Stadtentwicklung Genug geparkt: Rat schafft Platz für Neues

Bitburg · Beschlossene Sache: Die Plätze an der Liebfrauenkirche, Am Markt und Grüner See werden neu gestaltet. Dass dabei in den kommenden Jahren insgesamt 52 Stellplätze wegfallen, sorgt schon jetzt für Unmut bei Geschäftsleuten.

 Die Bereiche an der Liebfrauenkirche (links), Am Markt (Mitte) und am Grünen See (rechts) werden umgestaltet. Dabei fallen insgesamt 52 Parkplätze weg.

Die Bereiche an der Liebfrauenkirche (links), Am Markt (Mitte) und am Grünen See (rechts) werden umgestaltet. Dabei fallen insgesamt 52 Parkplätze weg.

Foto: TV/Dagmar Dettmer

Leicht hat sich der Stadtrat die Entscheidung nicht gemacht. Immerhin fallen in den nächsten Jahren im rund um den oberen Teil der Fußgängerzone 52 Stellplätze weg, wenn die Plätze an der Liebfrauenkirche, Am Markt und Grüne See neugestaltet werden. Da mögen die Entwürfe für die neuen Plätze noch so überzeugend sein: Einige Geschäftsleute sind auf dem Baum.

„Die Verödung der nördlichen Innenstadt ist offenbar oberstes Ziel der Stadtplanung“, mutmaßt ein Ladeninhaber in einem wütenden Brief an den Bürgermeister. Vor allem Händler in der Oberstadt machen sich Sorgen. Zwar hat Bitburg auf den großen Parkplätzen am Beda-Platz oder dem Alten Gymnasium fast 600 Stellplätze. Aber die sind von den Geschäften in der oberen Hauptstraße ein Stück entfernt. Etwa zehn bis 15 Fußwegminuten, je nach Schritttempo.

Ein gutes Dutzend Geschäfte gibt es rund um den Glockenturm. „Unsere Existenz hängt in hohem Maße von guter Erreichbarkeit und der Verfügbarkeit von Parkplätzen ab“, schreibt einer der Geschäftsleute an den Bürgermeister. Und er ist wohl nicht der Einzige, der sich gemeldet hat. Joachim Kandels bestätigt in der jüngsten Stadtratssitzung: „Die Diskussion um die Stellplätze ist voll entbrannt.“ Auch der Gewerbeverein habe sich eingeschaltet.

Karin Bujara-Becker (CDU) setzt sich für die Anliegen der Geschäftsleute ein. „Wir sind hier keine Großstadt, in der die Kunden selbstverständlich in Parkhäuser fahren und auch mal bereit sind, ein paar Minuten zu gehen“, sagt Bujara-Becker und erklärt: „Die vielen Parkplätze direkt vor den Geschäften sind das Pfund, mit dem wir als Kleinstadt wuchern können.“

Ähnlich fordert auch Marie-Luise Niewodniczanska (FDP), dass die Oberstadt nicht veröden dürfe: „Wir brauchen Parkplätze, damit die Geschäfte gut erreichbar bleiben.“ Aber sie sagt auch, dass ihr die Entwürfe zur Umgestaltung gefallen. So ist sie, wie viele ihrer Ratskollegen auch, hin- und hergerissen.

Das Ziel, die Stadt schöner zu gestalten, will im Rat aber keiner aufgeben. Denn auch davon versprechen sich die Kommunalpolitiker nicht nur mehr Aufenthaltsqualität, wie das so schön heißt, sondern auch, dass Kunden und Gäste gerne wiederkommen. Agnes Hackenberger (FBL) fragt: „Woran erinnern Sie sich nach Monaten noch an einen Stadtbesuch? Dass Sie direkt vor der Tür parken konnten oder an schöne Plätze und ein gutes Ambiente?“ Für Hackenberger sind es natürlich nicht die Parkplätze. Deshalb findet sie auch, dass „wir diesem Unmut in der Bevölkerung nicht zu großen Raum geben sollten.“

Raum und Zeit beansprucht die Debatte im Rat dennoch. Die Planer des Kölner Büros Greenbox, das den Gestaltungswettbewerb gewonnen hat (der TV berichtete), wurden im Vorfeld beauftragt zu prüfen, wo sich – und sei es vorübergehend – eventuell doch mehr Stellplätze schaffen ließen. Ergebnis: Möglich ist das. Etwa entlang der Römermauer, wo auch heute ein Auto an dem nächsten parkt. Oder eben Am Markt, wo das derzeit nicht viel anders aussieht.

