Denkmal Ein Meisterwerk der Frühgotik wird erlebbar (Update: Fotostrecke)

Trier · Die Bauarbeiten im Kreuzgang der Benediktinerabtei St. Matthias kommen langsam zu einem Ende. Seit sechs Jahren restaurieren dort Experten dieses frühgotische Kunstwerk. Abt Ignatius Maaß kann durchatmen und hat derweil die feierliche Eröffnung schon fest im Blick.

 Restauriert, aber nicht rekonstruiert: Abt Ignatius deutet auf die unterschiedlichen Steinsorten an den Säulen und Kapitellen, die während der verschiedenen Epochen verbaut wurden.

Restauriert, aber nicht rekonstruiert: Abt Ignatius deutet auf die unterschiedlichen Steinsorten an den Säulen und Kapitellen, die während der verschiedenen Epochen verbaut wurden.

Foto: TV/Verona Kerl

Der Kreuzgang der Benediktinerabtei von St. Matthias ist ein mystischer Ort. Wenn der Lärm der Bauarbeiten verebbt und das Sonnenlicht schräg durch die restaurierten Bögen auf die hell gekalkten Wände fällt, kommt so eine Ahnung auf, wie die Anlage im Mittelalter einst ausgesehen haben mag.

Die Abtei St. Matthias in Trier wird weiter saniert.
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Ein Meisterwerk der Frühgotik wird erlebbar

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Jetzt, nach sechs Jahren Bauzeit, sind die Arbeiten im Süd- und Westflügel fast abgeschlossen, während am Ost- und Nordflügel fleißig die Handwerker werkeln. Das Mammutprojekt ist auf der Zielgeraden. Abt Ignatius Maaß strahlt, wenn er durch den Kreuzgang spaziert und sich damit gleichsam auf den Weg durch die bewegte Geschichte der Abtei macht.

 Steinmetze bearbeiten einen Block für die Restaurierung des Ostflügels in der Abtei St. Mattheis.

Steinmetze bearbeiten einen Block für die Restaurierung des Ostflügels in der Abtei St. Mattheis.

Foto: TV/Verona Kerl

Jede Epoche – vom Mittelalter bis zur Neuzeit – hat ihre Spuren hinterlassen: an den Wänden und Decken, Säulen und Kapitellen. Diese Überreste gilt es zu bewahren. „Wer genau hinsieht, entdeckt Spuren der Historie“, ermuntert er. So sind etwa die Kapitelle, also die oberen Abschlüsse der Säulen und wichtige Ornamente, zwar restauriert, aber nicht rekonstruiert worden. Für den Laien sieht das unfertig aus, als ob die Steinmetze und Restauratoren mitten in der Arbeit aufgehört hätten. Selbst die Nutzung des Kreuzgangs als Stall im 19. Jahrhundert soll am Gemäuer ablesbar bleiben (siehe Info). „Unser Ziel ist es, den frühgotischen Kreuzgang erlebbar zu machen“, erklärt Architekt Karl Feils.

 Die Benediktinerabtei St. Matthias im Luftbild.

Die Benediktinerabtei St. Matthias im Luftbild.

Foto: Kloster St. Matthias/Inge Duhr, Trier

Daran arbeiten der eigens gegründete wissenschaftliche Beirat, Architekt Feils, Bauherr Abt Ignatius und die vielen Handwerker und Restauratoren akribisch. Immerhin ist der Kreuzgang der Abtei St. Matthias „ein Denkmal, das nationale Bedeutung hat“, wie Helmut Schröer, Alt- Oberbürgermeister von Trier und Kuratoriumsvorsitzender der St.-Matthias-Stiftung, gerne betont. Tatsächlich ist dieser Kreuzgang neben der Trierer Liebfrauenkirche und der Elisabethkirche in Marburg eins der wenigen Bauwerke in Deutschland, an denen französisches Formgut der Frühgotik zu finden ist.

 Es bleibt noch einiges zu tun. Architekt Karl Feils, Abt Ignatius Maaß und Helmut Schröer, Vorsitzender des Kuratoriums der St. Matthias Stiftung (von links), begutachten die Arbeiten im Ostflügel.

Es bleibt noch einiges zu tun. Architekt Karl Feils, Abt Ignatius Maaß und Helmut Schröer, Vorsitzender des Kuratoriums der St. Matthias Stiftung (von links), begutachten die Arbeiten im Ostflügel.

Foto: TV/Verona Kerl

Zum Glück. Denn so hat Abt Ignatius Maaß stets gute Argumente, wenn er öffentliche Fördermittel beantragt. Drei Millionen Euro werden insgesamt bis 2020 in die Baumaßnahme geflossen sein. „Alleine die Voruntersuchungen haben 250 000 Euro gekostet“, rechnet Helmut Schröer vor.

 Figürliche Kapitelle, gestaltet vom Trierer Bildhauer Willi Hahn in den 1950er Jahren, gereinigt und geringfügig restauriert.

