Große Operette im kleinen Kleinich

Kleinich · Unter dem etwas abgewandelten Titel "Die Kleinicher Fledermaus" wird am 30. Dezember im Gemeindesaal Kleinich die berühmte Johann-Strauß-Operette aufgeführt. Das ist schon außergewöhnlich. Ebenso überraschend: Regie führt eine Frau, die unter anderem für zahlreiche Folgen der Tatort-Krimireihe die Drehbücher geschrieben hat.

 Walzerseligkeit und unbeschwerte Champagnerlaune: „Die Fledermaus“ von Johann Strauß gilt als die Königin der Operette. Das Foto zeigt eine Aufführung am Trierer Theater. Foto: privat

Walzerseligkeit und unbeschwerte Champagnerlaune: „Die Fledermaus“ von Johann Strauß gilt als die Königin der Operette. Das Foto zeigt eine Aufführung am Trierer Theater. Foto: privat

Kleinich. Sie hat Regie geführt für zahlreiche Folgen der Fernsehserien Peter Strohm und Lauter Glückspilze, sie hat 15 Drehbücher für die Krimiserie Tatort geschrieben, ebenso zahlreiche Theaterstücke verfasst, und sie war bis 2013 künstlerische Leiterin des Volkstheaters Frankfurt. Die Autorin und Fernsehregisseurin Sylvia Hoffman kommt Ende des Jahres nach Kleinich, um dort mit zehn weiteren Künstlern die Operette "Die Fledermaus", genauer gesagt die "Kleinicher Fledermaus", aufzuführen.
Die 1938 in Berlin geborene Frau, die auch schon ein Theater in New York betrieben hat, sagt: "Ich freue mich riesig darauf. Ich kenne die Musiker, es macht Spaß mit ihnen zu arbeiten." Die Musiker, die das kleine Orchester bilden, sind Cordula Hacke, Yumiko Noda und Ichiro Noda. Die Pianistin Cordula Hacke, die Meisterkurse gibt und mit Solisten und Sängern aus aller Welt arbeitet, hat die musikalische Leitung.
Aber wie kommen solche hochkarätigen Künstler dazu, in der Kleinicher Gemeindehalle die Fledermaus aufzuführen - und das ohne beziehungsweise ein ganz bescheidenes Honorar?
Die Idee dazu hatten Cordula Hacke und Udo Gündel, der in Kleinich das Landhaus Arnoth betreibt.
In der ersten Dekade des letzten Jahrhunderts erbauten Gründerzeit-Villa verwirklicht der gelernte Koch Gündel ein ganz persönliches Konzept von individueller Gastlichkeit. Dort finden Seminare und Tagungen statt für Menschen, die sich eine Woche zurückziehen und die Ruhe genießen wollen. Im vergangenen Jahr trafen sich in Kleinich unter anderem Germanisten aus der ganzen Welt, ebenso Forscher des Max-Planck-Instituts und auch Künstler wie Cordula Hacke, die dort Workshops für klassische Musik abhalten. Freundschaften sind entstanden, und so kamen Udo Gündel und Cordula Hacke Anfang dieses Jahres auf die verwegene Idee, in Kleinich eine Operette aufzuführen. Die Musikerin hat viele Kontakte und konnte versierte Schauspieler und Sänger dazu bewegen mitzumachen. Derzeit wird in Frankfurt fleißig geprobt.
Regisseurin Hoffman, die im vergangenen Jahr den Jahreswechsel im Landhaus Arnoth verbracht hat, macht das alles, wie die meisten Akteure, kostenlos - "aus Freude am Arbeiten und aus Freude daran, sich mit schönen Dingen zu beschäftigen", wie sie sagt. Und sie ergänzt: "Ich muss auch kein Geld mehr verdienen, die Enkelkinder sind schon groß."
Udo Gündel, dessen Küche im Restaurant- und Hotelführer Gault Millau mit 13 Punkten (sehr gute Küche) bewertet ist, serviert nach der Aufführung, die um 17.30 Uhr beginnt, im Gemeindesaal, in dem etwa 130 Menschen Platz finden werden, kulinarische Genüsse. Es gibt ein Réveillon. Der französische Begriff steht für ein besonders festliches Abendessen. Kurios: Das Libretto zur Fledermaus hatte als Titel "Le Réveillon". Die Besucher dürfen sich unter anderem auf feine Pasteten aus Fleisch, Geflügel, Wild und Fisch, Terrinen und süße Leckereien freuen. Das alles zusammen - Operette und Menü - bietet Gündel für 45 Euro an. Gündel: "Damit decken wir in etwa die Selbstkosten, wir verdienen nichts. Ich will einfach in diesem wunderschönen Dorf mal etwas Besonderes bieten."Extra

"Die Fledermaus" gilt mit ihrem Wiener Charme, Walzerseligkeit und unbeschwerten Champagnerlaune als Inbegriff der Wiener Operette. Die Musik schrieb Johann Strauß. Seit ihrer Uraufführung im Jahre 1874 erfreut sich das Werk ungebrochener Beliebtheit. Zum Inhalt: Aristokraten, Bürger und Dienstboten vergnügen sich auf einem Fest, verbrüdern sich, es gibt jeder vor, jemand anderer zu sein. Zum Schluss schiebt man die Schuld auf den Champagner. Spannend, frivol, lustig und manchmal auch bitter: Die Abwechslung ist es, die - neben der Musik - Die Fledermaus so erfolgreich und beliebt macht. red

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