Kanzler der Einheit: Helmut Kohl ist tot (Update/Fotos)

Berlin/Ludwigshafen/Trier · Trauer um einen großen Staatsmann: Helmut Kohl, der Kanzler der deutschen Wiedervereinigung, ist im Alter von 87 Jahren gestorben. Die Welt verliert eine prägende Persönlichkeit der Nachkriegszeit.

Helmut Kohl, Kanzler der Einheit und Wegbereiter der Europäischen Union, ist tot. Der langjährige CDU-Vorsitzende starb im Alter von 87 Jahren, wie sein Anwalt Stephan Holthoff-Pförtner der Deutschen Presse-Agentur sagte. Zuerst hatte die „Bild“-Zeitung darüber berichtet.

Den Angaben zufolge starb Kohl am Morgen in seinem Haus in Ludwigshafen. Seit einem Sturz und Schädel-Hirn-Trauma 2008 war er schwer krank, saß im Rollstuhl und konnte nur schwer sprechen. 2015 hatte sich sein Zustand deutlich verschlechtert. Nach Operationen lag er monatelang im Krankenhaus. Im Herbst kehrte Kohl aber wieder in sein Haus in Ludwigshafen-Oggersheim zurück, wo er zuletzt im April 2016 noch Ungarns Ministerpräsidenten Viktor Orban empfing.

Kohl hat die Bundesrepublik Deutschland von 1982 bis 1998 als Bundeskanzler regiert - 16 Jahre, so lange wie bisher niemand vor und nach ihm. Er war treibende Kraft für die EU und eine gemeinsame Währung.

Als sein größter Erfolg gilt aber die deutsche Wiedervereinigung. Kohl erkannte nach der friedlichen Revolution in der DDR 1989, dass das Fenster für die deutsche Einheit nur kurz geöffnet sein würde. Unter Hochdruck handelte er mit den Staats- und Regierungschefs der USA, der Sowjetunion, Großbritanniens, Frankreichs sowie den Verantwortlichen der Europäischen Union die Modalitäten dafür aus.

"Mit Helmut Kohl ist heute ein großer Politiker von uns gegangen", sagte die rheinland-pfälzische CDU-Chefin Julia Klöckner. Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) würdigte Kohl als "rheinland-pfälzischen Europäer" und als einen der "herausragenden politischen Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts". EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker teilte über den Kurznachrichtendienst Twitter mit: "Ich bin in großer Trauer über den Tod von Helmut Kohl, meinem engen Freund. Er hat mich auf allen europäischen Wegen geleitet und begleitet."

Der Trierer CDU-Bundestagsabgeordnete Bernhard Kaster erinnert sich an seine erste persönliche Begegnung mit Kohl nach der Bundestagswahl 2002. Er habe ihn als frisch gewählter Parlamentarier bei seiner ersten und Kohls letzter Sitzung der CDU-Bundestagsfraktion angesprochen und neben ihm gesessen, sagte Kaster gestern Abend unserer Zeitung. Ein gerahmtes, weißes Stück Papier in Kasters Berliner Büro erinnert daran. Kohl habe ihm darauf alles Gute für seine politische Zukunft gewünscht. Kohl war mehrmals in der Region, nicht nur zu Wahlkampfauftritten.

Weltweit für Aufsehen sorgte am 5. Mai 1985 der gemeinsame Besuch des damaligen Bundeskanzlers mit dem US-Präsidenten Ronald Reagan auf dem Bitburger Soldatenfriedhof Kolmeshöhe. Unter den über 2000 dort begrabenen Soldaten und Opfern der beiden Weltkriege befinden sich auch 49 Angehörige der Waffen-SS.

Kohl war ein Mann der politischen Rekorde: Von 1973 bis 1998 war er CDU-Vorsitzender - eine 25-jährige Amtszeit dürfte in der Partei nur schwer noch einmal zu erreichen sein.

Bundeskanzlerin Angela Merkel führt die Christdemokraten seit 17 Jahren. Kohl war Anfang der 90er Jahre ihr Ziehvater in Bundesregierung und Partei gewesen. Aber sie war es, die Ende der 90er Jahre als damalige CDU-Generalsekretärin die Partei wegen der Spendenaffäre, in die Kohl maßgeblich verwickelt war, zur Loslösung vom Übervater aufforderte. Das Verhältnis der beiden blieb bis zuletzt erschüttert.

Mehr als 40 Jahre war der geborene Ludwigshafener Parlamentarier, zuerst im Mainzer Landtag und von 1976 an im Bundestag. Sieben Jahre - von 1969 bis 1976 - war Kohl Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz.

1960 heiratete er die Dolmetscherin Hannelore Renner. Das Ehepaar bekam zwei Söhne - Walter und Peter. 2001 nahm sich Hannelore Kohl, die an einer schmerzhaften Lichtallergie litt, das Leben. Sieben Jahre später schloss Kohl seine zweite Ehe mit der 34 Jahre jüngeren Regierungsdirektorin Maike Richter.

Reaktionen:

Wir trauern um den Kanzler der Einheit,Ehrenbürger Europas,unseren ehemaligen Ministerpäsidenten,CDU-Landesvorsitzenden.Ein großer Politiker

— Julia Klöckner (@JuliaKloeckner) 16. Juni 2017
Der Kanzler der Einheit ist gestorben. Danke, Helmut Kohl, für alles. pic.twitter.com/IwrX48dC7u

— JU Deutschlands (@Junge_Union) 16. Juni 2017

Wir trauern. #RIP #HelmutKohl pic.twitter.com/oabr1NoWim — CDU Deutschlands (@CDU) 16. Juni 2017