Kunstgeschichte(n): Und sie wickelte ihn in Windeln

Trier · An Heiligabend liest Opa immer aus der Bibel die Weihnachtsgeschichte vor. Anna wartet dann immer schon auf die Stelle, wo es von Maria und dem neugeborenen Kind heißt: "Und sie wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe.

" Die kann sie auswendig. "Ob die auch schon solche Windeln wie heute hatten?" fragt sie sich jedes Mal. Natürlich wurden Babys schon immer gewickelt. Aber die Art zu wickeln, änderte sich im Laufe der Zeit und Pampers gab es früher auch nicht. Wie im Mittelalter Wickelkinder aussahen, ist vor allem durch alte Weihnachtsbilder bekannt. Mittelalter nennt man den Zeitraum, der etwa 500 Jahre nach Jesu Geburt beginnt und bis 1500 reicht. Damals hat man die Babys zuerst in Tücher gelegt, die dann mit einem Band bis zum Hals fest umwickelt wurden. Am Ende sahen die Babys aus wie eine Rolle mit Kopf oder auch wie ein Insekt, das sich verpuppt hat. Solche Wickelkinder nannte man in Süddeutschland und Österreich "Fatschenkinder". Fatsche hieß das Band, mit dem die Tücher zusammengehalten wurden. Das kommt vom lateinischen Wort "fascia", das bedeutet "Binde". Zu Weihnachten wurden früher in vielen Kirchen Wiegen aufgestellt, in denen eine Jesus puppe als "Fatschenkind" lag. Die Kinder aus dem Ort kamen zum "Kindleinwiegen" in die Kirche und tanzten um die Wiege, schaukelten das Kind oder trugen es auf dem Arm herum. Dazu sangen sie Weihnachtslieder. Einige davon werden heute noch gesungen wie: "Lasst uns das Kindlein wiegen, das Herz zum Kripplein biegen". Oder: "Joseph, lieber Joseph mein, hilf mir wieg\'n mein Kindelein". Solche besonderen Jesuspuppen wurden oft auch den jungen Frauen geschenkt, die in ein Kloster eintraten. Aber auch in vielen Häusern wurden Fatschenkinder in Glaskästen aufgestellt, so wie man sich eine Madonna oder Heiligenfiguren aufstellt. Auch hier in der Region kann man Fatschenkinder anschauen. Schöne gibt es im Krippenmusem in Klüsserath. Es ist bis zum 2. Februar immer dienstags bis sonntags von 14 bis 18 Uhr geöffnet. Am 1. Januar hat das Museum geschlossen. Eva-Maria Reuther

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