Zu diesen Alternativ-Entwürfen sagt Stephan Garçon (SPD): „Temporäre Lösungen sind fehl am Platz. Wir investieren so viel in den Ausbau des archäologischen Rundwegs und  dann stellen wir die Römermauer wieder zu. Das geht nicht.“ Auch Joachim Schneider (CDU) fände es „fatal“, wenn genau vor der Römermauer wieder geparkt werden würde. Und Thomas Barkhausen (SPD) sagt: „Wir haben einen Wettbewerb ausgeschrieben, um flankierende Plätze zu gestalten, nicht flankierende Parkplätze.“

Quer durch alle Fraktionen herrscht Einigkeit: Wenn in Zukunft weiter so viele Autos wie bisher auf diesen Plätzen parken, wird das nichts mit einer schöneren Gestaltung. „Dann hätten wir auch gleich einen Auftrag geben können, schönere Parkplätze statt schönere Stadtplätze zu gestalten“, sagt Waltraud Berger, die an das ursprüngliche Ziel erinnert: „Wir wollen doch, dass Menschen gerne in Bitburg sind, sich hier wohlfühlen und Orte haben, wo sie sich begegnen können.“ Und Garçon (SPD) sagt: „Die Zukunft unserer Stadt hängt von Erlebnis- und Ruheräumen ab, nicht von Parkplätzen.“

Es entspannt sich noch eine Diskussion, ob auf der begrünten Insel, die auf dem Platz an der Römermauer geschaffen werden soll, sich wirklich viele Menschen hinsetzen werden. Der Planer vom Büro Greenbox teilt diese Sorge nicht: „Dieser Platz, direkt gegenüber von Stadthalle und Tourist-Information hat ein hohes Potenzial und wird derzeit total unter Wert genutzt. Hier kommen viele Touristen an, warten auf ihren Bus, machen sich von hier aus auf den Weg in Ihre Stadt.“

Insgesamt kommen die Entwürfe bei allen an. Damit ist das Parkplatz-Problem aber noch nicht gelöst. Bürgermeister Kandels berichtet, dass er in Gesprächen mit der Brauerei stehe, um an einem alternativen Standort Stellplätze zu schaffen. Genauer wird er nicht. Noch ist offen, ob daraus was wird, und wenn ja, wann.

Das missfällt SPD-Mann Garçon: „Es kann nicht sein, dass hier irgendwelche Geheimverhandlungen laufen. So etwas müssen wir wissen, bevor wir hier entscheiden können.“ Angeregt wird, dass die Stadt auch mit den Besitzern von Brachflächen – allem voran das Müller-Flegel-Gelände in der Oberstadt – verhandeln soll, ob solche Flächen nicht zum Parken von der Stadt angemietet werden können. Tatsächlich wurde dort eine ganze Weile geparkt. Allerdings hat der Besitzer die Fläche gesperrt, nachdem klar war, dass er dann auch für den Winterdienst verantwortlich wäre, beziehungsweise etwaige Haftungsschäden auf ihn zukommen könnten, falls dort jemand ausrutscht.

Nach etwa zwei Stunden Diskussion fasst der Stadtrat schließlich einstimmig folgenden Beschluss: Die Pläne des Büros Greenbox sollen umgesetzt werden – ohne Kompromisse bei den Parkplätzen. Die Verwaltung wird beauftragt, eine Lösung für die wegfallenden Parkplätze zu finden. Mit den Bauarbeiten Am Markt wird voraussichtlich Mitte April begonnen. Am Grünen See geht es erst in ein, zwei Jahren los. Und so lange bleibt dort auch in Sachen Parken alles wie gehabt.

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