich gibt es aber auch Zeugnisse dafür, dass schon Jahrhunderte zuvor in Ägypten das Häufen von glühenden Kohlen auf das Haupt Zeichen eines Bußritus war. Schon ins Alte Testament war dieser Ritus der Sinnesänderung als ein bildlicher Ausdruck eingegangen. In 1 Tim 1,19 hingegen überträgt Paulus das Bild des Schiffbruchs vielleicht erstmals auf Menschen, die im Glauben schwach geworden sind. Daraus entsteht im Deutschen die Redensart "Schiffbruch erleiden". Die Zahl der im Zusammenhang mit Paulus stehenden Redensarten ist indes so groß, dass wir hier abrupt enden: "Paulus hat geschrieben: Was nicht fertig wird, bleibt liegen."Johannes Gottwald, Universität Trier, Historisch-Kulturwissenschaftliches Forschungszentrum Mainz-Trier.

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