Gut für Herz und Zeugungsfähigkeit

TRIER. Schon die Römer in Trier hatten eine Vorliebe für einen Krug "vulgo Viez" ("reinen Viez"). Nach einer Flaute hat die Viezherstellung seit Ende der 80er-Jahre einen Aufschwung erlebt.

Viez ist wieder beliebt, das beweisen die steigenden Produktionszahlen und die zunehmende Zahl der Viezhersteller. Jürgen Schmidt vom Dienstleistungszentrum Rheinpfalz (DLR) ist mit den Zahlen zufrieden: "Im vergangenen Jahr wurden in unserer DLR-Region rund 1400 Fuder (1,4 Millionen Liter) Viez produziert. Jährlich machen davon die Großbetriebe zwischen 100 und 210 Fuder und die Kleinbetriebe zwischen vier und sechs Fuder.” Die Zahl der Viezhersteller sei von 35 im Jahr 1994 auf aktuell etwa 40 gestiegen, sagt Schmidt. Nicht eindeutig geklärt ist der Ursprung des Namens Viez. Die Promologen (Obstexperten) schwanken zwischen der Deutung "Vice" (lateinisch "der Zweite" als Stellvertreter für "echten" Wein) oder dem Begriff "Vicerinum" (lateinisch für Weinersatz). Der naturrein ausgepresste und unvergorene Apfelsaft heißt Süßmost. Wenig durchgegorenen Viez bezeichnet man als süßen oder feinherben Viez. Durchgegorener Viez schmeckt meistens herb-säuerlich. Die Geschmacksvielfalt hängt erstens von den Äpfeln, ihrem Reifegrad sowie ihrem Zucker- und Säuregehalt ab. Zweitens spielt der Anteil angefaulter Früchte eine große Rolle. Auch die Umgebungstemperatur und die Luftfeuchtigkeit im Fasslager sind ausschlaggebend. Letztlich kommt es auf den Fasswerkstoff (Holz, Kunststoff, Edelstahl) an. Statistisch liegt der jährliche Pro-Kopf-Verbrauch in Deutschland bei etwa 1,5 Litern Viez. Dabei ergeben 150 Kilo Äpfel etwa 100 Liter. Im Schnitt hat Viez einen Alkoholgehalt von fünf bis sechs Prozent und zwischen vier und neun Gramm Säure pro Liter. Rudi Müller aus Pluwig produziert Viez im Nebenerwerb. In den vergangenen beiden Jahren belegte sein Viez bei der DLR-Prämierung den ersten Platz. "Ich nehme nur eigene Äpfel, die handgepflückt werden”, sagt Müller. Für seinen Viez nehme er die Sorten Boskoop, Erbachhofer, Oldenburger, Reno, Revena und Porzenapfel. Seit 1992 füllt er Viez in Flaschen und produziert rund sechs Fuder pro Jahr. Ein Boskoop-Viez brachte es auf neun Prozent Alkohol. Vielleicht trägt der alte feucht-schimmelige Gewölbekeller seinen Teil zum exzellenten Viez bei. Der Wein- und Küfereibetrieb Lorscheider in Olewig gehört mit jährlich 200 bis 300 Fuder zu den großen Viezherstellern. Johannes Lorscheider sagt stolz: "Gerade haben wir mit einem viertägigen Fest unser 50-jähriges Bestehen gefeiert. Im Betrieb arbeiten drei Lorscheider-Generationen." Auch sein Viez war bereits bei der DLR-Prämierung in der Siegergruppe. "Wir verwenden ausschließlich Streuobst aus der Saar-Lor-Lux-Region", erklärt er. "Unser Viez geht an über 70 Gastronomiebetriebe."Erntezeit: Bis zu 30 Tonnen Äpfel täglich in der Kelter

Der Most wird in seinem Betrieb in Kunststofftanks vergoren und dann in Holzfässern oder Stahltanks gelagert. "Wir haben einen geschlossenen Kreislauf", sagt Lorscheider, "die ausgepressten Apfelreste werden zu Mutterboden kompostiert." Viele Privatleute bringen ihm ihre Äpfel zum Keltern. Von der angelieferten Apfelmenge gibt es etwa zwei Drittel Apfelsaft oder Viez zurück. Für beide Produkte zahlen die Kunden eine Keltergebühr. Seit mehr als 150 Jahren macht die Brennerei und Kelterei Gorges in Thomm Viez. In den vergangenen Jahren war der Gorges-Viez bei den DLR-Prämierungen immer in der Siegergruppe. Inhaber Alois Gorges. "Wir machen pro Jahr etwa zwischen 150 und 220 Fuder und lagern einige hundert Fuder in den Kunststoff- und Stahltanks." In den blitzsauberen Fabrikationsräumen stehen haushohe Kunststoff- und Stahltanks mit Fassungsvermögen zwischen zehn und 40 Fuder. Mitarbeiter Markus Jünker zeigt auf die wuchtige, vollautomatische Kelter: "Die Äpfel werden nach dem ersten externen Waschgang nochmals in der Kelter gesäubert. Danach presst die Anlage die Äpfel viermal. Der ausgepresste Saft läuft in Auffangbehälter, und die ausgepressten Apfelreste werden außen separat gesammelt." Alois Gorges fügt an: "Im Oktober verarbeiten wir täglich zwischen 25 und 30 Tonnen Äpfel, die per LKW von Streuobstwiesen aus der Region, Luxemburg und Frankreich angeliefert werden." Beliebt war der Viez schon immer, sowohl gegen den Durst als auch gegen Krankheiten. "Viez ist gut für die Verdauung, reinigt den Körper, stärkt das Herz und erhöht die Zeugungsfähigkeit", heißt es jedenfalls in dem Buch "Trierer Viez” von Eberhard Klitta und Gerd Scholten.

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