LEICHTATHLETIK: Kaugummi-Kilometer

FRANKFURT. Zeitlimits, mentale Probleme oder der Mann mit dem Hammer: Laufende Marathon-Betreuer müssen mit den unterschiedlichsten Problemen kämpfen, wie das Beispiel einer Läufergruppe beim Frankfurt-Marathon zeigt.

 Betreuerin Inge Umbach (stehend ganz rechts) und die Vulkanläufer hatten gut lachen: 13 Läufer der Trainingsgemeinschaft aus der Eifel rund um Daun schafften beim Frankfurt-Marathon die 42,195. Foto: Holger Teusch

Betreuerin Inge Umbach (stehend ganz rechts) und die Vulkanläufer hatten gut lachen: 13 Läufer der Trainingsgemeinschaft aus der Eifel rund um Daun schafften beim Frankfurt-Marathon die 42,195. Foto: Holger Teusch

Als die Russin Alevtina Biktimirova und Wilfried Kigen (Kenia) mit Streckenrekord von 2:25:12 Stunden und 2:08:29 Stunden als Sieger des Frankfurt-Marathons in der Festhalle einliefen, fing für die Betreuer aus der Eifel die Arbeit erst an. "Für mich war das mental anstrengender, als wenn ich selbst einen Marathon nur für mich laufe", sagt Inge Umbach nach fast sechs Stunden nervliche Anspannung. Die erfahrene Läuferin betreute am vergangenen Sonntag beim mit 10 000 Teilnehmern besetzten Frankfurt-Marathon zusammen mit Hilde Haep die "Vulkanläufer" aus der Eifel. Wochenlang hatte Umbach die Gruppe auf die 42,195 Kilometer vorbereitet. Am entscheidenden Tag wartete ein sprichwörtlicher Wasserträgerjob auf die Trainerin, denn die Versorgung mit Getränken ist eine der wichtigsten Aufgabe der Betreuer. Die ersten zehn Kilometer lief Umbach mit ihren Schützlingen, um das richtige Tempo vorzugeben. Heute Frankfurt, morgen New York

Denn schnell sind die Läufer beim Marathon zu schnell und verpulvern wertvolle Energie, die sie später brauchen. Nach diesem "Anschleppen" klinkte sich Umbach aus und gönnte sich eine Ruhepause, denn am kommenden Wochenende möchte sie beim New-York-Marathon starten. Bei Kilometermarkierung 31, wenn der Marathon "richtig" beginnt, wollte sie ihre Schützlinge wieder treffen. Irgendwann hinter dem 30. Kilometer erwartet die Marathonläufer der viel zitierte "Mann mit dem Hammer". Wenn der Körper alle Kohlenhydrate als Energielieferant verbraucht hat und auf Fettverbrennung umstellen muss, ziehen sich die Kilometer wie Kaugummi. Und Umbach wartete am vereinbarten Treffpunkt vergeblich. "Es war furchtbar", sagt die 52-Jährige. Die Läufer waren längst überfällig. "Es war nicht die Zeit, die nervös machte, aber ich wusste ja nicht, wie sie drauf sind", berichtet die 52-Jährige über ihre Gefühle, über die Angst, es könnte etwas passiert sein. Umbach lief der Gruppe entgegen und traf gerade rechtzeitig ein, als die langsamste Läuferin der Gruppe wegen Überschreitung des Zeitlimits fast aus dem Rennen genommen wurde. "Als ich den Einsatzleiter sah, wusste ich, dass ich jetzt sofort dagegen arbeiten muss, sonst wäre sie in ein mentales Loch gefallen", erklärt Umbach. Sie sprach mit dem Verantwortlichen, erreichte, dass die Läuferin - auf dem Gehweg - weiterlaufen durfte und baute ihren Schützling wieder auf. "Anwesenheit, moralischer Beistand und auf den letzten zwölf Kilometern eine gewisse Sicherheit geben, nach dem Motto: ,Jetzt schaffen wir das'", sagt Umbach über ihre Aufgaben als mitlaufende Betreuerin. Bei manchen Läufern sei es gut, wenn man sie durch viel Reden ablenke, bei anderen müsse man nur ruhig nebenher traben. "Man muss die Leute richtig einschätzen können", sagt Umbach. Mental sei der Betreuerjob so anstrengend, dass sie in der Nacht nach dem Marathon kaum geschlafen haben. Der Film des Marathons sei dauernd vor ihrem inneren Auge abgelaufen.Ergebnisse des Frankfurt-Marathons: Frauen, 42,195 km: 1. Alevtina Biktimirova (Russland) 2:25:12 Stunden, 418. Gudula Weber (SV Gerolstein) 3:58:46, 547. Sylvia Bühning (Vulkanläufer) 4:06:15.Männer, 42,195 km: 1. Wilfried Kigen (Kenia) 2:08:29 Stunden, 72. Jörg Alff (Gerolsteiner LGV) 2:44:00.

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