Kreis-Veto stoppt keine Reform

Wenn eine Gemeinde bei der Verwaltungsreform die Kreiszugehörigkeit wechselt, muss der Bernkastel-Wittlicher Kreistag nur gehört werden. Verhindern kann er den Wechsel nicht. Mehrere Kreistagsfraktionen hatten sich das anders vorgestellt.

Wittlich. Von sechs Landkreisen ist der Landkreis Bernkastel-Wittlich umgeben - so viele Nachbarn hat sonst niemand in der Region. Deshalb sieht eine breite Kreistagsmehrheit auch die Gefahr, dass sich nach der Kommunalreform das Kreisgebiet verkleinert. Denn möglicherweise wechseln einige Orte am Rand des Kreisgebiets mit der Zugehörigkeit zur Verbandsgemeinde auch gleich die Kreiszugehörigkeit. Das wollte die Kreistagsmehrheit verhindern. Kann sie aber nach Auskunft des Innenministeriums nicht.

Landrätin Beate Läsch-Weber hatte bei Innenminister Karl Peter Bruch angefragt, wie es um die Rolle des Kreistags bestellt ist, wenn es um Kreiszugehörigkeiten geht. Im Schreiben argumentiert sie, dass Veränderungen in der Freiwilligkeitsphase auf der Freiwilligkeit aller Beteiligten beruhen sollten. Würde die Zustimmung oder Ablehnung des Kreistags über Gebietsänderungen nur in den Abwägungsprozess des Landes einfließen, so würde der Wille des Landkreises auf eine Stellungnahme reduziert.

Die Folge davon wäre, dass beispielsweise Trittenheim von der VG Neumagen-Dhron zur VG Schweich im Landkreis Trier-Saarburg wechseln könnte, ohne dass der Landkreis Bernkastel-Wittlich etwas dagegen tun kann. Ähnliche Wechsel vorstellbar sind beispielsweise in der Region Manderscheid Richtung VG Daun und damit in den Landkreis Vulkaneifel.

Das wiederum wollen die Bernkastel-Wittlicher Kreistagsfraktionen von CDU, SPD, FDP, FWG sowie VBB/Linke verhindern, während sich die Grünen für solch ein Vorgehen nicht erwärmen konnten. Sie einigten sich in der jüngsten Kreistagssitzung auf eine Resolution, wonach der Kreistag "bei Gebietsänderungen zulasten des Landkreises Bernkastel-Wittlich aus strukturellen Gründen ein Veto einlegen" wird. Ein "Nein" des Kreistags zum Gebietsverlust bleibt somit vermutlich folgenlos. Denn nach Auskunft von Innenminister Bruch sind zustimmende Beschlüsse der Kreistage nicht unbedingt notwendig. Anders ist das bei den Verbands- und Ortsgemeinden.

Wie das aussieht, lässt sich am Beispiel Trittenheim erklären. Ehe der Ort von der VG Neumagen-Dhron zur VG Schweich wechselt, müssen mehr als die Hälfte der Ortsgemeinden aus den beiden Verbandsgemeinden dem Wechsel Trittenheims in die Nachbar-VG zustimmen. In den befürwortenden Gemeinden muss zudem jeweils mindestens die Hälfte der Einwohner der beiden betroffenen Verbandsgemeinden leben.

Meinung

Abspaltungstendenzen

Die Angst der Bernkastel-Wittlicher Kreistagsmitglieder ist verständlich. Als Landkreis mit den drei unterschiedlichen Landschaften Eifel, Mosel und Hunsrück bestehen natürlich eher Abspaltungstendenzen als in einem naturräumlich geschlossenen Kreis wie dem Eifelkreis Bitburg-Prüm. Auch nach 40 Jahren Landkreis fühlen sich die Manderscheider stärker den anderen Eifelern als den Moselanern verbunden. Und mit dem Wechsel Trittenheims zur VG Schweich könnten die Moselaner auch gut leben. Würde der Wechsel in andere Landkreise Schule machen, steht einer Kreisreform durch die Hintertür nichts mehr im Weg. An deren Ende würde vermutlich unter anderem ein Eifelkreis stehen, dessen Mittelpunkt möglicherweise nicht Wittlich ist. Und in einem Hochwald-Hunsrück-Kreis würde die Mosel auch wieder schnell zu dem werden, was sie über Jahrhunderte war: Eine Grenzregion am Rand und nicht mehr Kernland. Verständlich, dass das die Kreistagsmitglieder nicht wollen. h.jansen@volksfreund.de

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