Ghostpoet

Aus dem Hip-Hop-Einzelgänger ist der Frontmann einer Rock-Rap-Band geworden. Das neue Album windet sich dabei wohlig in dunklen Gesellschaftsbeschreibungen à la Massive Attack.

Obaro Ejimiwe nur einen Musiker zu nennen, greift zu kurz. Der Brite mit nigerianischen Wurzeln ist auch ein Poet, der die dunklen Seiten im Inneren jedes Einzelnen und in den Zusammenhängen der Gesellschaft mit Worten fassbar machen kann. Sehr viel Blick ins Innere war das auf den ersten drei Alben, bei Album Nummer vier wendet er sich nach außen. "Immigrant Boogie" ist ungewöhnlich eindeutig, "Karoshi" (das japanische Wort für den Tod durch Überarbeitung) scharfzüngig und auf den Punkt. Der Sound dazu: düster, komplex, schleifend. Dass ausgerechnet Daddy G von Massive Attack als Gast auf dem Album mitmischt, ist kein Zufall. Wie die großen Vorreiter des Trip-Hop fühlt sich Ghostpoet in den dunklen Ecken der Musik am wohlsten. Einst tat er das als Solokünstler, mittlerweile hat seine Band mit all den Rock- und Elektronik-Elementen eine solche Soundwall aufgebaut, dass dies problemlos vor zehntausenden Festivalbesuchern mitreißt. Da mag auch die zunehmende textliche Deutlichkeit ("No One Knows How Many On The Boat, Violent Skies Won‘t Tell Us Where To Go") eine Rolle spielen. "Dark Days + Canapés" könnte auch der große Durchbruch Ghostpoets in Sachen Wahrnehmung, Verkaufs- und Besucherzahlen sein. Verdient hätte er es spätestens mit diesem herrlich zwischen Rock, Elektronik und Hip-Hop changierendem, pechschwarzem Klassealbum.

ANSPIELTIPPS
"Trouble + Me", "Immigrant Boogie" und "Freakshow"

FAZIT
Kann man als Trip-Hop-Fan hören und als Alternative-Anhänger. Wenn man‘s dunkel mag.

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