Figürliche Kapitelle, gestaltet vom Trierer Bildhauer Willi Hahn in den 1950er Jahren, gereinigt und geringfügig restauriert.

Foto: TV/Verona Kerl

1,2 Millionen Euro verschlang allein Bauphase eins von 2013 bis 2016 mit Trockenlegung, statischer Sicherung und Baustelleneinrichtung. Abschnitt zwei, der zurzeit läuft, und der alle Restaurierungsarbeiten in den vier Flügeln des Kreuzgangs umfasst, ist mit 1,6 Millionen Euro veranschlagt. Trotzdem bleiben einige Posten offen. Die Steinfußböden mit Basaltoberfläche, die neu verlegt werden müssen sowie die Wandbeleuchtung fallen nicht unter Restaurierungsarbeiten und müssen daher durch Spenden finanziert werden. Kosten: 260 000 Euro.

 Ein freigelegtes, aber noch nicht restauriertes Fresko im Ostflügel.

Ein freigelegtes, aber noch nicht restauriertes Fresko im Ostflügel.

Foto: TV/Verona Kerl

Auch der Nordflügel gilt als Sonderfall. Lediglich Pfeiler- und Kapitellreste können bis Ende 2019 saniert werden, ebenso wie die Wand zur Kirche hin – eine klassische Restaurierung ist wegen der erheblich zerstörten Substanz nicht möglich. Was genau mit diesem Teil des Kreuzganges passiert, steht noch ebenso in den Sternen wie die Finanzierung.

 Frisch restauriert: Der Süd- und der Westflügel des Kreuzgangs in der Abtei St. Matthias. In der Mitte das Grab des Abtes Eucharius Zenzen.

Frisch restauriert: Der Süd- und der Westflügel des Kreuzgangs in der Abtei St. Matthias. In der Mitte das Grab des Abtes Eucharius Zenzen.

Foto: TV/Verona Kerl

Als echter Benediktiner bleibt Abt Ignatius optimistisch. „Ende des Jahres 2019 sind West-, Süd- und Ostflügel samt Kreuzgarten komplett fertig.“

Bis dahin gibt es viel zu tun und einiges zu entscheiden. „Hier im Ostflügel war der Pferdestall der Kaufleute von Nell“, erklärt der Abt. Einige mittelalterliche Fresken an den Decken sind bereits freigelegt – stark verblasst und kaum zu erkennen. Ein trauriger Anblick. Allein die bereits restaurierten Malereien an Süd- und Westflügel stimmen hoffnungsvoll. „Durch die Jahrhunderte hinweg gab es acht verschiedene Farbfassungen des Kreuzgangs“, weiß Abt Ignatius, der sich in den vergangenen sechs Jahren viel Fachwissen angeeignet hat. Die Version mit dem Kalkputz, den man auch im Mittelalter verwendet hatte, sei nun quasi Nummer neun.

Nicht immer sind die Menschen dabei rücksichtsvoll mit dem Kreuzgang und seiner schlichten Schönheit umgegangen. Das bezeugen die brutalen Hackspuren an der Mariendarstellung über dem Zugang zur Sakristei. Karen Keller, eine Restauratorin aus Köln, die auch an den Kaiserthermen arbeitet, nimmt sich ihrer an.

Ähnlich bedenkenlos gingen Arbeiter im 19. Jahrhundert mit einem Arkadenbogen im Nordflügel um. „In der Gotik (im Mittelalter, Anm.d.Red.) war der Bogen offen“, erklärt Architekt Feils. „Im Barock hat man dann ein Fenster eingesetzt und es vermutlich verglast. Als das Kloster im 19. Jahrhundert aufgelöst wurde, hat man den Nordflügel abgerissen und das Fenster in der Arkade zugemauert, um den dahinterliegenden Gutshof von der Kirche zu trennen.“ Allein dieser zugemauerte Bogen sei stehen geblieben, um eine statische Stütze für den Ostflügel zu haben. Jetzt sollen die Mauersteine wieder weg, oder wie es der Abt vorsichtig ausdrückt, „bearbeitet werden“. Offenbar stecken die Beteiligten noch mitten in der Diskussion. Wie dem auch sei. „Der Kreuzgang und die Kirchenaußenwand sind so schön wie seit 200 Jahren nicht mehr“, sagt Abt Ignatius stolz.

Da widerspricht ihm sicherlich niemand. „Allerdings brauchen wir noch Spenden“, wirft Helmut Schröer ein. „Zwar hat uns auch das Bistum kräftig gefördert, aber es fehlt doch noch einiges.“ Wer den Alt-OB kennt, weiß, dass er nicht eher ruhen wird, bis er das nötige Geld für die Abtei und ihren Kreuzgang aufgetrieben hat.

Die offizielle Übergabe des Kreuzgangs der Benediktinerabtei St. Matthias ist am Sonntag, 21. Juni, 2020. An diesem Tag der offenen Tür können sich alle Interessierten ein Bild von der Restaurierung des frühgotischen Gemäuers machen.

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