Kommentar: Begeisterte Massen

Braucht man heutzutage noch Olympische Spiele - oder hat sich die Idee eines "friedensstiftenden Sportfests der Jugend der Welt" überlebt? Fragt man die Sportler, gibt es ein klares Ja für Olympia. Was sind jährliche oder zweijährliche Welt- und Europameisterschaften gegen eine Veranstaltung mit über 10 000 Aktiven aus 26 Sportarten? Fragt man die "kleinen" Sportarten, wird das Ja noch lauter.

Im medialen Schatten von Fußball und Formel 1 haben Gewichtheber und Geher, Fünfkämpfer und Fechter nur alle vier Jahre die Chance, in die Öffentlichkeit zu gelangen, für sich zu werben, Jugendliche, aber auch Sponsoren für ihren Sport zu begeistern.
Hört man aber auf die Olympiakritiker, sind die Spiele mittlerweile nur noch eine Gelddruckmaschine für das Internationale Olympische Komitee, eine gigantische Kommerzveranstaltung, die zudem Milliarden von Steuergeldern des Gastgeberlands verschlingt. Sportler seien Sklaven und Marionetten von IOC, Sponsoren und Fernsehanstalten, die für die Weltöffentlichkeit Männchen machen müssen.
Wie werden die dritten Spiele von London nach 1908 und 1948 in die Geschichte eingehen? Zumindest ganz anders als die von Peking. Dort war Olympia das Mittel zum Zweck, um der Welt die Stärke der neuen Großmacht zu beweisen, in allen Bereichen, vor allem der Politik. Aber: Die Spiele von Peking sorgten auch dafür, dass weltweit das Thema China und die Menschenrechte in den Fokus gerückt wurden, und die Spiele von Peking waren für China ein Bekenntnis zur (wirtschaftlichen) Annäherung an den Westen.
London muss das nicht beweisen. Vielmehr wollen die Briten zeigen, dass man ein solches Großereignis nachhaltig angehen kann, dass man trotz Fast-Food-Sponsoren und Kaffee to go umweltbewusste Spiele organisieren kann, die auf Energieeinsparung und effiziente Technologien setzen - das Gegenteil vom protzenden Peking also. Aber in London soll - und das ist der Wunsch aller - der Sport im Mittelpunkt stehen.
Und mit diesem simplen Konzept haben schon die Spiele von Athen und Sydney die Massen begeistert.

b.pazen@volksfreund.de

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort