Herzensbilder und Kopfgeschichten

TRIER. Wenn die Seele im Keller hängt und die innere Mitte aus dem Lot geraten ist, kann Kunst helfen. In der ambulanten wie stationären Psychiatrie hat die Kunsttherapie seit langem einen festen Platz. Ergebnisse aus der Kunsttherapie des Mutterhauses sind noch bis 2. März in einer Ausstellung in der Tufa zu sehen.

 Bringt die Patienten im Mutterhaus ans Gestalten: Kunsttherapeut Klaus Berghaus.Foto: Susanne Windfuhr

Bringt die Patienten im Mutterhaus ans Gestalten: Kunsttherapeut Klaus Berghaus.Foto: Susanne Windfuhr

SeelischeErkrankungen sind ähnlich vielfältig wie körperliche. Gemein istvielen Patienten mit einer Störung der Psyche, dass sieSchwierigkeiten haben, über die Dinge zu sprechen, die siebelasten, und ihre Gefühle auszudrücken. Einen Weg, dies zu tun,ebnet ihnen die Kunsttherapie. Psychosen jeglicher Art

In den 20er Jahren hielt sie in Deutschland Einzug in die Kliniken, meint Klaus Berghaus, Kunsttherapeut in der psychiatrischen Abteilung des Trierer Mutterhauses. Seit zweieinhalb Jahren arbeitet der 36-Jährige in dem Haus, das unter dem Dach der Psychiatrie eine Tagesklinik und die Station vereint. Erwachsene mit Psychosen jeglicher Art werden dort sowohl tageweise als auch über einen längeren Zeitraum betreut. Im individuellen Therapieplan der Patienten taucht die Kunsttherapie stets als fester Bestandteil neben der Ergo-, der Musik- und der Sporttherapie auf.

Das Angebot ist freiwillig, Klaus Berghaus informiert neue Patienten in Gesprächen über den Sinn und Zweck. Je nach Zustand des Patienten nutzt dieser ein Einzel- oder Gruppenangebot. Dabei versucht Klaus Berghaus, zunächst die Frage zu klären, was sich für den einzelnen Patienten anbietet. "Ich passe das Material, mit dem die Person arbeitet, ihrer emotionalen Verfassung an", sagt Berghaus. So eigne sich beispielsweise Ton besonders gut zum Gestalten bei Menschen, die unter großer Anspannung stehen. Berghaus: "Ton bietet einen Widerstand, da können sich die Patienten richtig reinknien."

Grundsätzlich stehen aber auch andere Materialien wie Kreide, Kohle und flüssige Farben zur Verfügung. Die benutzten Techniken sind ebenfalls sehr unterschiedlich, Klaus Berghaus geht niemals nach festem Schema vor. Als Beispiel nennt der Westfale das Rahmenbild, "reines Mittel zum Zweck". Dabei packen die Patienten mittels Farben und Formen all das in einen Rahmen, was sie mit einem positiven Alltag verbinden.

Beim Dialogbild ist Klaus Berghaus unmittelbar in die Arbeit des Patienten involviert. "Wir tauschen uns während des Gestaltens aus, ich spiegele wider, wie Farben und Formen auf mich wirken." Verwandlungs-Bilder nennen sich die Arbeiten, bei denen die Männer und Frauen aus einer Reihe nebeneinander liegender Kunstdrucke das Motiv aussuchen, das sie am meisten beeindruckt. Dieses schneiden sie aus dem Bild heraus und gestalten das Umfeld neu. "Dabei geht es darum, ein eigenes Thema zu finden", erläutert Klaus Berghaus.

Stabilität gewinnen

Übergeordnetes Ziel der Kunsttherapie ist, die verlorengegangene Stabilität wiederzuerlangen, Entlastung zu erfahren. "Zudem soll das Gestalten ein neues Erleben bringen und natürlich die Befriedigung, etwas hinbekommen zu haben", sagt Berghaus. Er habe es selten erlebt, dass die Patienten nicht ans Gestalten gekommen sind. "Selbst Menschen, die seit der Schulzeit keinen Pinsel mehr in der Hand hatten, bringen etwas zu Papier." Schließlich spiele die Qualität der Arbeiten keine übergeordnete Rolle. Gleichwohl hätten einige der Patienten über die Therapie zur Malerei gefunden, diese als geeignetes Ausdrucks-Mittel für sich entdeckt.

Stets fragt Klaus Berghaus die Frauen und Männer, mit denen er arbeitet, ob sie bereit sind, ihre Bilder auszustellen. Alle zwei Jahre, so hat sich der Therapeut vorgenommen, möchte er eine Bilder-Schau organisieren. Die aktuelle Ausstellung in der Tufa trägt den Titel "Bobbelage" - eine Zusammensetzung aus bobbeln = verhätscheln, aufpeppeln, und Vernissage - und zeigt einen Querschnitt der Arbeiten aus den zurückliegenden eineinhalb Jahren. Darunter sind thematische Schwerpunkte wie die "Herzensbilder" oder "Kopfgeschichten", finden sich handwerkliche Projekte wie der Leinwandbau sowie freie Arbeiten.

Die Werke bestätigen, was Klaus Berghaus auch in seiner täglichen Arbeit fasziniert: "Kunst ist ein klasse Medium, mit dem man immer arbeiten kann."

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