Hagelschäden größer als bislang angenommen

Bernkastel-Kues · Langsam, aber sicher wird das Schadensausmaß in Zahlen greifbar, welches das verheerende Hagelunwetter an Gebäuden der Mittelmosel angerichtet hat. Knapp 100 Millionen Euro zur Behebung der Schäden an Dächern, Fassaden und Fenstern müssen die Versicherer zahlen.

 Hagel an der Mosel

Hagel an der Mosel

Foto: Winfried Simon

Das verheerende Hagelunwetter an der Mittelmosel dauerte lediglich Minuten. Nachdem sich die Gewitterwolken verzogen hatten und der Regen aufhörte, wurde schnell klar, dass die teilweise schweren Hagelbrocken großen Schaden angerichtet hatten. Größeren Schaden als bisher angenommen wurden. Dächer waren komplett zerschlagen, Autos zerschossen, Fenster und Fassaden von den Eisgeschossen zerstört, die Ernte in Weinbergen und Gärten teilweise schwer getroffen. Auf knapp 100 Millionen Euro Schaden beziffern die Versicherungen den Gesamtschaden in den betroffenen Orten an der Mittelmosel. Den Löwenanteil von rund 70 Prozent aller betroffenen Gebäude entlang der Mittelmosel der zu regulierenden Schäden wickelt die Provinzial-Versicherung ab, in deren Geschäftsstelle in Bernkastel-Kues seit besagtem Augusttag sieben Versicherungsfachleute mit der Sache befasst sind. 17.700 Schadensfälle sind beim Team von Philip Body, Jörg Servatius und Tanja Adam-Müller nach dem Hagelunwetter eingetrudelt, 4000 davon betreffen Gebäude. So etwas habe man in 35 Jahren nicht gehabt, sagt er. "Wir haben es selbst nicht glauben können, bis wir uns das Ausmaß vor Ort selbst angeschaut haben", so Body.

Er beziffert die Schadenshöhe, die seine Geschäftsstelle derzeit abwickelt, auf gut 72 Millionen Euro. "Die Schadenssumme hat sich nach oben entwickelt, weil auch Außenfassaden und Photovoltaikanlagen vom Hagel in Mitleidenschaft gezogen wurden", sagt Body. Zwischen 30.000 und 40.000 Euro teuer sei im Schnitt die Sanierung eines zerstörten Daches. In wenigen Fällen falle die Schadenssumme höher aus.

Bereits am Tag nach dem Hagelsturm liefen 800 Schadensmeldungen ein. "Wir haben alles geglaubt, was die Leute uns gemeldet haben", sagt Kompagnon Jörg Servatius. Aufgrund der Fülle an Schadensfällen habe man nicht jeden Fall im Detail überprüfen können. Vor Ort habe man Prioritätenlisten aufstellen müssen, schwere Schäden rasch beheben zu lassen, vor allem bei älteren Bewohnern, die durch das Ereignis verunsichert waren. "Eine Mitarbeiterin hat hier in Bernkastel die Handwerker und Firmen koordiniert", berichtet Tanja Adam-Müller. Schnell habe man realisiert, dass die lokal verfügbaren Handwerksbetriebe mit der Zahl der Aufträge überfordert sind. Firmen aus Eifel, Hunsrück und dem Rheingebiet wurden angefordert, um die vielen kaputten Dächer zu reparieren.

Knifflig sei die Sache bei den Neueindachungen der alten Winzerhäuser. Die 100 Jahre alten Moselschiefer-Schindeln müssen ersetzt werden. "Die hatten ihre Lebensdauer bereits überschritte", sagt Body. Der Moselschiefer habe eine Lebensdauer von 80 bis 100 Jahren, sei dafür aber auch doppelt so teuer wie der spanische Schiefer. Der sei dafür aber auch nur halb so langlebig, erklärt Body.

Kulanz lassen Body, Servatius und Adam-Müller bei Folgeschäden walten. Die seien zwar versicherungstechnisch nicht abgedeckt, würden aber trotzdem abgewickelt. Der Anteil ist allerdings marginal - rund 40 Fälle, bei denen durch Sturm die provisorischen Plastikplanen von den beschädigten Dächern geweht wurden und durch Regen weitere Schäden durch Nässe in den Gebäuden entstanden ist.

Den größten Schaden hatte eine Firmenhalle: 500.000 Euro.

Im betroffenen Gebiet hat die LVM-Versicherung rund 1600 Gebäude-Hagelschäden mit einem voraussichtlichen Schadenaufwand von 8,2 Millionen Euro erfasst. Diese betrafen überwiegend die Landkreise Mayen-Koblenz und Bernkastel-Wittlich.

Die R.+.V-Versicherung verzeichnete rund 2500 Schadensmeldungen an Gebäuden. Die Schadenssumme beläuft sich auf schätzungsweise elf Millionen Euro, teilt Rita Jakli von der R.+.V-Versicherung mit. Die meisten Schäden lägen unter 100.000 Euro, allerdings gäbe es einen Ausreißer nach oben: 600.000 Euro: ein Supermarkt, bei dem die Lichtkuppeln auf dem Dach zerstört wurden und dadurch Wasser ins Haus drang.

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