Hinweise auf Doping-Vertuschung bei Russlands Schwimmern

Düsseldorf (dpa) · Es wird offensichtlicher: Neben der Leichtathletik hat auch der russische Schwimmsport ein massives Dopingproblem. Nach Medienberichten sollten Topathleten für Geld aus dem Anti-Doping-Testpool genommen werden. Der Weltverband sieht „sehr ernste Anschuldigungen“, fordert Beweise.

 Grigori Rodschenkow soll in die Affäre verstrickt sein. Foto: Valeriy Melnikov

Grigori Rodschenkow soll in die Affäre verstrickt sein. Foto: Valeriy Melnikov

Die Doping-Vorwürfe gegen den russischen Schwimmsport werden massiver. Für umgerechnet 68 000 Euro soll dem russischen Schwimmverband angeboten worden sein, Athleten aus dem Anti-Doping-Testpool zu nehmen.

Das berichtete die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“. Nach Recherchen der FAZ und der englischen Zeitung „The Times“ sollen Grigori Rodschenkow als ehemaliger Chef des russischen Doping-Kontrolllabors und Nikita Kamajew, der gestorbene Leiter der russischen Anti-Doping-Behörde Rusada, im Jahr 2011 mindestens zweimal Offizielle des nationalen Schwimmverbandes getroffen haben, um dieses Vorhaben umzusetzen.

Laut FAZ wird das von einem Insider des russischen Schwimmsports behauptet. Dieser Insider hat der Zeitung ein mit seinem Wissen aufgezeichnetes Interview gegeben. „Mr. Rodschenkow und Mr. Kamajew haben 2011 auf dem Weg zu den Olympischen Spielen zweimal zum Gespräch gebeten“, wird die Person zitiert. In der Unterredung soll vorgeschlagen worden sein, zwei oder drei Top-Schwimmer für drei Millionen Rubel im Jahr aus dem Anti-Doping-Testpool zu nehmen.

Diese Athleten, so berichtete die FAZ weiter, hätten sich dann mit verbotenen Substanzen vorbereiten und die nicht erlaubten Mittel rechtzeitig absetzen können. Dieses Vorgehen während einer Trainingsphase kann Regenerationszeiten verkürzen und Leistungen direkt oder indirekt steigern. Auch in der Phase, in der die unerlaubten Mittel nicht mehr genommen werden, hält die Wirkung noch für einen gewissen Zeitraum an.

Der Weltverband wertet die Berichte als „sehr ernste Anschuldigungen“. In einer Pressemitteilung forderte die FINA am Freitag von allen Beteiligten erneut „relevante Beweise“. Erst dann könnten disziplinarische Schritte erfolgen, um saubere Athleten zu schützen.

Doping im internationalem Schwimmen sei „ein großes Problem“, sagte Litauens Olympiasiegerin Ruta Meilutyte während der Europameisterschaften im Mai in London. Die „Times“ hatte schon vor diesen Äußerungen von flächendeckendem Leistungsmittelmissbrauch im russischen Schwimmsport berichtet, aus Russland folgten Dementis. Die FINA hatte im März noch erklärt, sie habe keine Kenntnis von systematischem Doping, führe angesichts jüngster Erkenntnisse aber besonders viele Kontrollen dort durch.

Der „FAZ“-Informant, dessen Name und Funktion der Zeitung bekannt sind, führte weiter aus, dass es trotz der finanziellen Angebote der RUSADA-Vertreter nicht zu einem Deal gekommen sei. Die FAZ habe nach den Aussagen des Insiders vergeblich versucht, vom russischen Schwimmverband oder von Rodschenkow Stellungnahmen zu bekommen.

Ein erstes Treffen zwischen den Anbietern des Deals und russischen Schwimmverbands-Funktionären habe am Rande einer von Russlands Sportminister Witali Mutko organisierten Anti-Doping-Konferenz stattgefunden. Dabei habe Kamajew wissen lassen, dass einige Mitglieder der Schwimm-Nationalmannschaft Probleme in Bezug auf den Blut-Pass haben könnten.

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