Klare Luft und viel Geschichte

Nur zwei Autostunden von Luxemburg entfernt liegt eines der größten französischen Waldgebiete: die Ardennen. Wer Richtung Belgien die E 411 fährt und bei Libramont nach Frankreich abbiegt, erfährt, dass plötzlich der Verkehr nachlässt, hohe Tannen und Laubbäume die Nationalstraße säumen und die Luft klarer und frischer wird.

 Der romantische Marktplatz von Charleville.

Der romantische Marktplatz von Charleville.

Foto: Foto: Hans-Peter Linz

Nur zwei Autostunden von Luxemburg entfernt liegt eines der größten französischen Waldgebiete: die Ardennen. Wer Richtung Belgien die E 411 fährt und bei Libramont nach Frankreich abbiegt, erfährt, dass plötzlich der Verkehr nachlässt, hohe Tannen und Laubbäume die Nationalstraße säumen und die Luft klarer und frischer wird. Wir sind in den Ardennen, einem der größten Waldgebiete Frankreichs. Das bis zu 500 Meter hohe Mittelgebirge galt lange Zeit als natürliche Grenze zwischen Deutschland und Frankreich und war in der Geschichte immer wieder heftig umkämpft. Noch heute zeugen Festungen von dieser Zeit, wie zum Beispiel die Burganlage in Sedan, die mit 35 000 Quadratmetern die größte Festung Europas ist.Aber die Militärgeschichte ist nur eine kleine Facette der französischen Ardennen. Dieses Mittelgebirge bietet auch viel Natur und Romantik. Malerisch liegt die Stadt Charleville an der Maas. Die erste Frühlingssonne sorgt für Sonnenbrand, dennoch ist es hier frisch. Eine angenehme Brise weht in die Gassen der Stadt, die der Herzog Charles de Gonzague aus dem Boden gestampft hat. In Zeiten, in denen kein Geld mehr für Ortsumgehungen da ist, mutet es fast unwirklich an, dass 1606 Charles de Gonzague beschloss: "Hier baue ich eine Stadt." Charleville zeugt - gewissermaßen als Stadt vom Reißbrett - von der großen Kompetenz ihres Architekten. Der Place Ducale ist zum Beispiel dem Place de Vosges in Paris nach empfunden. Arkaden schützen die Einkaufswilligen vor Regen und Sonne. So romantisch die Stadt ist, konnte sie dennoch ihren größten Sohn nicht lange halten. Den jungen Schriftsteller Arthur Rimbaud (1854-1891) zog es schnell weg von Charleville, nach Paris, London, Afrika. Sein Werk wurde ein Vorbild für die Symbolisten und übte eine tiefe Wirkung auf die französische Literatur des 20. Jahrhunderts aus.

Mekka für Marionettenspieler

Arthur Rimbaud beeinflusste auch Bob Dylan, Klaus Hoffmann, Henry Miller, Patti Smith, Jim Morrison, Penny Rimbaud (Crass), Vladimir Vysotsky, die Surrealisten, die Beat-Poeten und viele andere Künstler. Ein Dichter, der schon mit 17 Jahren den Hauptteil seines Werkes geschrieben hatte und früh - im Alter von 37 Jahren - starb.

Für Marionettenspieler ist Charleville ein Mekka. Alljährlich finden hier internationale Workshops statt und alle drei Jahre sogar das Weltfestival der Marionettentheater mit mehr als 400 Aufführungen (Nächster Termin 15. bis 24. September 2006). Aber auch Camper und Freizeit-Hungrige kommen hier auf ihre Kosten. Die Stadt hat sich vor kurzem eine aufwändige Freizeitanlage geleistet. Mitten in der Stadt lockt ein neuer Yachthafen Freizeit-Kapitäne an. Ein großes Hallenbad und ein moderner Campingplatz runden das Angebot ab.

Wollte der Bürgermeister vom nur 20 Kilometer entfernten Sedan seine Bürger zusammenrufen, müsste er sie nur ins Fußballstadion bestellen. Da passen nämlich alle rein. 20 000 Einwohner - 25 000 Plätze im Fußballstadion. Die Sedaner sind Fußballbegeisterte, und dazu haben sie guten Grund. Ihre Mannschaft ist vor kurzem wieder in die erste Liga aufgestiegen. Aber nicht nur Fußball zeichnet diese Kleinstadt in den Ardennen aus. Die Festung ist eine Besonderheit. Auf 35 000 Quadratmetern hat hier die Familie La Marck eine Festung gebaut, die als uneinnehmbar galt. Heute beherbergt sie ein Museum, ein Hotel und bietet die passende Atmosphäre für diverse Mittelalterfestivals, die im Mai stattfinden. Während Charleville aus einem Guss gebaut ist, bietet Sedan typische mittelalterliche Kleinstadt-Atmosphäre mit verwinkelten Gassen und kleinen Häusern.

Samstags ist die Stadt voller Leben, denn der Wochenmarkt lockt viele Leute aus dem Umland nach Sedan. Nach so viel Stadt-Erlebnis bietet sich zur Erholung ein Ausflug in die Umgebung an. Sechs ausgeschilderte Routen führen zu den Sehenswürdigkeiten der Ardennen, darunter die "Straße der Festungen", die "Straße der Legenden von Maas und Semoy" oder die "Straße der Wälder, Seen und Abteien". In vielen Orten gibt es preiswerte Unterkünfte, und manche Auberges liegen versteckt im Wald - ideal, um so richtig auszuspannen. Aber nicht nur Touristen, die mit dem Auto oder Wohnmobil unterwegs sind, kommen auf ihre Kosten. Zahlreiche Wanderwege, ausgewiesene Routen für Mountain-Biker und nicht zuletzt die Möglichkeit, ein Hausboot zu mieten und damit den Maas-Kanal entlang zu fahren, runden das Angebot ab.

Hans-Peter Linz

Was man sehen sollte:

Renwez: Waldmuseum - 5000 verschiedene Geräte ausgestellt, audiovisuelle Aufbereitung der Nutzungsgeschichte des Waldes

Rocroi: Stadt als Festung angelegt, sternförmig, auf einem Hochplateau, zirka 450 Meter über Null, kühler Wind, Sonne, saftige Wiesen

Novion-Porcien: Museum "Krieg und Frieden in den Ardennen"(Geschichte von 1870-1945)

Olizy-Primat: "Nocturnia" - Zentrum für heimische Natur bei Nacht

Launois-sur-Vence: Historische Poststation

Region Thiérache: zahlreiche Wehrkirchen

Monthermé: "Teufelsfelsen Roc la Tour" und Maasschleife,Seen von Bairon und Vieilles Forges

Informationen: www.ardennes.com, Comité Départemental du Tourisme des Ardennes, 22-24, Place Ducale, 08107 Charleville-Mézières, Telefon 0033-324566777

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