Kultur Bald Karl-Marx-Dauerausstellung im Trierer Geburtshaus - Noch wird gewerkelt

Trier · Die neue Dauerausstellung schenkt dem Karl-Marx-Haus seine ursprüngliche Atmosphäre zurück. Und sie zeigt auch, welche Wirkung Marx hatte.

 Das Karl-Marx-Haus wird derzeit saniert. TV-Foto: Katharina de Mos

Das Karl-Marx-Haus wird derzeit saniert. TV-Foto: Katharina de Mos

Foto: TV/Katharina de Mos

Hinter der schweren Holztüre jenes Hauses, in dem Karl Marx vor rund 200 Jahren geboren wurde, riecht es nach Baustaub, Sägespänen und frischer Farbe. Handwerker schleifen Fußböden, legen Parkett und weißen die grauen Wände. Die Elektrik wurde ersetzt, der Brandschutz verbessert. Für 350 000 Euro wird das Museum derzeit saniert.

Ein Gebäude, das mehr ist als die Summe von Räumen, in denen man sich bald wieder auf 450 Quadratmetern über den bedeutenden Philosophen informieren kann. Das Haus selbst nämlich wird zum Herzstück der neuen Dauerausstellung, die pünktlich zu Marx’ 200. Geburtstag am 5. Mai eröffnen soll. „Es ist das größte Original, es wird das bedeutendste Exponat“, sagt Ann-Katrin Thomm, Kuratorin der Schau, die dem Geburtshaus wieder eine Atmosphäre schenkt, wie sie dort im 19. Jahrhundert geherrscht haben mag, als Marx’ Vater im Erdgeschoss seine Anwaltskanzlei betrieb. Die vielen Einbauten wurden herausgerissen, die verbarrikadierten Fenster freigelegt. „Man ist zu Gast bei Karl Marx“, sagt Ausstellungsarchitekt Klaus Hollenbeck. Wie Bilder werden Informationen in Rahmen an der Wand hängen. Auch Möbel werden zu sehen sein, darunter der Lesestuhl, in dem der Denker starb.

Ihm gegenüber können Besucher bald Platz nehmen und sich zu einer Audioeinspielung eine Minute lang auf das Exponat einlassen. „Es soll kein Wallfahrtsort sein, sondern ein Ort, an dem man sich mit Karl Marx und seinen Ideen ganz persönlich auseinandersetzen kann“, betont die Kuratorin.

Natürlich spielt das Leben des Philosophen eine Rolle in der 630 000 Euro teuren Ausstellung, seine Familie, seine Frauen, seine Freunde, die Stationen seines Lebens. So zeigt ein Brief, den Marx seinem Verleger schrieb, wie wütend und polemisch dieser Mann in seinen späten Jahren war. Schriftzüge auf den Wänden entlarven, wie chaotisch der Perfektionist beim Schreiben arbeitete – sodass seine Frau das Gekrakel später übersetzen musste.

Doch werden Werk und Wirkung viel stärker in den Mittelpunkt gerückt als dies in der früheren Dauerausstellung geschah. Die neue Schau analysiert, welche Rolle Marx für die Arbeiterbewegung oder die Sozialdemokratie spielte, aber auch bei zentralen Geschehnissen im 20. Jahrhundert: der Oktoberrevolution, dem Zweiten Weltkrieg, dem Kalten Krieg, dem Kommunismus oder der Finanz- und Bankenkrise 2007/2008.

„Durch die Krise hat Karl Marx eine ganz neue Aktualität bekommen. ‚Das Kapital’ war zeitweise vergriffen“, sagt Thomm. Nicht, weil Marx ein Heilsbringer sei, der fix und fertige Gesellschaftskonzepte entworfen habe. Sondern weil er Impulsgeber sei – für Fragen wie jene nach dem Kapitalismus, der aus sich heraus Ungleichheiten schaffe. „Fragen, die für uns heute weiter aktuell sind“, sagt Thomm.

Wer sich mit alledem befassen will, muss nach wie vor einiges lesen. „Ohne Text geht es nicht“, sagt die Kuratorin. Allerdings verspricht sie eine leicht verständliche Darstellung. Intuitiv sollen Besucher begreifen, worum es geht. Mal ermöglicht eine transparente Büste den Blick in den Kopf des Philosophen, mal stehen vier Schreibtische für vier zentrale Arbeitsbereiche des Ökonomen, Philosophen, Journalisten und Gesellschaftswissenschaftlers. Mal machen unterschiedlich hoch gefüllte Sanduhren deutlich, wie lange Marx an den Stationen seines Lebens verweilte.

So wird die Londoner Uhr (33 Jahre) fast doppelt so gut gefüllt sein wie die Trierer Sanduhr (17 Jahre). Eine Selfie-Wand bietet am Schluss des Rundgangs (der in umgekehrter Richtung durchs Haus führt) die Möglichkeit, sich mit Marx zu verewigen.

Auch einen der größten Minuspunkte der früheren Ausstellung macht die neue wett: Künftig ist alles in zwei Sprachen (Deutsch und Englisch) zu lesen – ein Tablet bietet weitere Optionen. Auch, wer nur einen kurzen Blick in das Haus werfen mag, kann dies tun: Ein Raum im Erdgeschoss wird kostenlos zugänglich sein. „Er soll Appetit auf den Rest machen“, sagt Museumsleiterin Elisabeth Neu, die sich fürs Jubiläumsjahr 40 000 Zuschauer oder mehr erhofft. Wegen der Brandschutzauflagen dürfen allerdings nur noch 130 Gäste gleichzeitig ins Haus, dessen Eintritt demnächst fünf statt vier Euro kostet.

 Das Karl-Marx-Haus wird derzeit saniert. TV-Foto: Katharina de Mos

Das Karl-Marx-Haus wird derzeit saniert. TV-Foto: Katharina de Mos

Foto: TV/Katharina de Mos
 Das Karl-Marx-Haus wird derzeit saniert. TV-Foto: Katharina de Mos

Das Karl-Marx-Haus wird derzeit saniert. TV-Foto: Katharina de Mos

Foto: TV/Katharina de Mos
 Das Karl-Marx-Haus wird derzeit saniert. TV-Foto: Katharina de Mos

Das Karl-Marx-Haus wird derzeit saniert. TV-Foto: Katharina de Mos

Foto: TV/Katharina de Mos

Zur Eröffnung am 5. Mai haben sich auch Ururenkelinnen des Philosophen sowie Nachfahren von Marx’ Haushälterin angekündigt. Zudem hofft Neu, Günther Jauch als Gast gewinnen zu können. Ist dieser doch der Urururenkel jenes Mannes, der die Geburtsurkunde von Karl Marx vor rund 200 Jahren unterzeichnete.

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